Celaenas Geschichte 02 - Throne of Glass
mit einer Hand gepackt hielt. »Du musst nämlich reiten, als wäre der Teufel hinter dir her.«
Mit diesen Worten galoppierte Ansel auch schon direkt aufs Stalltor zu.
Ohne Zeit, sich weiter wundern oder überlegen zu können, was sie tun sollte, öffnete Celaena Kasidas Box, zerrte die Stute heraus und saß auf. Leise fluchend stieß sie ihr die Hacken in die Flanken und ritt los.
6
W as los war, begriffen die Wachen erst, als die Pferde längst als schwarz-graue Schemen an ihnen vorbeigebraust waren, und noch bevor ihre Alarmrufe verhallten, hatten die Mädchen das Haupttor des Palasts passiert. Ansels rotes Haar leuchtete wie ein Signalfeuer, während sie auf ein kleineres Stadttor zugaloppierte, sodass die Fußgänger zur Seite springen mussten.
Celaena warf nur einmal einen Blick zurück in die überfüllten Straßen – und das genügte, um die drei berittenen Wachen zu sehen, die laut schreiend hinter ihnen herstürmten.
Doch schon im nächsten Moment waren die Mädchen durch das Stadttor hindurch und galoppierten in das rote Dünenmeer hinein, das sich dahinter ausbreitete. Ansel ritt, als wären ihr sämtliche Höllenbewohner auf den Fersen. Celaena folgte ihr notgedrungen, darauf konzentriert, im Sattel zu bleiben.
Kasidas Hufe dröhnten wie Donner und ihre Beine glichen Blitzen. Die Stute flog so schnell dahin, dass Celaenas Augen im Wind tränten. Die drei Wachen auf ihren gewöhnlichen Pferden waren zwar noch weit weg, aber nicht weit genug, um Entwarnung zu geben. Celaena blieb nichts anderes übrig, als Ansel in die unermessliche Weite der Red Desert zu folgen.
Sie klammerte sich an Kasidas Mähne, während sie Düne umDüne nahmen, auf und ab, auf und ab, bis da nichts anderes mehr war als der rote Sand und der wolkenlose Himmel und das Stampfen der Hufe, die sie durch die Welt trugen.
Irgendwann drosselte Ansel ihr Tempo, sodass Celaena aufholen konnte, und sie galoppierten nebeneinander auf dem breiten, flachen Rücken einer Düne entlang.
»Hast du den Verstand verloren, verdammt noch mal?«, rief Celaena.
»Ich will nicht zu Fuß nach Hause gehen! Wir nehmen eine Abkürzung!«, rief Ansel zurück. Die drei Wachen hinter ihnen hatten die Verfolgung immer noch nicht aufgegeben.
Während Celaena erwog, Hisli mit Kasida zu rammen, um Ansel in den Sand zu befördern – und den Wachen zu überlassen –, rief das Mädchen mit einer ausholenden Armbewegung über Hislis dunklen Kopf: »Genieß das Leben, Sardothien!«
Da teilten sich plötzlich die Dünen und gaben den Blick auf den türkis schimmernden Golf von Oro frei. Als Celaena die kühle Seeluft auf ihrem Gesicht spürte, stürzte sie sich förmlich hinein und stöhnte vor Vergnügen.
Ansel stieß einen Freudenschrei aus, raste die letzte Düne hinunter und steuerte direkt auf den Strand mit den heranrollenden Wellen zu. Celaena musste lächeln und tat es ihr nach.
Als Kasida den festen roten Ufersand mit ihren Hufen berührte, galoppierte sie schneller und schneller und der Wind zerrte an Celaenas Kleidern und riss ihr einzelne Strähnen aus dem Zopf. Plötzlich ging ihr auf, wie großartig das war, was sie gerade erlebte. Von allen Mädchen auf der ganzen Welt befand ausgerechnet sie sich an einem Strand in der Red Desert, saß auf einem Asterionpferd und flog schneller dahin als der Wind. Die meisten würden nie eine Chance dazu bekommen – nicht einmal sie selbst würde so etwas je wieder erleben. Und in dieser einen Sekunde, in der nichts anderesmehr zählte, war sie so von Glück erfüllt, dass sie den Kopf zurückwarf und aus vollem Hals lachte.
Als die Wachen den Strand erreichten, wurden ihre wilden Schreie von der dröhnenden Brandung fast verschluckt.
Ansel drehte ab, bewegte sich auf die Dünen und die mächtige Felswand zu, die sich direkt dahinter erhob. Das musste der Desert Cleaver sein – das wusste Celaena, weil sie in den letzten Wochen die Landkarte studiert hatte: ein gigantisches, direkt aus der Erde emporragendes Felsmassiv, das sich von der Ostküste über Hunderte von Kilometern bis zu den Black Dunes im Süden erstreckte und exakt in der Mitte von einem breiten Canyon gespalten wurde. Die Festung lag auf der anderen Seite des Cleaver und ihr Herweg hatte sich so unerträglich in die Länge gezogen, weil sie einen riesigen Bogen darum hatten machen müssen. Heute hingegen …
»Schneller, Kasida«, flüsterte Celaena ihrer Stute ins Ohr. Die schien sie zu verstehen, denn bald hatten sie Ansel eingeholt
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