Catch 22
darauf versessen, sich mitzuteilen, daß er kaum abwarten konnte, bis alle da waren.
»Ich und Major Major«, prahlte er mit der gleichen brutalen, schneidenden Stimme wie in der Nacht zuvor, »können jeden einzelnen Mann dieser Einheit zu Brei schlagen.«
Am gleichen Tag noch nahmen sich die Offiziere der Garnison des Problems Major Major an. Was sollte man mit einem Major wie Major Major tun? Ihn persönlich zu erniedrigen, hätte bedeutet, alle Offiziere des gleichen und niedrigeren Ranges zu erniedrigen. Ihn anständig zu behandeln, kam aber auch nicht in Frage. Zum Glück hatte Major Major um Versetzung auf die Flugzeugführerschule ersucht. Noch am Nachmittag wurde die Ausstellung seines Marschbefehls in die Wege geleitet, und um drei Uhr früh wurde Major Major neuerlich unsanft aus dem Schlaf gerissen, vom Sergeanten mit den besten Wünschen verabschiedet und in ein nach Westen startendes Flugzeug gesetzt.
Leutnant Schittkopp wurde weiß wie ein Laken, als Major Major sich mit bloßen Füßen und dreckverkrusteten Zehen in Californien bei ihm meldete. Als man Major Major aus dem Schlaf gerissen hatte, hatte er ohne weiteres angenommen, er solle wieder barfuß im Matsch stehen und Schuhe und Strümpfe daher im Zelt zurückgelassen. Die Zivilkleidung, in welcher er vor Leutnant Schittkopp trat, war zerdrückt und schmutzig. Leutnant Schittkopp, der seinen großen Ruf als Exerziermeister noch nicht begründet hatte, erbleichte bei dem Gedanken, daß Major Major am kommenden Sonntag barfuß in seiner Kompanie an der Parade teilnehmen könnte.
»Gehen Sie schnell ins Lazarett«, murmelte er, als er endlich die Sprache wiederfand. »Sagen Sie, Sie seien krank. Bleiben Sie dort, bis Ihr Kleidergeld eintrifft und Sie sich eine Uniform kaufen können. Und auch Schuhe. Kaufen Sie auf alle Fälle Schuhe!«
»Jawohl, Sir.«
»Ich glaube nicht, daß Sie mich >Sir< zu nennen brauchen, Sir«, bemerkte Leutnant Schittkopp. »Sie haben einen höheren Dienstgrad als ich.«
»Jawohl, Sir, ich habe vielleicht den höheren Dienstgrad, Sir, doch sind Sie im Augenblick mein Chef.«
»Jawohl, Sir, das ist richtig, Sir«, stimmte Leutnant Schittkopp zu. »Sie haben vielleicht den höheren Dienstgrad, Sir, doch im Augenblick bin ich Ihr Vorgesetzter, Sir. Also tun Sie bitte, was ich Ihnen sage, Sir, sonst könnten Sie Ärger haben. Gehen Sie ins Lazarett und melden Sie sich krank. Bleiben Sie dort, Sir, bis Ihr Kleidergeld eintrifft und Sie sich eine Uniform kaufen können.«
»Jawohl, Sir.«
»Und Schuhe, Sir. Kaufen Sie sich bei erster Gelegenheit Schuhe, Sir.«
»Jawohl, Sir, das werde ich tun, Sir.«
»Danke sehr, Sir.«
Das Leben auf der Schule war für Major Major nicht anders als zuvor. Wer in seiner Gesellschaft war, wünschte ihn in die Gesellschaft eines anderen. Die Ausbilder zogen ihn bei jedem Kursus vor, um ihn möglichst rasch loszuwerden. Im Handumdrehen besaß er das Flugzeugführerabzeichen und befand sich in Übersee, wo die Dinge mit einem Male ein freundlicheres Aussehen gewannen. Sein Leben lang hatte Major Major nur einen einzigen Wunsch gehabt: Dazu zu gehören, und in Pianosa ging dieser Wunsch für ein Weilchen in Erfüllung. Die Angehörigen der Kampftruppe achteten nicht sehr auf den Dienstgrad, und Offiziere und Unteroffiziere gingen formlos und lässig miteinander um. Männer, deren Namen er nicht einmal kannte, grüßten ihn freundlich und forderten ihn auf, mit ihnen baden zu gehen oder Korbball zu spielen. Seine schönsten Stunden verbrachte er auf dem Spielplatz, wo den ganzen Tag über ein Spiel im Gang gehalten wurde und niemand sich darum scherte, wer gewann. Es wurden nicht einmal die Punkte gezählt, und die Zahl der Spieler schwankte zwischen eins und fünfunddreißig. Major Major hatte bis dahin weder Korbball noch sonst ein Spiel gespielt, doch seine schlaksige Länge und seine hingerissene Begeisterung halfen ihm, seine angeborene Ungeschicklichkeit und seinen Mangel an Erfahrung auszugleichen. Hier, auf dem Korbballfeld, das sich nach einer Seite senkte, und in Gesellschaft der Offiziere und Mannschaften, die fast seine Freunde waren, fand Major Major das wahre Glück. Wenn es keine Gewinner gab, so gab es doch auch keine Verlierer, und Major Major genoß jede verspielte Sekunde bis zu dem Augenblick, da Colonel Cathcart nach Major Duluths Tod im Jeep angebraust kam und es Major Major auf immer unmöglich machte, Freude am Korbballspiel zu haben.
»Sie sind der neue
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