Cato 05 - Beute des Adlers
erobert hat, könnte in gewissen Ohren wie Verrat klingen.« Narcissus ließ den Dolch sinken, schob sich ein tropfendes Birnenstück in den Mund und grinste. »Nur ein kleiner Hinweis, wenn ihr euren nächsten Bericht verfasst. Nichts für ungut. Bitte fahr fort, mein lieber General Plautius.«
Plautius nickte knapp und wandte sich wieder der Karte zu. »Vespasian, du bleibst hier im Süden. Deine erste Aufgabe ist die Befriedung des südwestlichen Gebiets, und zwar so schnell wie möglich. Spür die Überreste von Caratacus ’ Armee auf und vernichte sie. Du wirst versuchen, Caratacus nach Möglichkeit lebend gefangen zu nehmen. Er soll verschont werden.«
»Verschont, Herr? Aber ich dachte, wir sollten ihn ein für alle Mal außer Gefecht setzen?«
»So wird es auch geschehen. Der kaiserliche Sekretär will ihn in Ketten nach Rom bringen. Ein Mitbringsel für Kaiser Claudius als schöne Erinnerung an seinen brillanten Feldzug, der zur Eroberung und Unterwerfung der Briten führte.«
»Jetzt übertreib’s mal nicht, General«, sagte Narcissus leise.
Plautius tat so, als hätte er die Bemerkung überhört, und fuhr fort. »Laut unseren Spähtruppen umfasst der Sumpf ein gewaltiges Gebiet, das bis zur Sabrina reicht. Die Landschaft ist mit einer Vielzahl von Straßen durchzogen, an denen verstreut kleinere Siedlungen liegen. Dazwischen befinden sich große Wasserflächen und kleinere Flüsschen, die allerdings nur mit Flößen befahren werden können. Es heißt, dass sich Caratacus ’ befestigtes Lager irgendwo in der Tiefebene befindet, aber noch wollte uns keiner der Gefangenen die genaue Position verraten. Zugegebenermaßen keine leichte Aufgabe, aber die Überlebenden müssen um jeden Preis gefunden und vernichtet werden. Vespasian, wenn dort tatsächlich ein Lager ist, dann wirst du es schleifen. Und wenn uns Caratacus dabei lebend in die Hände fällt – umso besser.« Plautius lächelte. »Und wenn nicht, müssen wir uns eben ein anderes Mitbringsel für den Kaiser ausdenken.«
»Das will ich euch auch geraten haben«, fügte Narcissus hinzu.
Vespasian betrachtete die Karte. Die Tiefebene hatte gewaltige Ausmaße. Auf der Karte waren nicht mehr als ihre Grenzen und ein oder zwei Einzelheiten verzeichnet, die man von Eingeborenen oder Händlern erfahren hatte. Der einzige etwas detailliertere Abschnitt war ein Tal, das neben dem Sumpf an einem Fluss lag, der dahinter in Marschland und Mooren verschwand. Irgendjemand hatte zögerlich einige Straßen verzeichnet. Als Vespasian mit dem Finger darüberfuhr, verwischten die Linien. Sie waren nur mit Kreide aufgetragen. Der General bemerkte die Schmierer und sah den Legaten verärgert an.
»Sobald wir die Karte auf den neuesten Stand gebracht haben, werde ich euch eine Kopie zukommen lassen. Viele Feinde sind nicht mehr übrig, Legat. Es sollte nicht allzu schwierig sein, sie aufzuspüren und zu eliminieren. Der Untergang von Caratacus und seiner Armee wird auch das Ende des Widerstands im Süden sein.«
Der General sah freudestrahlend auf. »So weit, so gut. Noch Fragen? Nein? Großartig. Ihr werdet in Kürze eure schriftlichen Befehle erhalten. Bereitet alles für den Abmarsch übermorgen vor.«
Sabinus sah zweifelnd drein. »Herr, nur ein Tag Vorbereitungszeit?«
»So ist es. Wir haben dieses Jahr schon viel zu viel Zeit verschwendet und müssen uns jetzt sputen, wenn wir sie wieder einholen wollen. Falls ihr keine Fragen mehr habt, dann kehrt jetzt zu euren Legionen zurück und seht zu, dass sich die Männer an die Arbeit machen.«
Die Offiziere verließen das Zelt. Vespasian wartete einen Augenblick ab, um seinen Vorgesetzten sprechen zu können. »Herr, ich habe die Offiziere der Dritten Kohorte befragt und ihre Aussagen aufgenommen. Hier sind sie.« Er deutete auf die Korbtasche in der Ecke des Zeltes.
»Sehr gut. Ich lasse sofort den Hauptschreiber holen, damit er die Verhandlung vorbereiten kann. Wenn wir uns beeilen, ist die Sache in ein paar Tagen erledigt.«
»Nein«, unterbrach Narcissus. »Jetzt sofort.«
General Plautius fuhr zu dem freigelassenen Sklaven herum. Vespasian sah, wie er vor Wut die Zähne zusammenbiss. »Verzeih, Narcissus, aber seit wann hast du denn bei den Disziplinerungsmaßnahmen meiner Legionen mitzureden?«
»Den Legionen des Kaisers, wolltest du wohl sagen.«
»Natürlich.«
Narcissus lächelte. »Es tut mir leid, dass ich in dieser Angelegenheit zur Eile drängen muss. Aber ich werde mit dem Morgengrauen
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