Celaenas Geschichte 03 - Throne of Glass
gingen, bis die geplante Überflutung vorbei war … Regenwasser lief ihr in Mund, Augen, Nase. Sie schlug gegen das Metall, betete, dass jemand sie trotz des rauschenden Regens hören konnte, dass jemand die schlammigen, blutigen Finger entdeckte, die aus einem ganz gewöhnlichen Gullydeckelragten. Das Abwasser schwappte gegen ihre Stiefel. Sie streckte die Finger durch die Gullylöcher und begann zu schreien.
Sie schrie, bis ihre Lunge brannte, schrie um Hilfe, um jemanden aufmerksam zu machen. Und dann …
»Celaena?«
Jemand hatte gerufen. Es klang nah und Celaena schluchzte, als sie Sams Stimme erkannte, fast übertönt vom Regen und dem gurgelnden Abwasser unter ihr. Er hatte gesagt, er würde nach seinem Wachdienst bei Lysandras Generalprobe vorbeikommen – er musste auf dem Weg zu oder von Donevals Haus sein. Celaena bewegte die Finger im Gullyloch und trommelte mit der anderen Hand gegen den Deckel. »HIER! Unter dem Gully!«
Sie hörte polternde Schritte und dann … »Heilige Götter.« Über dem Gullydeckel schob sich Sams Gesicht in ihr Blickfeld. »Ich suche seit zwanzig Minuten nach dir«, sagte er. »Halt aus.« Seine schwieligen Finger griffen durch die Löcher. Sie beobachtete, wie sie vor Anstrengung weiß wurden, sah sein Gesicht rot anlaufen, aber … Er fluchte.
Das Abwasser hatte ihre Waden erreicht. »Hol mich hier raus, und zwar schnell.«
»Du musst mithelfen«, flüsterte er. Und während er zog, stemmte sie sich von unten gegen den Deckel. Er rührte sich nicht. Sie versuchten es wieder und wieder. Das Abwasser erreichte Celaenas Knie. Zu ihrem großen Glück war der Gully weit genug von Donevals Haus entfernt, dass die Wachen sie nicht hören konnten.
»Kletter so hoch du kannst«, bellte Sam. Das hatte sie längst getan, sagte jedoch nichts. Sie sah ein Messer aufblitzen und hörte eine Klinge am Gullydeckel kratzen. Sam versuchte, das Metall zu lockern, indem er die Klinge als Hebel benutzte. »Drück von unten dagegen.«
Sie drückte. Schwarzes Wasser schwappte an ihre Oberschenkel.
Die Klinge brach ab.
Sam fluchte lautstark und begann wieder, am Deckel zu reißen. »Komm schon«, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu Celaena. » Komm schon .«
Das Abwasser reichte ihr jetzt bis zur Hüfte und kurz darauf bis zur Brust. Durch den Gully fiel weiterhin Regen herein und machte sie blind. »Sam«, sagte sie.
»Ich versuch’s ja!«
»Sam«, sagte sie noch einmal.
»Nein«, fauchte er, als er ihren Ton hörte. » Nein .«
Dann begann er, um Hilfe zu rufen. Celaena presste das Gesicht an eines der Gullylöcher. Es würde keine Hilfe kommen – oder nicht schnell genug.
Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie sie wohl sterben würde, aber zu ertrinken, fühlte sich irgendwie passend an. Diesem Tod war sie vor neun Jahren an einem Fluss in ihrer Heimat Terrasen schon einmal knapp entgangen – und jetzt schien die Abmachung, die sie in jener Nacht mit den Göttern getroffen hatte, sie endlich einzuholen. Früher oder später würde das Wasser sie auf die eine oder andere Weise bekommen.
»Bitte«, bettelte Sam, während er auf den Deckel hämmerte und daran zerrte, dann ein anderes Messer unter den Rand zu schieben versuchte. »Bitte nicht.«
Sie wusste, dass er nicht mit ihr redete.
Das Wasser erreichte ihren Hals.
» Bitte «, jammerte Sam und berührte jetzt ihre Finger. Sie würde noch ein letztes Mal Luft holen können. Noch ein letztes Mal etwas sagen können.
»Bring meinen Leichnam nach Hause nach Terrasen, Sam«, flüsterte sie, bevor sie unterging.
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A tme!« , brüllte jemand und zugleich wurde ihre Brust zusammengedrückt. »Atme!«
Plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und aus ihrem Mund schoss ein Schwall Wasser. Sie erbrach auf das Kopfsteinpflaster und hustete so heftig, dass sich ihr ganzer Körper krümmte.
»Oh Götter«, stöhnte Sam. Durch ihre feuchten Augen entdeckte Celaena, dass er mit hängendem Kopf neben ihr kniete, die Hände auf die Knie gestützt. Hinter ihm wechselten zwei Frauen halb erleichterte, halb verwirrte Blicke. Eine von ihnen hielt eine Brechstange in der Hand. Neben ihr lag der Gullydeckel und um sie herum sprudelte Wasser aus dem Gully.
Sie übergab sich erneut.
Celaena badete dreimal hintereinander und aß nur etwas, um es anschließend absichtlich wieder zu erbrechen und so ihr Inneres von jeder Spur der Ekelbrühe zu reinigen, die sie geschluckt hatte. Ihre aufgerissenen, schmerzenden Hände tauchte
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