Cato 04 - Die Brüder des Adlers
herumführte und hinten fast bis zum Rückgrat reichte. »Die Muskeln unter dem Narbengewebe sind ziemlich verhärtet. Du musst sie dehnen. Das braucht viel Übung. Und es wird wehtun, Herr.«
»Das ist mir egal«, antwortete Cato. »Im Moment will ich nur wissen, wann ich wieder zur Legion zurückkehren kann.«
»Ähm …« Der Wundarzt verzog das Gesicht. »Das könnte eine Weile dauern und, offen gesagt, du solltest dir keine allzu großen Hoffnungen machen.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Cato ruhig, aber eindringlich. »Ich werde mich doch erholen.«
»Aber gewiss, Zenturio. Natürlich. Es ist nur so, dass du vielleicht Mühe haben wirst, mit dem linken Arm einen Schild zu halten, und die zusätzliche Belastung beim Führen eines Schwertes könnte auf der linken Seite zu einem Muskelriss führen. Du würdest schreckliche Schmerzen erleiden. «
»Ich habe schon andere Schmerzen erlitten.«
»Ja, Herr. Aber dann wärest du fast ein Krüppel. Ich sage das nicht gerne, Herr, aber deine Laufbahn in der Armee ist möglicherweise zu Ende.«
»Zu Ende?«, gab Cato leise zurück. »Ich bin erst achtzehn … Das ist unmöglich.«
»Ich sagte ja auch nicht, dass sie zu Ende ist , Herr. Nur, dass sie möglicherweise zu Ende sein könnte. Wenn du tüchtig übst und dich ganz besonders auf diese Seite konzentrierst, kannst du vielleicht wieder in den aktiven Dienst zurückkehren.«
»Ich verstehe …« Cato fühlte sich elend. »Danke.«
Der Wundarzt lächelte mitfühlend. »Nun, dann gehe ich jetzt.«
»Ja …«
Als die Tür zu war, streifte Cato seine Tunika über und ließ sich aufs Bett sinken. Er fuhr sich mit der Hand durch die dunklen Locken. Es konnte nicht wahr sein. Er hatte noch nicht einmal zwei Dienstjahre unter dem Adler hinter sich und war gerade erst befördert worden, und jetzt sagte ihm der Wundarzt, alles sei so gut wie vorüber.
»Der soll mal sein Maul halten«, meinte Macro in einem unbeholfenen Versuch, seinen Freund zu trösten. »Du brauchst einfach nur etwas Übung, um wieder in Form zu kommen. Wir arbeiten zusammen daran, und ehe du dich versiehst, bist du so weit, dass du vor deiner eigenen Zenturie stehen kannst.«
»Danke.«
Macro meinte es nur gut, und trotz seiner Verzweiflung war Cato ihm dankbar. Er richtete sich auf und zwang sich zu einem Lächeln. »Dann sollte ich besser mal so schnell wie möglich mit dem Üben anfangen.«
»So ist es recht!«, antwortete Macro strahlend und wollte noch etwas Ermutigendes hinzufügen, als es heftig an der Tür klopfte.
»Herein!«, schrie Macro.
Die Tür öffnete sich und ein Kavalleriekundschafter trat zackig ins Krankenzimmer.
»Die Zenturionen Lucius Cornelius Macro und Quintus Licinius Cato?«
»Dieselben.«
»Der Legat lässt euch rufen.«
»Jetzt?« Macro blickte stirnrunzelnd durch die geöffneten Fensterläden. Die Sonne stand schon seit einigen Stunden über dem Horizont. Er sah Cato mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Sag ihm, dass wir sofort kommen.«
»Ja, Herr.«
Als der Kundschafter die Tür hinter sich geschlossen hatte, griff Macro eilig nach seinen Stiefeln und versetzte Cato einen Knuff. »Auf geht’s, Junge.«
Vespasian zeigte auf die Sitzbank vor dem Tisch, wo er gerade sein Frühstück zu sich nahm. Dort stand ein Teller mit kleinen Brotlaiben, eine Schale Olivenöl und ein Krug Fischsauce. Macro begegnete Catos Blick und zuckte enttäuscht mit den Schultern. Wenn so das Essen eines Legaten aussah, konnte man sich seinen Ehrgeiz eigentlich sparen.
»Nun«, begann Vespasian und beträufelte ein Stück Brot mit Fischsauce, »wie weit seid ihr beiden wiederhergestellt? Seid ihr zu leichtem Dienst fähig?«
Während der Legat ein Stück Brot abriss und sich in den Mund steckte, wechselte Macro einen kurzen Blick mit Cato. »Wir sind dem wieder ziemlich gewachsen, Herr. Werden wir zur Legion zurückgeschickt?«, fragte Macro hoffnungsvoll.
»Nein. Zumindest jetzt noch nicht.« Vespasian musste lächeln, wie eilig der Zenturio es hatte, wieder in den Kampf zurückzukehren. »Ich brauche zwei gute Männer für eine andere Aufgabe. Etwas, das für den Erfolg unseres Feldzugs sehr wichtig ist.«
Cato runzelte die Stirn. Bei der letzten Sonderaufgabe, die man ihm und Macro zugewiesen hatte, wären sie beinahe ums Leben gekommen. Der Legat deutete seine Miene vollkommen richtig.
»Oh, es ist nicht so etwas wie letztes Mal. Nichts Gefährliches. Oder zumindest wahrscheinlich nichts Gefährliches. «
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