CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
haben nicht vornehm geredet oder so, aber auch nicht primitiv. Halt normal eben. So wie Sie.«
»Nachdem sie den Streit unterbunden hatten, was ist dann passiert?«
»Die Frau ist als Erste gegangen. Sie …« Traci brach abrupt ab. »Ich kann das jetzt nicht beschwören, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie die beiden kennt. So wie sie mit ihnen geredet hat, besonders mit dem gutaussehenden Kerl. Sah aus, als ob sie stinksauer auf ihn wäre.«
»Was hat die Polizei dazu gesagt?«
»Ich hab’s ihnen nicht gesagt. Ich meine, das ist ja nur ’ne Vermutung. Und ich will da nicht reingezogen werden.«
»Hat die Polizei den Namen der Frau erwähnt?«
»Nein. Sie meinten nur, sie würden ihr diese Phantombilder vorlegen. Ich hab keine Ahnung, wer sie ist, ehrlich.«
Stemper sagte nichts. Seine Hand zuckte, begierig, wieder in Aktion zu treten.
Sie kniff die Augen zusammen und sagte: »Da ist noch was. Das Geld.«
»Ja?«
»Der Bauer, der die Leiche entdeckt hat, der meinte, am nächsten Tag wär er mit seinem Hund rausgegangen, und da hätte er dieses Kuvert auf dem Acker liegen sehen, ja? Mit dreitausend Pfund in bar.« Sie sagte es mit ehrfurchtsvoll bebender Stimme, als ob die Summe für sie einen unvorstellbaren Reichtum darstellte.
»Er hat es am folgenden Tag gefunden? Am Mittwochmorgen?«
»Nein. Das ist ja das Komische. Er hat es gestern gefunden, nachdem die Bullen schon alles abgesucht hatten. Im Pub gestern Abend ist er fast ausgeflippt. Die Bullen haben gesagt, er müsste es genommen haben, als er die Leiche gefunden hat, und dann hätte er kalte Füße gekriegt und es wieder zurückgelegt. Aber er schwört, dass das nicht stimmt.«
»Was glauben Sie?«
»Er hätte nicht den Mumm, sie anzulügen. Ist so ’n total spießiger Typ, geht in die Kirche und so.«
Stemper lächelte. Er konnte nicht behaupten zu wissen, was das alles bedeutete, aber es kam ihm vor wie ein gewaltiger Schritt nach vorne.
44
Als die Mittagspause begann, wusste Dan, dass er der erstickenden Atmosphäre des Ladens entkommen musste. Er ging zum Sainsbury-Supermarkt am Lewes-Road-Kreisverkehr und sann darüber nach, dass die Luft, die er hier einatmete, wahrscheinlich mehr Abgase als Sauerstoff enthielt.
Aber es war ein recht angenehmer Tag; der Spaziergang und das Alleinsein waren seiner Stimmung zuträglich. Er kaufte sich ein Sandwich und schlenderte zurück, überquerte die Straße, um nicht direkt am Geschäft vorbeigehen zu müssen, und ging weiter zum Level, einer großen öffentlichen Grünanlage mit einem Kinderspielplatz und einem Skatepark. Hier gab es von Ulmen gesäumte Spazierwege und eine offene Rasenfläche, wo häufig Schausteller ihre Buden und Fahrgeschäfte aufbauten.
Er fand eine freie Bank und setzte sich. Während er sein Sandwich aß, versuchte er an gar nichts zu denken – als ob seine Sorgen dann davonschweben würden wie losgelassene Luftballons. Da bestand zwar wenig Hoffnung, aber vielleicht würde die Übung wenigstens seinen Blutdruck ein bisschen senken.
Er hatte noch ein paarmal Hayleys Nummer gewählt, sie aber nicht erreicht. Er wollte ungern eine Nachricht hinterlassen, da neuerdings jeder Versuch einer Kommunikation zwischen ihnen in Missverständnissen zu enden schien. Jetzt probierte er es noch einmal, und als sich erneut die Mailbox einschaltete, sagte er: »Hayley, ich hab gehört, dir geht’s nicht gut. Ich hoffe, es ist nichts Ernstes. Ruf mich bitte an, wir müssen reden.«
Sie hatte offenbar mitgehört, denn sie rief sofort zurück.
»Wie geht’s dir?«, fragte er.
»Nicht so toll. Ist ja auch kein Wunder.«
Dan beschloss, das nicht zu kommentieren. »Dann tritt heute mal ein bisschen kürzer.«
»Tu ich. Deswegen bin ich nicht ans Telefon gegangen. Aber es freut mich zu hören, was du gesagt hast.«
»Na ja, diese Woche war irgendwie komisch. Dauernd zerstreiten wir uns ohne Grund …«
»Ohne Grund? Ich bitte dich. Du hast gesagt, wir müssen reden, also reden wir. Was hast du gestern Abend gemacht?«
»Hayley …«
»Das ist doch eine ganz simple Frage. Bist du zu Hause geblieben? Oder ausgegangen? Was?«
»Ich bin mit Robbie einen trinken gegangen.«
»Oh, mit Robbie. « Ihre Stimme war voller Sarkasmus. »Ihr beide seid zurzeit unzertrennlich, wie?«
»Hör mal, ich hab dich eigentlich angerufen, um zu fragen, wie es dir geht. Was ist es, ein Virus? Oder hast du was Falsches gegessen?«
»Vielleicht. Oder vielleicht ist es die Reaktion meines
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