Cedars Hollow (German Edition)
verbringen, aber ich konnte ihn schließlich davon überzeugen, dass es nicht klug war, meinen Dad so lange alle i ne zu lassen. Damon stimmte mir nur widerwillig und auch nur unter der Bedingung zu, dass er unser Haus im Auge würde behalten dü r fen. Ich willigte seufzend ein.
Ich sah Corvus den ganzen Rest der Woche nicht wieder und machte mir fast ununterbrochen Sorgen um ihn. Meine U n ruhe ste i gerte sich von Tag zu Tag. Ich hatte es Damon, der weiterhin jeden Tag mit mir zur Schule ging, um mich im Auge behalten zu können, zu verda n ken, dass me i ne Geduld mich nicht verließ.
„Entspann dich“, sagte er ständig und klopfte mir dabei stets freundschaftlich auf den Rücken. Ununterbrochen bemühte er sich, mich aufzuheitern, was ihm auch meistens gelang. Er erzählte mir Witze und lachte dabei so laut, dass die ganze Cafeteria sich nach uns umdrehte. „Kennst du den schon?“
Adam hatte angefangen, sich jedes Mal, wenn wir uns in der Schule über den Weg liefen, über mich lustig zu machen. Ich ignorierte seine Versuche, witzig zu sein, während Damon und Joanne immer häuf i ger versuchten, mich dazu zu bewegen, ihm endlich mal eins ausz u wischen.
Ich hatte wieder Albträume. Am Anfang war es nur einer pro Nacht, dann wurden sie häufiger. Damon und Joanne erzählte ich nichts davon.
Am Wochenende lag ich krank im Bett. Ich hatte sehr realist i sche Fieberträume, die zu begreifen mir unmöglich war. Oft konnte ich nicht schlafen, weil ich mich davor fürchtete. Ich fragte mich, ob meine Krankheit die Reaktion auf Corvus’ A b wesenheit war. Oder auf den ständigen Stress.
Ich hielt es nicht mehr aus, von Corvus getrennt zu sein. Ich war im Grunde sehr egoistisch. Inzwischen hätte ich alles für ihn getan.
„Hazel, wach auf!“
Ich zuckte zusammen und riss die Augen auf. Ich lag in meinem Bett und zitterte am ganzen Leib. Ich musste wohl nach langer Zeit ohne Ruhe vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Eine frostige Hand lag auf meiner Stirn, und neben meinem Bett schälte sich Corvus’ Gesicht aus der Schwärze.
Mein Herzschlag setzte für einen Augenblick aus. Langsam verflog das Gefühl des Schocks, und mir wurde warm. Ob ich nun träumte oder nicht, er war da. Ich war in Sicherheit, und zum ersten Mal seit Tagen fühlte ich mich wieder vollständig.
„Keine Sorge“, sagte er mit leiser, aber eindringlicher Stimme. „Ich bin’s nur.“
Nur. Es gab wohl kein weniger treffendes Wort, das seine Anw e senheit hätte beschreiben können.
„Wie geht’s dir?“
„Gut. Seit eben.“ Meine Stimme klang rau und schlaftrunken; ich setzte mich im Bett auf. „Wo warst du?“ Ein kleiner Anflug von So r ge schlich sich in meine Stimme, doch ich unterdrückte ihn, so gut ich konnte.
„Entschuldige, dass ich mich erst jetzt wieder blicken lasse.“ Er l ä chelte grimmig. „Ich hatte Durst.“
„Ich weiß. Damon hat mir davon erzählt.“
Er fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar und seufzte. „Ich habe viel zu lange gewartet. Ich war leichtsinnig, mein Durst wurde wieder übermächtig. Ich habe versucht, ihn zu unterdrücken, zu bekämpfen. Ich habe mich so stark gefühlt wie schon lange nicht mehr und dachte, dass ich es diesmal schaffen würde. Aber ich bin nicht stark. Gegen dieses Verla n gen komme ich nicht an.“
„Aber warum hast du so lange gewartet?“
„Ich wollte dich nicht alleine lassen.“ Seine Augen glänzten, als er mich zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs wieder ansah.
„Das hättest du nicht tun sollen.“
„Ach ja?“ Er schien aus einem unerfindlichen Grund zu lächeln, und dann spürte ich seine Lippen auf meinem Hals.
Ich konnte nicht mehr atmen, konnte nicht mehr denken. Sein Mund war kälter als der Schnee draußen, aber trotzdem wurde mir immer wärmer.
„Ich verspreche dir, nicht mehr so leichtsinnig zu sein“, flü s terte er, ehe er seine Lippen erneut über meine Kehle wandern ließ.
Da es mir nicht möglich war, einen ordentlichen Satz zu formuli e ren, kamen nur murmelnde Geräusche aus meinem Mund. Es war fast schon unfair, wie enorm die Macht war, die er über mich hatte. Selbst, wenn ich in diesem Moment herausgefunden hätte, dass Dave die ganze Zeit über die Wahrheit gesagt hatte, hätte ich Corvus we i terhin um mich haben wollen. Ich konnte immer noch kaum glauben, dass ausgerechnet ich diejenige sein sollte, die ihm etwas bedeutete.
„Du bist einzigartig“, flüsterte er, als hätte er erraten, was in mir
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