Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)
»Faceforming«, die Haltung sei das A und O und entscheidend über den Erfolg. Indes sind sehr viele Menschen überzeugt, dass ihre Haltung über alle Zweifel erhaben ist. Sie nehmen das schiefe Körperhaus, in dem sie wohnen, nicht wahr, sehen den runden Rücken nicht im Spiegel, realisieren nicht, dass die vermeintliche Beinlängendifferenz nur ein Beckenschiefstand ist, dass ihr Doppelkinn vom eingesunkenen Brustkorb herrührt. 15 Lebt ein Mensch jenseits jeder Eitelkeit und vor allem ganz ohne Beschwerden, so ist das auch egal, na ja, ich kenne niemanden, der nicht spätestens mit 60, 65 die Folgen seiner Fehlhaltungen zu spüren bekommt.
Will jemand bewusst eine Veränderung an sich vornehmen, egal, ob es um das Training der Sehkraft oder die Auflösung von Spannungskopfschmerzen oder eben das Glätten oder Verhindern von Falten geht, so ist die Wahrnehmung dessen, was ist, entscheidend. Ich bin diesen Missverstehenden sehr dankbar, denn die Missverständnisse trieben mich an, die Methode, die ich damals für perfekt hielt, weiterzuentwickeln, einfacher, sicherer zu gestalten.
Heute fügt sich Faceforming nahtlos in die Körpermethode ein. Der Kopf wird, genau wie die Wirbelsäule, nach dem Prinzip von Zug und Gegenzug aufgespannt. Dann werden durch präzise Vernetzungen, durch »Vorstellungsatmung« die Muskeln im Kopfinnern verbunden, sodass der Kopf auf dem Hals schweben kann. Das Keilbein (Os sphenoidale) hält die Mitte, an ihm hängen die beiden Kopfhälften, es erfüllt alle Aufgaben eines Gelenks, vergleichbar dem Kreuzbein, das den beiden Beckenhälften ihre Beweglichkeit erlaubt. Durch die bewusst vernetzte Muskulatur lassen sich alle Gelenke am Kopf – bei 22 Schädelknochen ist das eine Menge – bewegen. Die Kopfgelenke auf dem Atlas lassen sich vorwärts und rückwärts und seitlich und auf und ab mobilisieren. Die Kiefergelenke reagieren extrem erfreut, wenn sie Achterbewegungen nach hinten oben machen dürfen. Ich kann im Schädelinnern durch die Kopfgelenke Achterbahn fahren, und wenn ich mein Nasenbein mobilisiere, ist das von außen sichtbar.
Botox glättet die Haut – und lähmt die Mimik
»Jeden Monat, so scheint es, erscheint ein neues Buch oder Programm, welches Gesichtstraining gegen Falten empfiehlt. Aber die Behauptung, dass eine Kräftigung der Gesichtsmuskulatur die herunterhängende Haut und die Falten glätten, ist barer Unsinn«, schreibt ein anonymer Autor im Frühsommer 2008 in »Wellness-Report intern« 16 . Am Schluss des Texts wird, wie könnte es anders sein, Botox angepriesen: Nur die Lähmung von Muskeln könne die Faltenbildung in der Haut verhindern. Botox kann das, gar kein Zweifel. Und gelangt wahrscheinlich via Nerven auch ins Gehirn, jedenfalls schlagen Forscher Alarm, weil Versuche an Ratten den Wirkstoff schnell und in hohen Konzentrationen im Gehirn der Tiere nachweisbar machten.
Der Autor oder die Autorin des zitierten Artikels macht den Vergleich zu Menschen, die unter halbseitigen Lähmungen leiden. Die gelähmte Seite sei glatter als die nicht gelähmte. Abgesehen davon, dass ich den Vergleich zynisch finde: Ein Muskel, der jahrelang absichtlich gelähmt wird, lernt mit den Jahren nur das Hängen. Botoxgelähmte Muskeln lernen auf Dauer nichts. Sie erschlaffen. Wer nach jahrelanger absichtlicher Muskellähmung mit den Botoxbehandlungen aufhören will, kann sein faltenreiches Wunder erleben: Es ist nun nicht nur die Haut erschlafft, sondern auch der Muskel darunter. Meist bleibt nur der Gang zum Schönheitschirurgen.
In dem Artikel wird weiter behauptet, es liege an der Vielzahl der kleinen Muskeln im Gesicht, dass sie nicht gestrafft werden können. Dieses ist nun der bare Unsinn, denn es ist genau umgekehrt: Weil die Muskeln so klein sind, ist die Vernetzung und Straffung besonders einfach. Wenn ein Gesäß durch Muskeltraining gestrafft, ein Bauch mit seinen großflächigen Muskeln durch gezieltes Training gespannt werden kann, so funktioniert das Prinzip erst recht im Gesicht. Weil die Muskeln klein sind, kurze Wege machen, eng vernetzt sind mit der Umgebung. Die Schwierigkeit ist eine ganz andere: Die Mimikmuskeln hängen zum Teil nur aneinander, sind nicht, wie die Skelettmuskeln am übrigen Körper, direkt an Knochen angemacht.
Auch das haben wir uns unterwegs vom Fisch zum Menschen absichtlich antrainiert, damit wir unsere Gefühle klar zeigen, unmissverständlich ausdrücken können. Angst reißt Augen und Mund auf, Ekel zieht alles
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