Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
die Laufbahn des Jungen derart verkürzt hatte, von seinem Bein ganz zu schweigen, hätte ebenso gut jeden anderen in der Zenturie treffen können, überlegte Macro. Es hätte ebenso gut ihn oder den jungen Cato erwischen können.
Der Zenturio faltete seine Tunika zusammen und schob sie zwischen Brust- und Rückenteil seines Panzers, damit sie nicht vom Tau nass wurde. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Waffen zur Hand lagen, zog Macro seinen wollenen Umhang über sich; so lag er auf dem Rücken im Gras und starrte in die sternenübersäte Dunkelheit hinauf. Rundum war die Nacht voll von den Geräuschen einer Armee, die sich zur Ruhe begibt. Das ferne Schallen eines Horns aus dem Hauptquartier verkündete einen Wachwechsel; in der danach einkehrenden Ruhe schlief der Zenturio zwischen den Reihen schlummernder Männer ein.
18
»Warum?«
»Herr?« Vitellius lächelte den Legaten unschuldig an.
»Warum wurdest du zur Zweiten Legion zurückversetzt? Ich dachte, du seist dauerhaft in den Stab des Generals aufgestiegen. Eine Belohnung für deine Heldentaten. Was ist denn passiert?« Vespasian beäugte ihn misstrauisch. »Wurdest du hierher zurückversetzt, oder hast du darum gebeten?«
»Es geschah in der Tat auf meinen Wunsch«, antwortete der Tribun leichthin. »Ich erklärte dem General, ich wolle wieder mittendrin sein, wenn die Legion das nächste Mal in die Schlacht zieht. Der General sagte, er bewundere meinen Schneid und wünsche sich, es gäbe mehr von meiner Sorte, fragte mich, ob ich es mir nicht noch einmal überlegen wolle, und schickte mich dann los.«
»Das kann ich mir vorstellen. Niemand, der bei Sinnen ist, freut sich, wenn ein Spitzel des Kaisers auf seiner Türschwelle lagert.«
»Er weiß nichts davon, Herr.«
»Er weiß es nicht? Wie kann ihm das denn entgangen sein?«
»Weil keiner es ihm gesagt hat. Unser General geht davon aus, dass meine Beförderung ausschließlich meinen Verbindungen im kaiserlichen Palast zuzuschreiben ist. Als ich ihn bat, zur Zweiten zurückgeschickt zu werden, hat es ihm nicht so ganz schrecklich Leid getan, mich gehen zu sehen. Darf ich ehrlich sein, Herr?«
»Nur zu.«
»Ich weiß nicht recht, ob ich für einen Stabsoffizier des Generals das richtige Temperament habe. Er nimmt seine Offiziere zu hart ran und setzt sie zu vielen Risiken aus, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Vollkommen«, antwortete Vespasian. »Wie ich hörte, warst du beim Vorstoß der Neunten über den Fluss dabei? «
Vitellius nickte, hatte er doch den Schrecken dieses Angriffs noch frisch im Gedächtnis – die nervenzerfetzende Überzeugung, dass er den wilden Pfeilbeschuss und den Hagel aus den Steinschleudern der verzweifelten Verteidiger niemals überleben würde.
»Wie ich hörte, hast du deine Pflicht tapfer erfüllt.«
»Ja, Herr. Trotzdem wäre ich lieber nicht da unten gewesen. «
»Möglich, aber vielleicht gibt es ja noch Hoffnung für dich. Fang an, dich wie ein Tribun aufzuführen, lass das Spionieren, und wir überleben es vielleicht beide, dass wir hier zusammengespannt sind.«
»Das wäre schön, Herr. Aber ich bin der Diener des Kaisers und bleibe ihm treu bis zu meinem Tod.«
Vespasian fasste seinen Obertribun scharf ins Auge. »Ich dachte, du dienst nur einem, nämlich deinem Ehrgeiz. «
»Könnte ein Mensch einem würdigeren Ziel dienen?« Vitellius lächelte. »Doch Ehrgeiz muss sich in den Grenzen des Möglichen bewegen und die Launen des Schicksals berücksichtigen. Keiner kennt den Willen der Götter. Da Claudius vermutlich bald zum Gott erklärt wird, kann wohl nur er wissen, wie die Dinge ausgehen.«
»Hmmm.« Die kaiserliche Vorliebe für die Unsterblichkeit hatte Vespasian im Laufe der Jahre schon oft beunruhigt. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass nur ein entsprechender Antrag den Senat passieren musste, und schon war für die Göttlichkeit eines Menschen gesorgt. Insbesondere, wenn es sich um eine so wenig einnehmende Gestalt wie den gegenwärtigen Kaiser handelte. Die Ausrufung zum Gott hatte Caligula nicht vor dem Zorn seiner Mörder beschützt. Vespasian kam es so vor, als würden gerade jene verrückten Kaiser, denen jeder den Tod wünschte, am ehesten zum Gott erklärt. Er blickte seinem Obertribun in die Augen.
»Schau, Vitellius. Wir befinden uns mitten in einem bedeutenden Feldzug. Das Letzte, worüber ich mir jetzt Sorgen machen möchte, ist ein Spitzel, der mir und meinen Leuten nachspioniert.«
»Kann man sich denn eine
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