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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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an.
    »Ich habe das merkwürdige Empfinden, genau die gleiche Unterhaltung schon einmal geführt zu haben. Es geht mir da wie dem Kaplan mit seinem Gefühl, alles schon einmal erlebt zu haben.«
    »Der Kaplan möchte übrigens auch, daß Sie sich nach Hause schicken lassen«, bemerkte Major Danby.
    »Der Kaplan kann sich von mir aus aufhängen.«
    »O weh«, seufzte Major Danby und schüttelte bedauernd und enttäuscht das Haupt. »Er fürchtet, einen schlechten Einfluß auf Sie ausgeübt zu haben.«
    »Er hat überhaupt keinen Einfluß auf mich ausgeübt. Da fällt mir übrigens ein: eigentlich könnte ich hier in diesem Bett liegen bleiben und ein Pflanzenleben führen. Ich könnte hier sehr bequem dahinvegetieren und die Entscheidungen anderen Leuten überlassen.«
    »Sie müssen sich aber entscheiden«, widersprach Major Danby.
    »Der Mensch kann nicht leben wie ein Gemüse.«
    »Warum nicht?«
    In Major Danbys Augen trat ein verträumter, warmer Ausdruck.
    »Es wäre sicher hübsch, das Leben einer Pflanze zu führen«, gestand er sinnend.
    »Zum Kotzen muß es sein«, antwortete Yossarián.
    »Nein, gewiß ist es sehr angenehm, von allen Zweifeln und allem Druck befreit zu sein«, behauptete Major Danby. »Mir würde es sicher gefallen, wie eine Pflanze zu leben und aller gewichtigen Entschlüsse überhoben zu sein.«
    »Was für ein Gemüse möchten Sie sein, Danby?«
    »Eine Gurke oder eine Karotte.«
    »Was für eine Art Gurke? Eine gute oder eine schlechte?«
    »Eine gute selbstverständlich.«
    »Man wird Sie im besten Alter ausreißen und zu Salat zerschneiden.«
    Major Danbys Lächeln verschwand. »Dann lieber eine schlechte.«
    »Da läßt man Sie verfaulen und benützt Sie als Dünger für die guten Gurken.«
    »Nun, so möchte ich doch lieber kein Gemüse sein«, sagte Major Danby und lächelte betrübt.
    »Muß ich mich wirklich von den Kerlen nach Hause schicken lassen, Danby?« fragte Yossarián ernst.
    Major Danby hob die Schultern. »Auf diese Weise können Sie Ihre Haut retten.«
    »Verlieren würde ich mich auf diese Weise, Danby. Das sollten Sie eigentlich wissen.«
    »Sie können alles mögliche haben, was Sie sich wünschen.«
    »Ich möchte nichts von dem haben, was ich mir wünsche«, antwortete Yossarián. Dann knallte er die Faust auf die Matratze und rief in einem Anfall von Wut und Hilflosigkeit: »Verflucht noch mal, Danby! Schließlich sind Freunde von mir in diesem Krieg gefallen! Ich kann jetzt nicht ein faules Geschäft machen!
    Mir konnte gar nichts besseres passieren als von dieser blöden Kuh mit dem Messer gestochen zu werden.«
    »Würden Sie sich denn lieber einsperren lassen?«
    »Würden Sie sich nach Hause schicken lassen?«
    »Selbstverständlich!« erklärte Major Danby überzeugt. »Gewiß doch«, fügte er gleich darauf etwas weniger überzeugt hinzu. »Ja, an Ihrer Stelle würde ich mich wohl nach Hause schicken lassen«, entschied er sich dann bedrückt, nachdem er eine Weile offensichtlich verstört nachgedacht hatte. Dann drehte er das Gesicht angeekelt und gequält weg und stieß hervor: »O ja, selbstverständlich würde ich mich nach Hause schicken lassen!
    Aber ich bin ein solcher Feigling, daß ich nie an Ihrer Stelle sein könnte.«
    »Aber angenommen, Sie wären kein Feigling?« fragte Yossarián und betrachtete ihn eindringlich. »Angenommen, Sie hätten den Mut, sich aufzulehnen?«
    »Dann würde ich mich nicht nach Hause schicken lassen«, verschwor sich Major Danby herzhaft und begeistert. »Aber vor ein Kriegsgericht würde ich mich auch nicht stellen lassen.«
    »Würden Sie weiter fliegen?«
    »Nein, selbstverständlich nicht. Das wäre ja Kapitulation, und ich könnte dabei auch ums Leben kommen.«
    »Dann würden Sie also weglaufen?«
    Major Danby setzte zu einer stolzen und selbstbewußten Antwort an, doch blieb ihm das Wort im Halse stecken, und der halbgeöffnete Kiefer schloß sich stumm. Er verzog die Lippen zu einem müden Schmollen. »Da wäre dann wohl keine Hoffnung mehr für mich, was?«
    Seine Stirn und die hervorquellenden weißen Augäpfel glitzerten schon wieder feucht. Er kreuzte die schlaffen Hände im Schoß und schien kaum zu atmen, während er hoffnungslos und ganz hingegeben an seine Niederlage zu Boden sah. Vom Fenster her fielen dunkle, steile Schatten ein. Yossarián betrachtete ihn ernst, und keiner von beiden regte sich, als ein knatternd näher kommendes Fahrzeug draußen mit quietschenden Reifen hielt und stampfende

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