Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)
ihres Kinds die Brüste operieren lassen und sei gar nicht zufrieden. Es seien viel zu große Brüste, die viel zu hoch und zu künstlich stehen. Sie versuche, die Brüste zu verstecken, irgendwie näher an den Körper zu ziehen.
Marlene ist verzweifelt und reist sofort nach Zürich. Es kommt eine bildschöne Frau, die sich für die Lektion sehr sexy anzieht. Fit und selbstbeherrscht schafft es Marlene tatsächlich, die Schultern (Oberarmkugeln) nicht hochzuziehen, sondern nur die Schlüsselbeine kurz zu machen, das Brustbein heftig nach unten, Richtung Nabel, zu ziehen und so den Busen aus der Blicklinie zu bringen. Das schafft einen enormen Zug an den Hals- und Schädelmuskeln. Marlene hat den steifsten Brustkorb, den ich je in die Hände bekommen habe. Gleichsam aus Stahl. Schlüsselbeine und Brustbein sind arg verkürzt und bilden Knubbel. Die obersten Rippen sind praktisch zusammengewachsen.
Ich streichle die Knochen aus, versuche, die Muskeln im Brustkorb (die sternförmig angelegten Thoraxmuskeln), zwischen den Rippen, an den Schultern zu streicheln und zu dehnen. Es reagiert auch alles ganz wunderbar. Marlene steht vor dem Spiegel und findet, die Brüste schwämmen wie zwei Inseln vor ihr her. Sie fühle sich zwar viel besser, die Kopfschmerzen seien weg, doch könne sie nicht sagen, ob ihr die Optik oder die Schmerzfreiheit wichtiger sei.
Sie rief mich später an, um mir mitzuteilen, dass sie sich für die Optik entschieden habe und sowohl das Training für die Haltung als auch gegen die frühe Faltenbildung im Gesicht einstelle. Da spritze sie lieber weiterhin Botox.
Die Ehrlichkeit gefällt mir. Keine Ausreden, keine Ausflüchte. Einfach nur die Entscheidung, wie sie von außen gesehen werde, sei wichtiger als das Gefühl von innen – die Catpower eben.
Plastische Chirurgie schafft keine Ausstrahlung
Nun ist es völlig müßig, hier meine Meinung zum herrschenden Schönheitsideal und Pseudojugendwahn zu äußern. Der Vormarsch der plastisch-chirurgischen Industrie, pardon, Chirurgie ist nicht aufzuhalten. Gleichzeitig werden laufend Alternativen ohne Risiken und Nebenwirkungen entwickelt, zum Beispiel Ultraschall, Softlaser, immer raffiniertere Peelings, galvanischer Strom. Es gibt Kinesiologie für die Schönheit und Akupunktur, maschinelle und manuelle Massagen, die medizinische Kosmetik macht gigantische Fortschritte. Mal sehen, welche Richtung gewinnt. Im Moment liegt die Gunst des Geldes bei der Chirurgie, sie ist teuer und profitabel, hat Mittel für Werbung und Marketing. Vielleicht gibt’s demnächst nur noch zwei Modelle des Typs »reife Frau«: die superdünne blonde Langhaarige mit der dicken Lippe und die kurvenreiche brünette Langhaarige mit den aufgerissenen Augen, und dann langweilen wir uns, sehnen uns nach Gesichtern mit Ausdruck und gehen nicht mehr zum Schönheitschirurgen. Vielleicht macht die Mode morphisch wieder einen guten Zug und findet Gesichter und Körper mit Charakter wieder schön.
Ausstrahlung kann nicht durch Operationen erworben werden. Auch nicht durch Nervengift. Ausstrahlung kann auch nicht aufgespritzt werden. Ausstrahlung haben Menschen, die mit sich im Reinen sind. Die sich in ihrer Einmaligkeit lieben und annehmen. Die das Wunder ihres Körpers wertschätzen und achtsam damit umgehen.
Der Umkehrschluss stimmt auch. Ein Mensch, der Charakter, Ausstrahlung hat, wird dies durch ein paar kosmetische Kniffe auch nicht verlieren. Ich habe eine Freundin, die hat tausend kleine Sachen an sich machen lassen und strahlt unendlich viel Lebenslust und Catpower aus. Weil sie nie etwas gemacht hat, das ihre Mimik lähmt, ihren Ausdruck zerstört, ihre Bewegungslust schmälert. Weil sie die kleinen Kniffe nie anstatt unternahm, sondern immer in Kombination mit der Körperarbeit für Geschmeidigkeit, Kraft, Leichtigkeit.
Kraft, Ausdauer und Geschmeidigkeit machen die Catpower aus
Die Catpower ist in uns allen vorhanden, sie steckt in jeder lebendigen Zelle, will gelebt werden. Und trotzdem ist die Umstellung von Schwer(kraft)fälligkeit auf Leichtigkeit für die meisten Menschen schwierig. Für manche unendlich schwierig. Das klingt paradox, zuweilen finde ich es auch paradox. Wir halten mit den eigenen Händen Mauern hoch und rufen nach Freiheit. Dann komme ich und sage: »Lass die Mauern doch einfach los, dann bist du frei...«
Es ist schwierig, Glaubenssätze im Unterbewusstsein aufzuspüren, auf ihre Tauglichkeit zu prüfen und, so sie uns am guten Leben
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