Cato 05 - Beute des Adlers
inzwischen an die Gegenwart des anderen gewöhnt.
»Findest du das etwa komisch?«, fragte Maximius leise.
»Nein, Herr. Eigentlich nicht.«
»Verstehe … « Der Kohortenkommandant kniff die Augen zusammen. »Eigentlich hätte ich gedacht, dass von allen meinen Offizieren gerade du mir die Treue hältst. Aber jetzt weiß ich, dass ich dich falsch eingeschätzt habe. Ich frage mich, wie weit dein Verrat wirklich reicht.«
»Herr, ich bin kein Verräter. Ich halte mich treu an den Schwur, den ich jedes Jahr leiste, seit ich bei den Adlern bin.«
Maximius beugte sich vor. »Und gehört nicht auch zu diesem Schwur, den Befehlen eines Vorgesetzten Folge zu leisten?«
»Ja, Herr«, antwortete Macro gleichmütig. »Doch ich stelle deine Befähigung, diese Kohorte zu führen, infrage.«
Maximius holte tief Luft, bevor er zu einer Antwort ansetzte. »Du wagst es also, meine Befehlsgewalt anzuzweifeln?«
»So ist es. Und wenn die anderen Centurionen noch bei Verstand sind und den Mut hätten, auf ihren Bauch zu hören, würden sie dasselbe sagen.«
»Ruhe!«, schrie Maximius und schlug Macro mit der Faust ins Gesicht. Es war ein schneller, harter Schlag. Macro sah Sterne und taumelte nach hinten. Nur langsam gewann er sein Sehvermögen zurück und schmeckte Blut in seinem Mund. Er hob die Hand und berührte seine aufgeplatzte Lippe. Blut tropfte von seinem Kinn. Er stand wieder stramm und starrte den Kohortenkommandanten an.
»Centurio Macro wird bis auf Weiteres sein Zelt nicht verlassen.« Maximius sah sich unter den Männern, die sich eng zusammengedrängt hatten, um diese außergewöhnliche Auseinandersetzung nicht zu verpassen, nach einem bestimmten Gesicht um. »Optio Cordus! Tritt vor! Ab sofort bist du stellvertretender Befehlshaber von Macros Centurie.«
»Ja, Herr!« Cordus grinste.
»Du wirst meine Befehle bezüglich der Dorfbewohner befolgen. Und zwar aufs Genaueste, verstanden?«
»Ja, Herr.«
»Du wirst kein Erbarmen zeigen – und auch nicht die fehlende Tatkraft deines Vorgängers.«
»Nein, Herr.« Cordus warf Macro einen selbstzufriedenen Blick zu.
»Dann bring Macro zu seinem Zelt und stell eine Wache davor auf. Er darf mit niemandem sprechen. Los!«
Cordus drehte sich zu Macro um, der mit verächtlichem Blick mit den Schultern zuckte, sich von seinem Kommandanten abwandte und die Rampe hinuntermarschierte, die ins Lager führte.
KAPITEL 34
D ie Männer, die er vorhin hat abführen lassen, sind tot«, sagte Cato, sobald ihn die Krieger wieder im Pferch festgekettet hatten.
Figulus nickte. »Hab ich mir schon gedacht. Wo haben sie dich hingebracht, Herr?«
»Zu diesem Bauernhof. Dem Hof, dem unser Freund Metellus einen Besuch abgestattet hat. Caratacus wollte, dass ich die Leichen mit eigenen Augen sehe.«
»Warum?«
Cato zuckte mit den Achseln. »Er glaubt, dass die Dritte Kohorte für das Massaker verantwortlich ist. Da wollte ich ihm nicht die Wahrheit erzählen.«
»Das will ich auch schwer hoffen.«
Cato lächelte kurz. »Wie dem auch sei, ich hatte jedenfalls die Hoffnung, ich könnte ihm das alles ausreden. Aber ich glaube, die Aussicht auf Frieden ist dahin. Jetzt wird er uns bis zum Ende bekämpfen – egal, wie viele von seinen oder unseren Leuten dabei draufgehen.«
»Hast du wirklich gedacht, dass er aufgibt?«, fragte Figulus.
»Zumindest gehofft.«
Figulus schüttelte traurig den Kopf. »Dann kennst du die Kelten aber schlecht, Herr. Das Kämpfen liegt ihnen im Blut, verstehst du?« Er lächelte. »Vielleicht auch in meinem Blut. Mein Großvater war ein Krieger aus dem Stamm der Haeduer, der sich kurz vor meiner Geburt zum letzten Mal gegen Rom auflehnte. Obwohl der Stamm besiegt wurde, gab er niemals auf. Zusammen mit den anderen Kriegern, die die letzte Schlacht überlebt hatten, versteckte er sich in den Wäldern. Sie setzten den Kampf fort, bis sie zu alt waren, um ein Schwert zu führen. Dann sind sie einfach vor Hunger gestorben. Ich erinnere mich, dass ich als Kind beim Jagen ab und zu auf ihre Leichen gestoßen bin. Irgendwann ist mein Großvater krank und ausgezehrt in unser Dorf gekrochen. Meine Mutter hat ihn kaum noch wiedererkannt. Und da habe ich ihn zum ersten Mal gesehen. Bald darauf ist er gestorben. Doch seine letzten Worte … mit seinem letzten Atemzug verwünschte er Rom und seine Legionen. Und Caratacus ist aus demselben Holz geschnitzt. Er hätte sich niemals ergeben, Herr.«
»Neulich war er aber verdammt nahe dran.«
»Mach dir nichts vor,
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