Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
Sabinus blickte entsetzt drein. »Was können wir denn ausrichten? Wir sollten das Lager bewachen, damit den Überlebenden ein Ort bleibt, an den sie sich flüchten können.«
»Überlebende? Es wird keine Überlebenden geben. Die Legionäre werden direkt in den Sumpf rennen, wo sie ertrinken oder im Schlamm stecken bleiben, bis man sie in Stücke hackt.« Vespasian streckte die Hand aus und ergriff seines Bruders Arm. »Sabinus, jetzt hängt alles von uns ab. Nur wir können hier handeln. Verstehst du mich?«
Sabinus gewann seine Selbstbeherrschung zurück und nickte.
»Gut!« Vespasian gab seinen Arm frei. »Jetzt reite ins Lager und hole die vier anderen Kohorten und alle Hilfstruppen, die du finden kannst. Formiere sie, so schnell du nur kannst und stoße direkt vom Hügel zum Angriff vor. Macht so viel Krach wie nur möglich. Marsch!«
»Und du?«
»Ich versuche mein Glück mit denen, die ich hier habe.«
Sabinus ließ sein Pferd herumwirbeln und trieb es eilig zum Haupttor des Lagers, tief über den Rücken des Tieres gebeugt, dessen Flanken er mit den Fersen bearbeitete.
Mit einem letzten Blick auf seinen Bruder fragte Vespasian sich, ob sie sich in diesem Leben noch einmal wiedersehen würden. Dann verbannte er den düsteren Gedanken und stählte sich innerlich für das, was zu tun war, wenn Armee und Kaiser gerettet werden sollten. Er wandte sich seinen Tribunen zu und rief sie zu sich. Die jungen Männer hörten aufmerksam zu, als er seine Anweisungen so knapp wie möglich erteilte, und galoppierten dann davon, um die Befehle an die Oberzenturionen der sechs Kohorten zu überbringen. Vespasian stieg ab, reichte die Zügel einem Burschen und ließ sich seinen Schild bringen. Er öffnete die Schließe seines scharlachroten Mantels und ließ ihn zu Boden gleiten.
»Sorge dafür, dass der zu meinem Zelt gebracht wird. Ich brauche ihn heute Abend, falls es kalt wird.«
»Ja, Herr.« Sein Leibsklave nickte lächelnd. »Dann also bis später, Meister.«
Nachdem er den Kinnriemen seines Helms kontrolliert und sich vergewissert hatte, dass sein Schild am Griff trocken war und fest in der Hand lag, zog Vespasian sein Schwert und klopfte damit auf den Schildrand, um seine Hand sicherer zu machen. Mit einem Blick auf seine Kohorte vergewisserte er sich, dass alles bereit war. Die Männer hatten sich lautlos formiert und standen marschbereit da, aufmerksam die Vorgänge im Tal verfolgend, während sie auf ihren Befehl warteten.
»Die Zweite rückt schräg vor!«, rief Vespasian laut, und der Befehl wurde rasch entlang der Linie weitergegeben. Er zählte bis drei, bevor er den eigentlichen Ausführungsbefehl gab, zu dem er tief Luft holte. »Marsch!«
Mit stetem Schritt marschierten die sechs Kohorten diagonal den Hang hinunter auf das Gebrüll und schrille Geschrei des verzweifelten Kampfes zu, der unten im Tal tobte. Der Nebel lichtete sich nun immer schneller und enthüllte allmählich das volle Desaster, mit dem Claudius und die drei anderen Legionen konfrontiert waren. Die hinteren Reihen, deren Formation sich ohnehin schon aufgelöst hatte, waren von dem Überraschungsangriff aus dem Wald völlig überrumpelt worden und flohen nun blindlings über das Schlachtfeld auf den Sumpf zu. Vereinzelte Widerstandsnester zeigten, wo ein Zenturio genug Entschlossenheit und Geistesgegenwart bewiesen hatte, um seine Männer gegen die britischen Langspießkämpfer zusammenzuhalten. Hinter ihren dicht geschlossenen Schildreihen verschanzt, kämpften sich kleine Legionärsgruppen aufeinander zu, doch aufgrund der überlegenen Reichweite der feindlichen Langspieße erlitten sie herbe Verluste.
Die Standarten der Vierten Kohorte schwankten im Takt mit den Schritten ihrer Träger auf und nieder, und Catos Augen wurden automatisch zu ihnen hinübergezogen, als die vergoldeten Beschläge in der Sonne aufleuchteten. Die Kohorten waren in zwei Blöcke zu je drei Zenturien unterteilt, und die Sechste Zenturie marschierte rechts hinten. Cato sah genau, was vor ihnen lag. Links vorn ragten die hohen Eichen des Waldes auf, und jetzt, da die Sichtschirme aus Dorngestrüpp entfernt waren, konnte man deutlich breite Wege erkennen, die sich in den schattigen Tiefen verloren. Rechts vorn lagen Leichen über das zertretene Gras verstreut, das, noch immer taufeucht, das Leder von Catos Militärsandalen durchweichte. Die Kohorte passierte die Überreste der Artilleriebatterie an der linken Flanke. Die meisten Waffen waren umgestürzt
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