Cedars Hollow (German Edition)
sanfter, doch schneidend kalter Stimme.
Ich zuckte zusammen, entfloh dem Glühen seiner Augen und blickte auf das Messer in seiner Hand, das er meinem Dad an die Kehle hielt. Wo war bloß Raphael? Corvus hatte mir doch verspr o chen, dass er aufpassen und mich vor Dave beschützen würde, sola n ge Corvus fort war.
„Lass ihn los.“ Meine Stimme war dünn und zerbrechlich wie sprödes Glas.
„Hazel, geh“, würgte mein Vater hervor. Seine Augen waren vor Entsetzen geweitet.
Ich schüttelte den Kopf, unfähig, etwas zu sagen.
Als Dad erneut sprach, klang seine Stimme ein wenig kräft i ger. „Ich würde es nicht ertragen, auch noch dich zu verlieren.“
Ich presste die Lippen aufeinander, während der übermächtige Kloß in meiner Kehle mir Tränen in die Augen zwang.
„Ich kann nicht, Dad“, flüsterte ich.
Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet diese schreckliche S i tuation etwas in mir rührte. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte ich mich ihm wieder nah.
„Wie rührend.“ Dave lächelte kalt und fixierte abwechselnd meinen Dad und mich. Das Messer blitzte in seiner Hand.
„Bitte, Dave“, wisperte ich. „Lass ihn gehen. Ich – ich dachte, wir wären Freunde.“ Es war die letzte Karte, die ich ausspielen konnte.
„Das dachte ich auch, Hazel“, sagte er mit einem Anflug von Ironie in der Stimme. „Aber du wolltest nicht mein Freund sein. Du wolltest nicht freiwillig zu mir kommen, also werde ich dich jetzt dazu zwi n gen. Meine Geduld ist am Ende. Du g e hörst mir, nicht Corvus.“ Er fletschte die Zähne, und in seinem Gesicht lag nichts als abgrundti e fer Hass.
„Wieso tust du das?“
Dave lachte. Es war ein schallender Laut, der die Stille durc h schnitt wie ein Messer. „Hast du es noch nicht begriffen, Hazel? Hat Corvus dir nichts davon erzählt? Ich sagte dir doch, dass er versuchen würde, dich zu täuschen.“
„Was meinst du?“ Mir wurde noch kälter.
„Er hat dir etwas verschwiegen, Hazel“, sagte Dave. „Etwas über mich und ihn. Kennst du den Grund, warum seine lächerliche Gru p pe von Vampiren mich verstoßen hat?“
„Er sagte, du hättest dich nicht an die Regeln gehalten und Me n schen getötet.“
Dave lächelte, so dass ich seine weißen, scharfen Zähne sehen konnte, die in seinem dunkelroten Zahnfleisch saßen. „Wie diskret von ihm. Und mehr hat er dir nicht erzählt?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich will dein Blut, Hazel“, sagte Dave. „Ich frage mich, ob es g e nauso gut schmecken wird wie das deiner Mutter.“
Bilder, Stimmen, Erinnerungen schossen mit rasender Geschwi n digkeit durch mein Gedächtnis, Kälte breitete sich in mir aus, meine Augen konnten nichts mehr sehen.
„Ah, du hast begriffen“, sagte Dave. Seine Mundwinkel h o ben sich langsam zu dem grässlichsten Lächeln, das ich jemals gesehen hatte.
Verzweiflung. Zorn. Hass.
Die Verwirrung meiner Gefühle war zu viel, um sie zu ertr a gen. Ich wollte nicht wissen, wollte nicht sehen, was all meine Sinne mit sa g ten. Die Welt war zusammengebrochen, zerbarst in einem Strudel aus Schmerz, aber die Zeit lief weiter, unmö g lich, an ihr zu zerren oder zu drehen.
Und ich wollte Dave mit eigenen Händen umbringen für das, was er meiner Mom angetan hatte.
„Du hast sie getötet“, flüsterte ich, mein Gesicht nass vor Tränen. „Du hast sie getötet.“
Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, als könnte ich d a durch verhindern, dass ich auseinanderbrach. In meinen Ohren rauschte es, und ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte, und ganz egal, was ich tun würde, he u te würde ich sterben. Ich würde mich für meinen Dad aufopfern und für Corvus. Das musste irgendeinen Wert haben.
„Sie war hinreißend“, sagte Dave – Svarog. Der Dave, den ich g e kannt hatte, war verschwunden, und zurückgeblieben war dieser Fremde, den ich hasste.
„Hör auf damit.“ Meine Stimme war immer noch kaum mehr als ein Flüstern, aber nun lag Abscheu darin.
„Womit?“ Dave lachte erneut. „Glaubst du, du kannst mir Befehle erteilen? Du, ein schwaches, wertloses Menschenmä d chen?“
Ich zitterte am ganzen Körper. Ich konnte den Blick meines Vaters auf mir sp ü ren, ungläubig und gleichzeitig gelähmt vor Schock wegen der Dinge, die Dave gesagt hatte. Und entsetzt von meinem Verha l ten, das wusste ich. Ich hatte mich mit dem Mörder me i ner Mom ang e freundet. Ich war schuldig.
„Wieso hast du mich nicht sofort
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