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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Seiten in das Zimmer zu ergießen schien. »Aarfy, sie holen dich«, sagte er, ganz von Mitgefühl erfüllt. Er mußte schreien, um sich durch den Lärm verständlich zu machen. »Sie wollen dich festnehmen, Aarfy, hörst du nicht? Du kannst nicht deine Mitmenschen straflos ermorden, auch nicht ein armes Dienstmädchen.
    Siehst du das ein? Verstehst du das?«
    »O nein«, beharrte Aarfy, lachte lahm und grinste dann matt.
    »Sie kommen nicht, um mich zu verhaften, nicht den guten alten Aarfy.«
    Plötzlich sah er kränklich aus. Er sank schlaff und zitternd auf einen Stuhl und faltete die kraftlosen, fahrigen Finger vor dem Bauch. Draußen hielten Autos mit quietschenden Reifen, Scheinwerfer richteten sich auf die Fenster, Autotüren knallten, Trillerpfeifen schrillten. Stimmen ließen sich barsch vernehmen. Aarfy war grün im Gesicht. Er schüttelte mechanisch den Kopf, lächelte sonderbar und stumpf, und wiederholte mit schwacher, eintöniger, hohler Stimme, daß nicht er geholt würde, nicht der gute alte Aarfy, redete sich das auch noch ein, als schwere Schritte die Treppe heraufkamen, den Flur überquerten, und auch noch, als eine Faust mächtig und unerbittlich viermal gegen die Tür hämmerte. Dann flog die Tür auf, und zwei hochgewachsene, rauhe, muskulöse MPs mit eisigen Augen und harten, sehnigen Kiefern traten rasch herein, durchquerten mit weit ausholenden Schritten das Zimmer und verhafteten Yossarián.
    Sie verhafteten Yossarián, weil er sich ohne Urlaubsschein in Rom aufhielt. Sie entschuldigten sich bei Aarfy für die Störung, führen Yossarián zwischen sich ab und hielten ihn mit Fingern, die stählernen Fangarmen glichen, am Oberarm gepackt. Sie sagten kein Wort zu ihm, während sie ihn die Treppe hinunterführten. Draußen warteten noch zwei MPs mit Knüppeln und weißen Helmen vor einer Limousine. Sie beförderten Yossarián auf den hinteren Sitz, dann fuhr der Wagen aufheulend davon und bahnte sich einen Weg durch Regen und schmutzigen Nebel zur Polizeiwache. Die MPs sperrten ihn für die Nacht in eine Zelle mit vier steinernen Wänden. Im Morgengrauen gaben sie ihm einen Eimer als Latrine und fuhren ihn zum Flughafen, wo zwei riesenhafte MPs in weißen Helmen mit Knüppeln vor einer Transportmaschine warteten, deren Motoren bereits angewärmt wurden. Von den zylindrischen, grüngestrichenen Propellergehäusen tropfte Kondenswasser. Keiner der MPs sprach zu einem der anderen. Sie nickten einander nicht einmal zu. Yossarián hatte nie zuvor solche granitene Gesichter gesehen. Die Maschine flog nach Pianosa. Auf der Landebahn warteten zwei weitere MPs. Jetzt waren es im ganzen acht, und alle acht bestiegen in guter Ordnung zwei wartende Automobile und sausten auf summenden Reifen an den vier Staffelbereichen vorbei zum Stabsgebäude, wo sie von zwei MPs auf dem Parkplatz erwartet wurden. Alle diese zehn großen, starken, zielstrebigen, schweigsamen Männer umringten ihn, als man sich dem Eingang zuwandte.
    Ihre Schritte knirschten laut und einförmig auf dem mit Schlacke bestreuten Boden. Yossarián hatte das Gefühl, als steigere sich das Tempo. Ihn graute. Jeder einzelne dieser zehn MPs schien stark genug, ihn mit einem einzigen Schlag zu töten. Sie brauchten nur ihre festen, harten, felsigen Schultern gegen ihn zu drängen, um alles Leben in ihm zu zermalmen. Er konnte nichts zu seiner Rettung tun. Er vermochte nicht einmal zu erkennen, welche beiden es waren, die ihn an den Armen gepackt hielten und ihn eilig zwischen der aufgeschlossenen Doppelreihe hindurchstießen, welche die anderen gebildet hatten. Sie beschleunigten den Schritt, und er glaubte zu fliegen und den Boden nicht mehr mit den Füßen zu berühren, als sie in entschlossenem Gleichschritt die breite Marmortreppe zum oberen Flur erstiegen, wo sie von zwei undurchdringlich blickenden MPs mit harten Gesichtern erwartet wurden, die dann ihrerseits die gesamte Prozession noch schnelleren Schrittes die Galerie über der riesigen Halle entlangführten. Der Marschtritt dröhnte auf den stumpfen Fliesen wie ein bedrohlicher, sich steigernder Trommelwirbel durch die unbewohnte Mitte des Gebäudes, als sie sich mit immer schneller werdenden, präzisen Schritten Colonel Cathcarts Büro näherten, und Stürme der Angst umfauchten Yossariáns Ohren, als sie ihn zum letzten Gericht ins Büro stießen, wo Colonel Korn lässig auf einer Ecke von Colonel Cathcarts Schreibtisch saß, ihn mit freundlichem Lächeln willkommen hieß und sagte:

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