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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Staffelkommandeur!« hatte ihm Colonel Cathcart grob über die Trasse der Eisenbahn hinweg zugeschrien.
    »Aber glauben Sie bloß nicht, daß das was zu bedeuten hat, das hat es nämlich nicht. Es bedeutet bloß, daß Sie der neue Staffelkommandeur sind.«
    Seit geraumer Zeit schon hatte Colonel Cathcart einen stillen Haß gegen Major Major genährt. Ein überzähliger Major in seinem Personalbestand bedeutete einen Schönheitsfehler in seinen Listen und versorgte jene Personen im Hauptquartier der 27.
    Luftflotte, die, wie Colonel Cathcart genau wußte, seine Feinde und Rivalen waren, mit Munition. Colonel Cathcart hatte um gerade solch einen Glücksfall wie den Tod von Major Duluth gebetet. Hatte ihn bislang ein überzähliger Major geplagt, so hatte er jetzt eine Planstelle für einen Major frei. Er ernannte also Major Major zum Staffelkommandeur und brauste in seinem Jeep ebenso schnell davon wie er gekommen war.
    Für Major Major bedeutete das das Ende vom Spiel. Verlegen und mit rotem Gesicht stand er wie angewachsen da und wollte nicht glauben, daß die Pechwolken sich erneut über ihm zusammenbrauten. Als er sich seinen Spielkameraden zuwandte, sah er sich einer Barriere aus neugierigen, nachdenklichen Gesichtern gegenüber, die ihn ungerührt, mürrisch und undurchschaubarer Abneigung voll anstarrten. Er zitterte vor Scham. Als das Spiel wieder begann, war es nichts rechtes mehr damit. Dribbelte er, so versuchte niemand, ihn aufzuhalten, rief er nach dem Ball, so bekam er ihn sofort, und verfehlte er den Korb, so lief niemand mit ihm um die Wette nach dem aufspringenden Ball. Außer der seinen ließ sich keine Stimme vernehmen. Am Tage darauf war es das gleiche, und am übernächsten Tag ging er nicht mehr hin.
    Fast wie auf ein Stichwort hin wurde er von niemandem in der Staffel mehr angeredet, sondern nur noch angestarrt. Befangen ging er durchs Leben mit niedergeschlagenen Augen und brennenden Wangen, das Ziel von Abscheu, Neid, Haß, Mißtrauen und bösartigen Anspielungen, wo immer er sich blicken ließ. Personen, denen seine Ähnlichkeit mit Henry Fonda bislang kaum aufgefallen war, konnten gar nicht genug darüber schwatzen, und es gab sogar Leute, die andeuteten, Major Major sei zum Staffelkommandeur ernannt worden, weil er Henry Fonda ähnelte. Captain Black, der selber gerne auf diesen Posten gelangt wäre, behauptete, in Wirklichkeit sei Major Major Henry Fonda, aber zu feige, um das zuzugeben.
    Major Major stolperte ratlos von einer katastrophalen Peinlichkeit in die nächste. Ohne ihn zu fragen, ließ Sergeant Towser seine Sachen in den geräumigen Wohnwagen verbringen, den Major Duluth allein bewohnt hatte, und als Major Major atemlos in die Schreibstube gerannt kam, um den Diebstahl seiner Sachen zu melden, erschreckte ein junger Korporal ihn halb zu Tode, der im Augenblick seines Eintretens aufsprang und »Achtung!« brüllte. Major Major nahm ebenso wie das gesamte Schreibstubenpersonal Achtungstellung ein und fragte sich, welche bedeutende Persönlichkeit nach ihm eingetreten sein mochte.
    Minuten vergingen in strengem Schweigen, und das wäre vielleicht in alle Ewigkeit so gegangen, wäre nicht zwanzig Minuten später Major Danby hereingekommen, um Major Major Glück zu wünschen, und hätte alle rühren lassen.
    Noch jämmerlicher erging es Major Major in der Messe, wo er von Milo mit besorgtem Lächeln erwartet und zu einem Tischchen geleitet wurde, das vor den anderen Tischen stand und mit einer gestickten Tischdecke samt Blumenstrauß in rosa Kristallvase geschmückt war. Major Major zauderte furchtsam und war nicht kühn genug, vor aller Augen Widerstand zu leisten. Selbst Havermeyer hatte den Kopf von seinem Teller erhoben und starrte ihn an, während er den schweren, ungefügen Unterkiefer herabhängen ließ. Major Major fügte sich Milos sanftem Druck und verbrachte diese Mahlzeit beschämt an seinem Tischchen. Das Essen wurde in seinem Munde zu Asche, doch schluckte er alles herunter, weil er sich fürchtete, einen der Männer zu kränken, welche die Mahlzeit zubereitet hatten. Als er danach mit Milo allein war, fühlte Major Major, wie zum ersten Mal der Widerspruchsgeist sich in ihm regte, und er sagte, er ziehe es vor, weiterhin in Gesellschaft der anderen Offiziere zu essen. Milo erwiderte, das werde nicht gehen.
    »Ich verstehe nicht, was da nicht gehen soll«, sagte Major Major.
    »Es ist noch niemals nicht gegangen.«
    »Sie waren aber auch noch niemals

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