Celaenas Geschichte 03 - Throne of Glass
sie irgendwie wegwischen. »Es tut mir leid«, sagte er. Und sie wusste, dass es ehrlich gemeint war.
»Mir auch«, murmelte sie und rutschte zur Seite; plötzlich war ihr bewusst, wie wenig ihr Nachthemd bedeckte. Als ginge es Sam genauso, zog er die Hand von ihrem Hals zurück und räusperte sich. »Tja«, fügte sie hinzu, »dann ist unser Auftrag jetzt wohl ein bisschen komplizierter geworden.«
»Ach ja? Und wieso?«
Sie schüttelte die Röte ab, die seine Berührung ihr ins Gesicht getrieben hatte, und antwortete mit einem langsamen, bösen Lächeln. Philip hatte keine Ahnung, wen er heute ins Jenseits hatte befördern wollen oder welche Qualen ihn erwarteten. Niemand versuchte, Adarlans Assassinin in einem Abwasserkanal zu ertränken und kam ungestraft davon. Nicht in tausend Leben. »Weil«, antwortete sie, »meine Liste von Leuten, die ich töten muss, gerade um eine Person länger geworden ist.«
9
C elaena schlief bis Mittag, nahm die zwei Bäder, die sie sich vorgenommen hatte, und ging dann in Arobynns Arbeitszimmer. Als sie die Tür öffnete, hielt er gerade nachdenklich eine Tasse Tee zwischen den Händen.
»Ich bin überrascht, dich außerhalb der Badewanne zu sehen«, sagte er.
Während sie Sam die Geschichte über ihren Monat in der Red Desert erzählt hatte, war ihr wieder eingefallen, warum sie es diesen Sommer gar nicht hatte erwarten können, wieder nach Hause zu kommen, und was sie vorzuweisen hatte. Nun gab es keinen Grund mehr, auf Zehenspitzen um Arobynn herumzuschleichen – nicht nach dem, was er getan hatte und was sie hatte ertragen müssen. Also lächelte sie den König der Assassinen bloß an, während sie die Tür für die Diener draußen offen hielt. Sie trugen eine schwere Truhe herein. Dann noch eine. Und noch eine.
»Darf man fragen, was das werden soll?« Arobynn massierte sich die Schläfen.
Die Diener eilten hinaus und Celaena schloss die Tür hinter ihnen. Ohne ein Wort klappte sie die Truhen auf. Gold glänzte in der Mittagssonne.
Als sie sich Arobynn zuwandte, klammerte sie sich an die Erinnerung,wie es sich angefühlt hatte, nach der Party auf dem Dach ihrer Wohnung zu sitzen. Arobynns Miene war undurchdringlich.
»Ich denke, damit sind meine Schulden beglichen«, erklärte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Und noch einiges mehr.«
Arobynn blieb sitzen.
Sie schluckte, ihr war plötzlich schlecht. Warum hatte sie das für eine gute Idee gehalten?
»Ich würde gern weiter mit dir arbeiten«, fügte sie vorsichtig hinzu. Er hatte sie schon einmal so angesehen – in der Nacht, als er sie verprügelt hatte. »Aber jetzt gehöre ich dir nicht mehr.«
Arobynns silbergraue Augen wanderten kurz zu den Truhen, dann wieder zu ihr. In den Sekunden des Schweigens, die eine gefühlte Ewigkeit dauerten, stand sie reglos da und ließ sich von ihm mustern. Dann lächelte er ein wenig bedauernd. »Du nimmst mir bestimmt nicht übel, dass ich gehofft hatte, dieser Tag würde nie kommen.«
Celaena fiel ein Stein vom Herzen. »Ich meine es ernst: Ich möchte weiter mit dir arbeiten.«
In dem Moment wusste sie, dass sie ihm nichts von der Wohnung sagen durfte und dass sie ausziehen wollte – nicht jetzt. Kleine Schritte. Heute die Schulden. In ein paar Wochen konnte sie vielleicht erwähnen, dass sie woanders wohnen würde. Vielleicht würde er nicht mal etwas dagegen haben, dass sie ein eigenes Zuhause wollte.
»Und ich werde immer sehr gern mit dir arbeiten«, sagte er, blieb aber sitzen und nippte an seinem Tee. »Darf ich fragen, wo dieses Geld herkommt?«
Celaena wurde sich der Narbe an ihrem Hals bewusst, als sie antwortete: »Vom Stummen Meister. Als Bezahlung, dass ich ihm das Leben gerettet habe.«
Arobynn griff nach der Morgenzeitung. »Da darf man dir ja gratulieren.«Er sah sie über die Zeitung hinweg an. »Jetzt bist du eine freie Frau.«
Sie verkniff sich ein Lächeln. Vielleicht war sie nicht in jeder Hinsicht frei, aber zumindest würde er ihre Schulden nicht mehr als Druckmittel benutzen können. Das genügte fürs Erste.
»Viel Glück mit Doneval morgen Abend«, fügte er hinzu. »Lass mich wissen, wenn du Hilfe brauchst.«
»Solange du sie mir nicht in Rechnung stellst.« Nun lächelte sie doch.
Er blieb ernst und ließ die Zeitung sinken. »Das würde ich bei dir nie tun.« Etwas wie Kränkung flackerte in seinen Augen.
Celaena kämpfte gegen das plötzliche Bedürfnis an, sich zu entschuldigen, und verließ das Arbeitszimmer ohne ein
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