Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Hortensius gegen Abend endlich den Halt befahl, hatten die Männer noch die Errichtung des Marschlagers vor sich. Die Aussicht, mit seinem Pickel den gefrorenen Boden in Angriff zu nehmen, erfüllte Cato mit Grauen. Wie schon so oft verfluchte er seine Entscheidung, in die Armee zu gehen, und erinnerte sich wehmütig an das vergleichsweise behagliche Leben, das er zuvor am Hof des Kaisers in Rom geführt hatte.
Gerade, als Cato seinem Bedürfnis nachgeben wollte, die Augen zu schließen und sich der Vorstellung eines hübschen kleinen Schreibtischs dicht bei der warmen, flackernden Glut eines Kohlenbeckens hinzugeben, wurde er unvermittelt durch einen Schrei in die Wirklichkeit zurückgerissen. Figulus war gestürzt und sammelte jetzt hastig seine wild verstreute Ausrüstung ein. Dankbar für die Ablenkung trat Cato aus der Reihe, ließ sein Bündel fallen und half Figulus auf die Beine.
»Heb deine Sachen auf und dann zurück an deinen Platz.«
Figulus nickte und griff nach seinem Tragestab.
»Was ist denn verdammt nochmal hier los?«, brüllte Hortensius und stürmte die Kolonne entlang auf die beiden Männer zu. »Ihr Burschen werdet hier nicht pro Stunde bezahlt! Optio, gehört der zu deinen?«
»Ja, Herr.«
»Warum verpasst du ihm dann nicht eine ordentliche Abreibung? «
»Herr?« Cato wurde rot. »Eine Abreibung?« In der Hoffnung auf Unterstützung von seinem Zenturio schaute er zu Macro hinüber. Doch Macro wusste als altgedienter Veteran genau, wann er sich besser aus einem Zusammenstoß heraushielt, und warf nicht einmal einen Blick zurück.
»Nicht nur taub, sondern auch stumm?«, brüllte Hortensius ihm ins Gesicht. »In meiner Kohorte fällt nur ein toter Soldat aus der Reihe, ist das klar? Wenn irgend so ein Drecksack mir das nicht glauben will, wird er sich bald wünschen, er wäre tot! Kapiert?«
»Ja, Herr.«
Auf der anderen Seite des Zenturios war Figulus noch immer damit beschäftigt, in aller Eile sein Bündel am Tragestab zu befestigen. Der Zenturio fuhr zu ihm herum. »Hatte ich dir Erlaubnis gegeben, dich zu rühren?«
Figulus schüttelte den Kopf, und der Zenturio ließ sofort den Rebstecken durch die Luft sausen und verpasste dem Legionär einen laut hallenden Hieb gegen den Helm. »Ich kann dich nicht hören! Du hast doch verdammt nochmal einen Mund. Sprich!«
»Ja, Herr«, gab Figulus mit schmerzverzerrtem Gesicht hastig zurück. Er ließ seine Ausrüstung fallen und nahm Haltung an. »Nein, Herr. Du hast nicht gesagt, dass ich mich rühren darf.«
»Richtig! Jetzt nimm dir Schild und Wurfspeer. Der Rest bleibt liegen. Nächstes Mal wirst du es dir zweimal überlegen, bevor du deine Ausrüstung hinfallen lässt.«
Figulus kochte vor Empörung über den ungerechten Befehl. Er würde den Sold mehrerer Monate dafür aufwenden müssen, seine Ausrüstung zu ersetzen. »Aber, Herr. Ich war müde, da ist es mir eben passiert.«
»Es ist dir eben passiert!«, brüllte Hortensius. »Es ist dir passiert? SO WAS HAT DIR VERDAMMT NOCHMAL NICHT ZU PASSIEREN! Noch ein einziges Wort, und ich zerschneide dir die Kniesehnen und überlasse dich den Druiden. Und jetzt zurück an deinen Platz!«
Figulus hob seine Waffen auf und eilte mit einem schmerzlichen Blick auf sein Bündel und seine verstreuten Sachen an seinen Platz in der Kolonne. Hortensius richtete seinen Zorn nun erneut gegen Cato. Er beugte sich dichter heran und sprach in einem drohenden Flüsterton:
»Optio, wenn ich noch ein einziges Mal eine Bestrafung für dich übernehmen muss, bist du selber dran. Ich prügele dir die Seele aus dem Leib und lasse dich für den Feind zurück. Was meinst du wohl, wie das in den Augen der anderen Männer aussieht, wenn du dich verdammt nochmal wie ihr Kindermädchen aufführst? Bevor du dich versiehst, fallen sie wie die Fliegen um und jammern, sie wären zu müde. Du musst sie so sehr in Furcht und Schrecken halten, dass sie nicht einmal ans Ausruhen zu denken wagen. Wenn du das schaffst, kannst du ihr Leben retten. Wenn du aber weiter so ein Theater machst wie eben, geht jeder Nachzügler, den der Feind abschlachtet, auf dein Konto. Kapiert? «
»Ja, Herr.«
»Das will ich verdammt nochmal hoffen, mein Goldstück. Denn wenn es irgendwas gibt …«
»Feind in Sicht!«, ertönte eine Stimme aus der Ferne, und ein Reiter der vorausgesandten Kavallerieschwadron galoppierte auf der Suche nach Hortensius die Kolonne entlang. Unmittelbar vor dem Zenturio riss der Reiter sein Pferd herum und kam
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