CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
immer noch aufregend, aber doch viel braver als das Soho seiner Jugend, ganz zu schweigen vom Soho seiner Fantasien.
Kaum zu glauben, dass er einmal in einer Hotelsuite unter einem gläsernen Couchtisch gelegen hatte, bis über beide Ohren zugekokst und kichernd wie ein Kobold, während zwei Frauen und ein Mann wie wild im Zimmer herumgevögelt hatten und eine dritte Frau in der Hocke über ihm gekauert hatte …
»Was?«, sagte Patricia, und eine Schrecksekunde lang glaubte er, sie hätte am Ende doch eine Möglichkeit gefunden, seine Gedanken zu lesen. Wenn sie je auch nur das Geringste von seinem geheimen Doppelleben ahnte, würde sie sich auf der Stelle von ihm scheiden lassen, eine Tatsache, die seine Abenteuer zweifellos noch verwegener erscheinen ließ.
»Ach, nichts, Schatz«, sagte er.
»Und warum grinst du dann so albern?«
»Ich freue mich einfach nur, dass alles so gut gelaufen ist.« Er deutete auf das Telefon. »Was gibt’s Neues?«
»Auf den ersten Blick sehr gute Nachrichten. Er glaubt, dass die Frau in Hanks Begleitung eine Anwältin namens Caitlin ist, Nachname möglicherweise Scott. Die Tochter der Inhaberin von Compton Property Services.«
»Ah.«
»Er hat ihre Privatadresse, und es ist ihm gelungen, ein Foto von ihr zu machen und sich von der Bedienung bestätigen zu lassen, dass sie es ist. Er vermutet, dass einer der beiden Männer ihr Bruder ist, was erklären würde, warum sie der Polizei seine Identität vorenthält.«
Gordon klatschte in die Hände. »Jetzt fügt sich alles zu einem Bild, nicht wahr?«
»Ich bin mir nicht sicher. Stemper war längst nicht so … überschwänglich, wie man es angesichts dieser Entwicklungen erwarten würde.«
»Ich bitte dich, Schatz. Was soll es denn bringen, einen Menschen wie Stemper verstehen zu wollen?«
»Gute Frage. Er will später noch vorbeischauen. Wir sollen in der Zwischenzeit etwas über die Frau herausfinden. Wir konzentrieren uns auf Anwaltskanzleien in Brighton.«
»Caitlin«, wiederholte Gordon für sich. »Wieso die Unsicherheit, was ihren Nachnamen betrifft? Ist sie verheiratet?«
»Stemper glaubt, dass sie vielleicht geschieden ist oder in Trennung lebt.«
Gordon musste lachen. »Woher will er das denn wissen?«
Stemper hatte die Blakes von einem Parkplatz in Horsham aus angerufen. Er brauchte eine große, anonyme Stadt, und Horsham erfüllte die Kriterien. In einem Laden einer Herrenmode-Kette kaufte er sich eine neue Garnitur Kleider: Anzug, Hemd, Krawatte, Unterhose, Schuhe und eine Regenjacke. Außerdem besorgte er sich eine kleine Dose Haarwachs.
In einer Behindertentoilette zog er seine alten Kleider aus und rollte sie zusammen, dann zog er das neue Outfit an und vergaß auch nicht, den Anzug ein wenig zu zerknittern und die Schuhe zu zerschrammen. Mit dem Wachs kämmte er seine Haare glatt nach hinten, was sein Aussehen total veränderte.
Er ging zum Wagen zurück und fuhr weiter, bis er ein Einkaufszentrum mit einem Eisenwarenladen fand. Er kaufte eine Dose Desinfektionsmittel, ein paar extrafeste Müllsäcke und ein Nylonseil. Anschließend fuhr er aus der Stadt heraus und hielt an einem großen, parkartigen Gelände mit Sportplätzen, einer Picknickwiese und einem See. Eine kleine Fußgängerbrücke spannte sich über den See, was ihm Zugang zu etwas tieferem Wasser verschaffte.
Es regnete immer noch stark, und der Parkplatz war leer. Stemper tränkte seine alten Kleider in Desinfektionsmittel und stopfte sie dann in einen Müllsack, den er mit Steinen, die er auf dem Parkplatz fand, noch zusätzlich beschwerte. Er band ihn mit dem Seil zu und trug ihn zum See und auf die Brücke. Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass er nicht beobachtet wurde, ließ er den Sack ins Wasser fallen.
Das Messer musste dem Sack bedauerlicherweise zum Grund des Sees folgen. Es war keine perfekte Lösung, aber Stemper hatte keine Zeit, nach einem geeigneteren Ort zu suchen. Wichtig war vor allem eines: Selbst wenn tatsächlich ein Angler den Sack aus dem Wasser ziehen sollte, könnte nichts von dem Inhalt mit ihm in Verbindung gebracht werden.
Als er wieder im Auto saß, fiel ihm ein, dass er inzwischen eigentlich von Jerry gehört haben sollte. Beim ersten Anruf meldete sich niemand. Stemper wartete ein paar Minuten und versuchte es erneut.
»Ja?«
»Wo sind Sie? Immer noch beim Bauernhaus?«
»Nee. Er ist nicht mehr da. Ich bin ihm gefolgt bis … Shoreham-by-Sea. Er ist nach Osten gefahren, Richtung
Weitere Kostenlose Bücher