Catching Love
erneut mit ihrem Verhalten verletzte, bereitete ihr fast körperliche Schmerzen. Aber sie durfte nicht bleiben. Ansonsten würde sie ihn irgendwann noch viel mehr enttäuschen und verletzen, als sie es jetzt schon tat. Fest umklammerte sie die Autoschlüssel, öffnete die Fahrertür und stieg in den Wagen.
Ganz langsam tauchte Jeff aus dem Nebel eines verwirrenden Traumes gemischt mit unerwünschten Nebenwirkungen des Whiskys auf. Er hatte tatsächlich geträumt, dass Lesley sich besorgt über ihn beugte, ihm einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte und fürsorglich eine Decke über ihm ausbreitete. Warum sollte sie das tun, wenn er ihr nichts bedeutete?
Und offensichtlich träumte er noch immer, denn sie strich gerade leicht über seine nackte Brust. Wenn da nur nicht der Druck auf seinem Kopf wäre, dann könnte er ihre Berührung viel mehr genießen. Druck auf dem Kopf? In einem Traum würde er die Nebenwirkungen des Whiskys doch gar nicht merken. Also kein Traum, sie liebkoste ihn tatsächlich. Aus Angst sie zu verscheuchen, bewegte sich Jeff keinen Millimeter, hielt seine Augen weiterhin geschlossen und genoss die zärtlichen Streicheleinheiten. Bis ihm auffiel, dass ihre Finger sich anders als sonst anfühlten. Er nahm seinen Arm herunter, öffnete die Augen einen Spalt und riss sie einen Wimpernschlag später auf. Das war nicht Lesleys Hand. Einer der Geckos saß auf seiner Brust und glotzte ihn mit schief gelegtem Kopf an. Wäre ja auch zu schön gewesen …
„Wenn du mich nicht beißt, beiße ich dich auch nicht, okay?“, sagte er mit rauer Stimme und erwiderte den Blick des Reptils. Behutsam nahm Jeff den Gecko hoch und setzte ihn auf dem Couchtisch ab. „Wo ist eigentlich dein Kumpel, hm?“
Als hätte er ihn verstanden, kletterte der Gecko vom Tisch und flitzte in Richtung Küche. Kopfschüttelnd folgte Jeff ihm und beobachtete, wie er am Küchentresen hochkletterte und sich zu seinem Freund gesellte. Der war damit beschäftigt, mit einem Notizblock zu spielen und genüsslich daran herum zu kauen.
„Das ist nichts zum Fressen, Großer.“ Jeff nahm den Notizblock in die Hand und erbleichte, als er die Worte darauf las.
Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe, Jeff. Das war niemals meine Absicht. Verzeih mir bitte. Lesley
„Nein …“ Jeff ließ den Notizblock auf den Tresen fallen und rannte ins Schlafzimmer. „Scheiße … nein. Nicht schon wieder“, fluchte er und riss die Schranktüren auf. Die Taschen, ihre Sachen, einfach alles war weg. Ohne lange zu überlegen, schlüpfte Jeff in seine Sneakers, streifte ein T-Shirt über, schnappte sich den Rucksack und seine Jacke und rannte aus der Hütte. Der BMW war verschwunden.
Er schalt sich selbst einen Idioten. Wie hatte er sich nur dazu hinreißen lassen können, seinen Frust in Alkohol zu ertränken? Jeff konnte es ihr nicht mal verübeln, dass sie die Chance genutzt und sich aus dem Staub gemacht hatte.
Achtlos schleuderte er seinen Rucksack auf den Rücksitz seines Mietwagens und schob sich hinter das Lenkrad. Hoffentlich hatten das Unwetter und der tagelange Dauerregen keine allzu großen Schäden an der Straße hinterlassen. So aufgeweicht, wie der Boden war, konnte es in Bergregionen leicht zu Erdabrutschen kommen. Und wenn Lesley die Gebirgsstraße zu schnell hinab fuhr … nicht auszudenken, was da passieren könnte.
Der Weg hinunter ins Tal war schon ohne Dauerregen gefährlich. Denn auf beiden Seiten der Straße befanden sich Steilhänge, wobei der obere eine deutlich stärkere Neigung aufwies als der untere. Wie eine Schlange wand sich die Straße um den Gebirgszug und zwischen beiden Steilhängen nach unten.
„Fahr langsam, Kleines“, murmelte er immer wieder wie ein Gebet vor sich hin und folgte ihren Reifenspuren auf der kaum noch erkennbaren, unbefestigten Straße.
Weglaufen ist nicht wirklich eine Option
, waren Jeffs Worte gewesen. Und er hatte recht. Wovor lief sie denn davon? Vor einer Eventualität, die eintreten konnte oder eben auch nicht. Sie mochte die Tochter ihrer Mutter sein. Aber sie war eben nicht wie ihre Mutter, die bei der erstbesten Gelegenheit das Weite suchte, ohne Rücksicht auf Kind und Mann. Ja, sie lief ebenfalls davon. Nur ihre Beweggründe waren ganz andere.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann machte sie in den letzten Wochen und Monaten eigentlich nichts anderes, als sich selbst etwas vorzugaukeln. Anstatt sich mit ihrem Problem auseinanderzusetzen, zog sie die Reißleine und
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