Celaenas Geschichte 02 - Throne of Glass
Nein, das hier war etwas, das von Generation zu Generation weitervererbt werden musste. Falls sie je Kinder haben sollte, was höchst unwahrscheinlich war.
»Zur Erinnerung woran?« Sie schloss den Deckel und steckte das Kästchen in die Innentasche ihrer weißen Tunika.
Der Händler lächelte traurig. »Dass alles seinen Preis hat.«
Ein längst vergangener Schmerz zuckte durch Celaenas Gesicht. »Ich weiß«, sagte sie und ging davon.
Am Ende kaufte sie die Schuhe, auch wenn sie kaum an dem Fliederparfüm vorbeikam, das bei ihrem zweiten Besuch am Stand der Lani-Priesterinnen sogar noch verlockender duftete. Als die Stadtglocken drei Uhr läuteten, saß sie bereits auf dem Brunnenrand und mampfte etwas, was als Bohnenmus angeboten und in einer warmen Brottasche serviert wurde.
Ansel kam eine Viertelstunde zu spät. Statt sich zu entschuldigen, packte sie sie nur am Arm und führte sie durch die immer noch vollen Straßen. Ihr sommersprossiges Gesicht glänzte vor Schweiß.
»Was ist denn los?«, fragte Celaena. »Was ist bei deinem Treffen passiert?«
»Das geht dich nichts an«, antwortete Ansel ein wenig scharf. »Folg mir einfach.«
Irgendwann erreichten sie den Palast des Lords von Xandria, und als sie über die Mauer kletterten und über das Gelände schlichen, hütete sich Celaena, Fragen zu stellen. Sie bewegten sich nicht auf das hoch aufragende Hauptgebäude, sondern auf die Stallungen zu, und nachdem sie einen Bogen um die Wachen gemacht hatten, schlüpften sie in das streng riechende Halbdunkel hinein.
»Hoffentlich gibt es für das hier einen triftigen Grund«, flüsterte Celaena warnend, als Ansel sich auf die Pferde zubewegte.
»Oh, den gibt es«, zischte sie zurück. Sie war vor einer Box stehen geblieben und winkte Celaena heran.
Als diese neben ihr stand, sagte sie mürrisch: »Das ist ein Pferd.« Doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, wusste sie, dass das so nicht stimmte.
»Das ist ein Asterionpferd«, flüsterte Ansel voller Bewunderung.
Das Tier war pechschwarz und hatte dunkle Augen, mit denen es Celaena durchdringend ansah. Natürlich hatte sie schon von Asterionpferden gehört, der ältesten Pferderasse in Erilea. Der Legende nach hatten die Fae sie aus den vier Winden geformt – mit Tatkraftaus dem Norden, Ausdauer aus dem Süden, Schnelligkeit aus dem Osten und Weisheit aus dem Westen, alles vereint in dem wunderschönen Geschöpf mit dem schmalen Kopf und dem hohen Schweif, das da vor ihr stand.
»Hast du schon mal etwas so Vollkommenes gesehen?«, fragte Ansel leise. »Ihr Name ist Hisli.« Celaena fiel ein, dass man sich beim Stammbaum eines Asterionpferdes an der weiblichen Linie orientierte; Stuten waren also wertvoller. »Und die hier«, sprach Ansel weiter und deutete auf die nächste Box, »heißt Kasida – das bedeutet im Wüstendialekt ›Windtrinkerin‹.«
Kasidas Name passte. Die schlanke Stute hatte eine gischtweiße Mähne und ihr gewitterwolkengraues Fell war mit dunkleren Stellen durchsetzt. Schnaubend und mit den Vorderbeinen stampfend, sah sie Celaena mit Augen an, die älter als die Erde selbst zu sein schienen. Plötzlich verstand Celaena, warum die Asterionpferde ihr Gewicht in Gold wert waren.
»Lord Berick hat sie heute bekommen. Er hat sie von einem Händler gekauft, der nach Banjali unterwegs ist.« Ansel schlüpfte in Hislis Box, sprach sanft auf sie ein und streichelte ihr übers Maul. »Er will sie in einer halben Stunde probereiten.« Das erklärte, warum beide Tiere bereits gesattelt waren.
»Und?«, flüsterte Celaena und streckte die Hand aus, damit Kasida daran schnuppern konnte. Die Nüstern der Stute blähten sich, ihre samtige Nase kitzelte an Celaenas Fingerspitzen.
»Und dann gibt er sie entweder als Bestechungsgeschenk weg oder verliert bald das Interesse an ihnen und lässt sie hier für den Rest ihres Lebens verschmachten. Lord Berick neigt dazu, seine Spielzeuge ziemlich schnell wegzuwerfen.«
»Was für eine Verschwendung.«
»Kann man wohl sagen«, murmelte Ansel aus Hislis Box. Celaena zog die Hand von Kasidas Maul zurück und spähte nach ihr. WährendAnsel immer noch voller Bewunderung über Hislis schwarze Flanke strich, wandte sie sich plötzlich Celaena zu. »Bist du eine gute Reiterin?«
»Na klar«, antwortete Celaena langsam.
»Schön.«
Celaena konnte gerade noch ihren alarmierten Aufschrei ersticken, als Ansel Hisli aus der Box führte, sich schnell und geschmeidig in den Sattel schwang und beide Zügel
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