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Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Titel: Cato 04 - Die Brüder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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abgebrühteste Kriminelle in Rom vorsichtig aus dem Weg ging. Folglich ließ die Miene des Optios beim Anblick des schlammbespritzten Individuums in der verdreckten Tunika, das bei Einbruch der Abenddämmerung am Lagertor aufgetaucht war, auch nur einen winzigen Hauch von Verunsicherung erkennen. Der kleine Selbstzweifel entsprang dem patrizierhaften Akzent des Fremden. Eine solche Aussprache musste ein kleines Vermögen gekostet haben, es sei denn natürlich, der Mann war ein Schauspieler.
    »Für wen hältst du dich eigentlich, Kumpel?«, fragte der Optio.
    »Nun gut.« Der Mann sprach mit äußerster Gelassenheit. »Ich bin Tribun Caius Quintillus.«
    »Mir kommst du eher nicht wie ein Tribun vor.«
    »Weil ich die ganze Nacht und den ganzen Tag geritten bin, um hierher zu kommen.«
    »Warum?«
    »In Calleva gibt es so eine Art Notsituation.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Die Garnison wird angegriffen, und das sollte der Legat wissen, damit er Zenturio Macro Hilfe schicken kann.«
    »Macro? Oh, na, dann ist es etwas anderes. Wenn Macro in Schwierigkeiten steckt, solltest du dich besser beeilen.« Der Optio wandte sich einem seiner Männer zu: »Bring ihn zum Hauptquartier.«
    Quintillus schluckte seinen Ärger runter und folgte dem Legionär durch das Tor des Marschlagers der Zweiten Legion zum Zeltkomplex, in dem der Legat sein Hauptquartier hatte. Den verdammten Optio konnte er später immer noch fertig machen. Jetzt aber musste er Vespasian über die Lage informieren, in der Calleva steckte, solange es noch eine Chance gab, die atrebatische Hauptstadt zu retten. Anschließend konnte der Tribun vielleicht auch etwas politisches Kapital aus der Situation schlagen. Schließlich hatte er sein Leben riskiert, um Vespasian diese Nachricht zu überbringen. Nicht, dass er bei seinem verzweifelten Ritt irgendeine Feindberührung gehabt hätte, aber es hätte ja passieren können. Mut, so rief er sich in Erinnerung, besteht darin, dann, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr gegeben ist, trotzdem zu handeln. Er hatte gehandelt und sich damit auch das angemessene Maß an Bewunderung verdient. Das hob seine Stimmung ungeheuerlich, und als er im Hauptquartier des Tribuns eintraf, badete er in der warmen Glut seiner hohen Selbstachtung.
    »Wer bist du, verdammt noch mal?«, schnauzte Vespasian den Unbekannten an, sobald man ihn in sein Zelt vorgelassen hatte. Der Legat saß hinter seinem Schreibtisch und bereitete im letzten Licht der untergehenden Sonne die Befehle für den nächsten Abschnitt des Feldzugs vor. In zwei Tagen würde die Zweite Legion wieder westwärts marschieren, um eine Kette von Bergfestungen an der Nordgrenze des Gebiets der Durotriges zu zerstören. Danach würde sie den Angriff nach Süden lenken und auf dem Weg zur Küste alles vernichten, was sich ihr in den Weg stellte. Irgendwann würden die Durotriges um Frieden bitten müssen und Caratacus hätte einen Verbündeten weniger.
    Vespasian hatte gerade einen Bericht über den Zustand der Katapulte der Legion durchgelesen und sich ein leichtes Abendessen aus kaltem Hähnchenfleisch und Wein bringen lassen, bevor er sich wieder an die Arbeit machte. Er aß weiter, während der unwillkommene Besucher sich vorstellte.
    »Tribun Caius Quintillus, Herr. Ein Mitglied von General Plautius’ Stab.«
    »Hab noch nie von dir gehört.«
    »Ich bin erst vor einem Monat in Britannien eingetroffen. Als Ersatzmann.«
    Vespasian hob eine Augenbraue. »Du wirkst hier nicht ganz am rechten Ort, Tribun. Erzähl mir jetzt bloß nicht, du warst auf der Jagd und hast dich verirrt.«
    »Nein, Herr.«
    »Sondern?«
    »Ich wurde vom General beauftragt, die Lage in Calleva zu sondieren.«
    »Verstehe.« Vespasian starrte ihn einen Moment lang nachdenklich an. Der Gedanke, dass Aulus Plautius sich mit einer Stadt beschäftigte, die im Operationsgebiet der Zweiten Legion lag, erfüllte ihn mit Unbehagen. Sofort fragte sich Vespasian, ob er irgendetwas übersehen hatte. Nach seiner Erinnerung hatte Zenturio Macro nichts von irgendwelchem Ärger mit den Atrebates erwähnt. Und doch stand da nun dieser Mann, der sich als Tribun ausgab, und behauptete, der General habe es für nötig erachtet, einen so hochrangigen Offizier nach Calleva zu senden, um die Lage einzuschätzen und ihm Bericht zu erstatten. Irgendetwas stimmte nicht, und Vespasian begriff, dass er Vorsicht walten lassen musste, bis der genaue Grund für die Sorge des Generals erkennbar wurde. Er schenkte dem Tribun ein

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