CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
ganz still.«
Jerry nickte, unendlich dankbar, eine so simple Aufgabe zugewiesen zu bekommen.
Stemper ging die Treppe hinunter und schlich in die Eingangshalle. Aus dem Wohnzimmer hörte er einen dumpfen Schlag. Dann sah er durch die offene Tür den Strahl einer Taschenlampe im Zimmer umherschwirren wie ein verstörtes Insekt. Der Lichtkegel blieb an den Spielkonsolen unter einem Plasmafernseher hängen. Ein leises Ausatmen war zu hören, als der Einbrecher wohl überlegte, was sich mitzunehmen lohnte.
Als Nächstes würde er sich hinknien, um die Stecker zu ziehen.
Stemper machte kein Geräusch, als er ins Zimmer trat. Er hielt den Atem an, hätte es aber fast vergessen, als er den leuchtenden weißen Streifen am Hosenbein des Mannes sah. Ein Einbrecher in einem Jogginganzug mit weißen Paspeln und großen weißen Turnschuhen, die ebenfalls im Halbdunkel schimmerten.
Also kein Profi. Aber Stemper sah das nicht als Grund, Nachsicht zu zeigen.
Er zog die Betäubungspistole aus der Tasche. Die in Amerika gekaufte Waffe gab eine Ladung von fünf Millionen Volt ab, die einen erwachsenen Mann mehrere Minuten lang bewusstlos machte.
Der Eindringling sah gerade einen Stapel Xbox-Spiele durch, als Stemper ihn erreichte. Es blieb ihm vielleicht eine halbe Sekunde, um zu merken, dass er nicht allein war, ehe der Taser sein Werk verrichtete.
Stemper blieb reichlich Zeit, das Licht einzuschalten und den Eindringling in die Mitte des Zimmers zu schleifen, wo er ihn in sitzender Haltung an einen Couchtisch lehnte. Er zog dem Mann die billige Polyesterjacke aus, fesselte ihm mit den Ärmeln die Hände und benutzte den Rest als Kapuze. Fest über das Gesicht gezogen, würde sie dem Mann das Atmen erschweren, ihn verwirren und ängstigen.
Der Mann stöhnte, sein Atem ging stoßweise. Stemper bedachte die Möglichkeit eines angeborenen Herzfehlers. Eine Leiche wäre allerdings an diesem Abend eine sehr unwillkommene Komplikation.
Er gab seinem Gefangenen einen Klaps. »Aufwachen.«
Der Mann wand sich eine Weile. »Scheiße, wer …? Was haben Sie mit mir gemacht?«
»Ich zeig’s dir.« Stemper drückte dem Mann die Elektroschockpistole in die Seite.
»Nein! Lassen Sie das …«
»Wer hat dich hergeschickt?«
»Niemand.«
»Du lügst. Sag mir, für wen du arbeitest.«
»Ich bin hierhergekommen, weil ich dachte, das Haus steht leer.«
»Woher wusstest du das?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich hab’s halt gewusst.«
»Falsche Antwort.« Stemper tat so, als wollte er ihm wieder einen Schlag versetzen.
»Nicht! Ich hab da was läuten hören … dass der Besitzer neulich abends totgefahren wurde.« Seine Stimme war jetzt wieder fester. »Da haben mein Kumpel und ich uns gedacht, wir checken das mal ab. Er steht draußen Schmiere. Sie sollten mich lieber laufen lassen. Er ist nämlich bewaffnet, wissen Sie?«
Es klang wie eine glatte Lüge, und Stemper sagte das auch. »Wer hat dir das von dem Besitzer erzählt?«
»Das hab ich irgendwo aufgeschnappt.«
»Jemand hat dir die Adresse gegeben. Raus mit der Sprache.«
Er sackte resigniert zusammen. »Halt so ein Mädel, okay? Arbeitet in ’nem Pub hier in der Nähe.«
»Und sie hat dir den Tipp gegeben?«
Die Antwort war nur ein Brummen.
»Wo wohnt sie?«
»Was? O nein, Sie haben kein Recht …«
Stemper versetzte ihm noch einen Schock, diesmal von kürzerer Dauer. Der Mann schrie, blieb aber bei Bewusstsein.
»Ja, ja, schon gut. In Worthing, okay? Broadwater Street. Da ist so ein Wohnblock gleich hinter dem Friedhof. Traci wohnt im Erdgeschoss. Nummer sechs.«
Stemper hörte hinter sich eine Bewegung und drehte sich um, darauf gefasst, es mit dem Komplizen des Mannes aufzunehmen. Doch es war Jerry Conlon, der in der Tür stand, den Mund vor Schreck weit aufgerissen. Stemper schüttelte energisch den Kopf und deutete nach oben zum Büro.
Der Einbrecher spürte, dass sich etwas verändert hatte, hob den Kopf und drehte ihn blind hin und her.
»Er ist da draußen. Sie lassen mich besser laufen.«
Stemper glaubte nicht, dass der Mann einen Komplizen mitgebracht hatte, doch er konnte die Möglichkeit nicht völlig ausschließen. Er zog den Mann auf die Füße. »Wie bist du reingekommen?«
»Hab an der Tür vom Wintergarten eine Scheibe eingeschlagen.«
Stemper wollte, dass er das Haus auf demselben Weg wieder verließ. Einfach dreist die Haustür zu öffnen würde nur den Eindruck verstärken, dass Stemper ein Insider war.
Er führte den Mann durch das
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