Cato 08 - Centurio
gestorben.« Julia schwieg einen Moment und lächelte
dann verlegen. »Wie dumm von mir! Ich langweile dich mit meiner Familiengeschichte zu Tode, wo du dich eigentlich ausruhen müsstest.«
»Nein, das ist ganz in Ordnung«, erwiderte Cato. »Ich meine, ich bin nicht gelangweilt. Ehrlich. Du bist sehr … offen.«
»Indiskret, wolltest du sagen.«
Cato schüttelte den Kopf. »Nein. Offen … und ehrlich. Es ist nur so, dass ich nicht daran gewöhnt bin. Soldaten sind mit ihren Gefühlen normalerweise nicht sehr freimütig. Das ist also eine angenehme Abwechslung.«
»Oh, normalerweise bin ich auch nicht so direkt. Aber jetzt?« Julia zuckte mit den Schultern. »Das Leben wird möglicherweise etwas kürzer, als ich erwartet hatte. Da ergibt es keinen rechten Sinn, aus meinem Herzen eine Mördergrube zu machen. Die Aussicht auf den Tod kann recht befreiend sein.«
»Ah, dem kann ich zustimmen.« Cato lachte leise in Erinnerung an die wilde Erregung der Schlacht, die mit schrecklicher Angst gemischt war. Widersinnigerweise hatte er sich nie lebendiger gefühlt als in solchen Momenten. Eine traurige Wahrheit, wie er sich selbst eingestand. Es hatte eine Zeit gegeben, da war sein größtes Vergnügen der Erwerb von Wissen gewesen. Seit er Soldat geworden war, hatte er eine Seite seiner Natur entdeckt, die ihm völlig unbekannt war. Aber vielleicht war das ja das Geschenk des Soldatentums – der Erwerb von Wissen über sich selbst. Vor fünf Jahren war er ein schüchterner junger Mann voller Selbstzweifel gewesen. Alles war ihm unmöglich erschienen. Jetzt wusste er, wozu er fähig war, im Guten wie im Schlechten. Er hatte immer wieder einen
Mut und ein Durchhaltevermögen bewiesen, die er früher gar nicht für möglich gehalten hätte.
Cato merkte, dass er eine Weile geschwiegen hatte und dass Julia ihn von der Seite ansah.
»Manchmal wünschte ich, ich wäre als Mann geboren«, sagte sie ruhig. »So viele Erfahrungen bleiben einer Frau vorenthalten. So viele Möglichkeiten. Aber seit dem Ausbruch des Aufstands habe ich meine Meinung vielleicht doch geändert. Ich war im Hospital mit so vielen zerschundenen Leibern konfrontiert. Das Soldatenhandwerk ist ein brutales Geschäft.«
»Das stimmt«, räumte Cato ein. »Aber das ist nur ein Teil unserer Aufgabe. Wir leben nicht, um zu töten.«
»Wenn du nur gesehen hättest, was hier an dem Tag los war, als der Aufstand ausbrach.« Julia schloss einen Moment lang schaudernd die Augen. »Das Töten hörte gar nicht mehr auf. Soldaten töteten Soldaten und dann Frauen und Kinder. Es war ein Gemetzel. Ich habe noch nie etwas so Barbarisches gesehen.«
»Mag sein.« Cato rieb sich die Wange. »Aber die Sache ist die, dass dieser Barbar in jedem von uns steckt. Es braucht nur die richtige Art von Provokation oder die richtige Gelegenheit, und der Barbar kommt heraus.«
Sie sah ihn genau an. »Glaubst du das wirklich?«
»Ich weiß es.«
»Und du glaubst, du hast das Zeug dazu, den Barbaren zu spielen?«
»Es ist kein Spiel. Nicht für mich. Für keinen Mann. Nicht einmal für dich, Julia. Unter den entsprechenden Umständen.«
Sie sah ihn einen Moment lang an, bevor sie von der
Brustwehr zurücktrat. »Es war nett, einmal mit jemandem über etwas anderes als seine Verletzungen zu reden. Aber ich muss dich ausruhen lassen. Ich danke dir für deine Freundlichkeit. Ich will dir deine Zeit nicht länger stehlen.«
Ihr Tonfall war fest, und Cato fühlte sich nicht selbstbewusst genug, um ihr zu widersprechen. Außerdem war er zu müde, um klar zu denken, und er wollte nicht riskieren, irgendetwas Dummes zu dieser Frau zu sagen, die er unbedingt besser kennenlernen wollte.
»Wir könnten uns an einem anderen Abend weiter unterhalten«, schlug er vor.
»Das wäre schön. Ich würde mich freuen.«
Sie sahen beide über die Agora auf die Stelle, wo die Aufständischen letzte Hand an den Rammbock legten.
»Werden sie die Zitadelle einnehmen?«, fragte Julia leise.
»Das kann ich nicht sagen«, antwortete Cato müde.
»Das kannst du nicht sagen? Oder das willst du nicht sagen?«
»Ich würde dich über unsere Chancen nicht belügen, Julia. Aber ich weiß es einfach nicht. Es hängt von so vielen Faktoren ab.«
Sie wandte sich ihm zu und legte sich die Hand auf die Brust. »Vergiss einmal die Einzelheiten. Sag es mir aus dem Herzen. Hast du das Gefühl, dass wir das hier überstehen werden?«
Cato sah ihr in die Augen und nickte langsam. »Wir werden da durchkommen.
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