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Cato 05 - Beute des Adlers

Cato 05 - Beute des Adlers

Titel: Cato 05 - Beute des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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und marschierte eilig in die kühle Nachtluft hinaus. Schnell atmete er tief ein. Zwei Schreiber arbeiteten an Klapptischen neben dem Zelteingang. Einer füllte eine Lampe mit Öl, damit sie Licht hatten, sobald der letzte Sonnenstrahl hinter dem Horizont im Westen verschwunden war. Macro ging auf die Zelte seiner Centurie zu. Im Zwielicht begegnete ihm eine Gestalt: Optio Cordus. Der Optio salutierte. Nach ein paar Schritten warf Macro einen Blick über die Schulter. Cordus betrat das Zelt des Kohortenkommandanten.
    »Merkwürdig«, murmelte Macro.
    Was hatte Maximius denn mit Cordus zu besprechen? Vertraute er Macro nicht genug, um seinem Bericht über die Patrouille Glauben zu schenken?
    Dann ging Macro ein Licht auf, und er lächelte bitter. Natürlich vertraute er ihm nicht. Macro war nicht auf Patrouille geschickt worden, um die Männer auszuhorchen. Stattdessen hatte Cordus ihn aushorchen sollen – was bedeutete, dass Maximius ihn als den Verräter verdächtigte. Intrigen über Intrigen. Macro seufzte. Offensichtlich hatte Maximius während seiner Jahre bei den Prätorianern zu viel Zeit in der Nähe des Kaiserpalastes und seiner ständigen Ränkespiele verbracht. Nun, wenn er überall eine Verschwörung witterte, dann sollte er doch. Es war nur zu Macros Vorteil: Je mehr Verdächtige, desto besser. Mit diesem schwachen Trost kehrte er zu seinem Zelt zurück, nahm zur Kenntnis, dass sein Optio nichts zu berichten hatte, zog sich aus, ließ sich aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
    Am nächsten Morgen ließen die Bewohner des Dorfes den römischen Besatzern eine eindeutige Botschaft zukommen. Als sich der Morgennebel verzog, waren deutlich sechs Gestelle zu erkennen, die nicht weit vom Lager aufgebaut worden waren. An jedes Gestell war ein Mann gebunden – mit ausgestreckten Gliedmaßen und in den zerrissenen Fetzen seiner Armeetunika. Jeder Mann war sorgfältig geknebelt, daher hatten die römischen Nachtwachen ihre Todesschreie nicht hören können. Sie waren ausgeweidet: Haut und Muskeln waren zur Seite geschoben, sodass das rote, glänzende Fleisch und die Knochen der Brusthöhle zu sehen waren. Die grauen und purpurfarbenen Eingeweide, die vor ihre Füße gefallen waren, schimmerten matt. Außerdem waren die Männer kastriert worden. Ihre Gemächte hatte man ihnen an einem Lederriemen um den Hals gehängt.
    Neben den Gestellen wartete ein Reiter. Er blieb reglos stehen, als im Lager der Alarm ertönte. Schon bald drängten sich voll bewaffnete Soldaten auf der Palisade über dem Schutzwall. Der Reiter wartete weiter ab, bis mehrere rote Helmbüschel zwischen den glänzenden Bronze- und Eisenhelmen auftauchten.
    Dann gab er seinem Pferd einen leisen Befehl. Es trabte näher, damit die Römer seine Worte hören konnten.
    »Römer! Römer! Dies ist eine Warnung meines Königs Caratacus.« In einer dramatischen Geste breitete er den Arm nach den Leichen aus. »Das soll euch als Beispiel dienen, was mit jedem eurer Landsleute geschieht, der in unsere Hände fällt, wenn ihr es wagt, den Bewohnern dieses Tals oder denen der Sümpfe weiteres Leid anzutun.« Der Bote hielt inne und fuhr mit vor Verachtung triefender Stimme fort. »Mein König fragt sich, was das wohl für Männer sind, die gegen Frauen und Kinder Krieg führen. Wenn sich auch wahre Krieger unter euch befinden, dann tretet vor und kämpft Mann gegen Mann mit uns. Wir sind es leid, auf euch zu warten. Wir haben gehört, dass die Soldaten der Zweiten Legion die besten in General Plautius ’ Armee sein sollen. Beweist es, oder bedeckt euer Haupt in Schande angesichts der Verachtung und des Mitleids stärkerer Männer!«
    Der Reiter wendete sein Pferd und trabte scheinbar unbesorgt vom Lager weg. Er sah sich nicht einmal um. Die Offiziere der Dritten Kohorte sahen ihm vom Torhaus aus hinterher, bis er in einem Wäldchen am Rande des Sumpfes verschwand.
    Mit einem schiefen Lächeln bewunderte Macro die Gemütsruhe des Boten. »Das nenne ich mal Stil.«
    Centurio Felix schnaubte verächtlich. »Stil? Lasst mich runter, dann werd ’ ich diesem Hurensohn den richtigen Stil beibringen.«
    »Ach wirklich?«, sagte Tullius. »Du willst also ganz allein vorstürmen und den Eingeborenen eine Lektion erteilen?«
    »Da hast du verdammt recht!« Felix wandte sich an den Kohortenkommandanten. »Herr, lass mich mit meiner Centurie die Verfolgung aufnehmen. Dem ziehe ich die Haut ab, und zwar schön langsam.« Er deutete auf die sechs Leichen vor dem Lager.

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