Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)
zusammen, Wut holt die Augen aus den Höhlen und verkneift den Mund, Freude zaubert ein Lächeln in Gesicht und Augen, Trauer zieht alles nach unten, Überraschung alles nach oben. Das war während Jahrmillionen die menschliche Sprache, die Kommunikation zwischen Freund und Feind, das war die Sprache vor der Sprache. Eine deutsche Forschergruppe fand heraus, dass Botulinumtoxin mit der emotionalen Mimik auch die entsprechende Hirnaktivität in der Amygdala (Mandelkern), die für Gefühle zuständig ist, abschwächte. 17
Diese kleinen und kleinsten Mimikmuskeln sind am Jochbein, an der Augenhöhle, an den Schläfen, an der Stirn angemacht und vernetzt mit dem, was ich »Rahmenmuskulatur« nenne: mit den Muskeln, die das Ohr am Kopf halten, die Stirn mit dem Schädel verbinden. Hängen diese Rahmenmuskeln, hängen auch die Mimikmuskeln. Ziehen die Rahmenmuskeln straff nach hinten oben, so ziehen sie die Mimikmuskeln mit. Einfach. Logisch. Anatomisch.
Bei meiner Methode werden die Muskeln nicht durch Grimassenschneiden aufgeplustert, sondern sie werden bewusst vernetzt und am Schädel aufgespannt. Mit diesem Gesicht können Sie lachen, und wenn Sie aufhören zu lachen, glätten sich die Falten wieder. Sie können sich ärgern, und wenn Sie fertig sind mit dem Ärger, glätten sich die Zornesfalten wieder. Sie können Ihre Trauer zeigen und danach zum neutralen Gesichtsausdruck zurückkehren. Sie können sich freuen, Überraschung zeigen, Staunen ausdrücken, Sie können die Nase kräuseln, den Mund spitzen, mit den Augen zwinkern. All das, was uns an Mimik als Menschen und soziale Wesen auszeichnet, können Sie »ungestraft« mit Ihrem Gesicht machen – so, wie es in der Kindheit war. Kinder zeigen Emotionen im Schnelldurchlauf, und dann ziehen sich die Muskeln und mit ihnen die Gesichtshaut wieder »neutral straff«.
Um keine falschen Vorstellungen zu wecken: Ich habe kein Babygesicht. Ich habe ein reifes Frauengesicht, das um Jahre jünger scheint als der Rest an mir, weil es eben so einfach ist, die Gesichtshaut durch Straffung der darunterliegenden Muskulatur glatt zu ziehen. Ich wünschte mir, das Prinzip ließe sich auch auf Beine, Gesäß, Bauch und Arme übertragen. Da habe ich den gelifteten Frauen nichts voraus, auch deren Gesicht wirkt jünger als der übrige Körper.
Noch einmal: Schönheitsoperationen oder Catpower. Beides zusammen geht nicht
Meine Meinung zu Schönheitsoperationen kennen Sie ja schon: Alles, was symmetrisch geschnitten wird, greift in die Ordnung des Körperbauplans ein. Wird der Körperbauplan auf diese Art gestört, oder, genauer gesagt, zerstört, so nimmt die Selbstwahrnehmung Schaden. Dieser Schaden lässt sich nur mit enormer Disziplin, mit furchtloser Selbstbeobachtung wieder einigermaßen beheben.
Ich rate Frauen und Männern, die sich Faceliftings oder regelmäßigen Botox-»Kuren« über Jahre unterzogen haben, ehrlich pessimistisch von Privatlektionen mit meinem CAN-TIENICA ® – Faceforming ab. Nicht, weil ich diese Menschen weniger liebe als andere, nicht, weil ich moralische Einwände hätte, nicht, weil ich mir ein Urteil anmaße, nein, aus dem einfachen Grund, dass nichts ankommt. Geliftete Menschen verschwenden bei mir ihr Geld – und meine Zeit. Ausgenommen sind alle unfallchirurgischen Eingriffe, alle nichtsymmetrischen Kiefer- und Nasenoperationen, Korrekturen der Augenlider oder abstehender Ohren und Ähnliches. Wer sich skalpieren, Haut und Muskel ablösen, unter Umständen Muskeln neu zusammennähen lässt, hat im besten Fall zwar von außen eine glattere Haut, von innen steckt sie, steckt er indes nicht mehr ganz in ihrer, seiner Haut. Die Selbstwahrnehmung ist gestört, und meine Methode lebt nun mal von diesem Sich-selbst-Spüren in allen Feinheiten.
Ich staune immer wieder, wie sehr alles mit allem zusammenhängt. Eine Frau klagte, dass in Abständen von ungefähr sechs Monaten ihr Beckenboden quasi über Nacht erschlaffe, das Training seine Wirkung verliere und sie ungefähr zwei Monate lang schwer inkontinent sei und Windeln tragen müsse. Sie ließ sich alle sechs Monate die Lippen aufspritzen, und mit dem neu erblühten Schmollmund kam der Blasenregen.
Frau H. kam zu mir, weil sie sich von ihrem Dauerlächeln befreien wollte. Sie hatte sich bei einem großen Lifting den Mundwinkelheber kürzen lassen und litt nun unter ständigem Grinsen. Sie konnte keine Trauer mehr zeigen, konnte ihrem Mitgefühl mit Menschen in Not nicht mehr Ausdruck
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