Celinas Tochter
seiner Jacke.
Er musterte sie von oben bis unten. »Erwarten Sie jemanden?«
Alex verschränkte ihre Arme, eine Geste, die zeigen sollte, wie verärgert sie war. »Wenn das ein Höflichkeitsbesuch ist...«
»Ist es nicht.« Er zog sich die Handschuhe mit den Zähnen aus, dann schlug er seinen Cowboyhut auf den Schenkel, um den Schnee loszuwerden, und strich sich mit der Hand durchs Haar.
Er warf die Handschuhe auf seine Hutkrempe, legte ihn auf den Tisch und lieà sich in einen Stuhl plumpsen. Nach einem kurzen Blick auf ihr Abendessen bià er ein Stück aus einem unberührten Hühnerbein und fragte kauend: »Sie mögen unser Brathähnchen nicht?«
Er lümmelte sich in dem Stuhl, als hätte er vor, die ganze Nacht dort zu verbringen. Alex blieb stehen. Sie fühlte sich lächerlich entblöÃt in ihrem Bademantel, obwohl er sie von Kopf bis Fuà einhüllte. Und ihr Handtuchturban förderte auch nicht gerade ihr Selbstvertrauen.
Sie versuchte ihre Unsicherheit zu überspielen: »Nein, ich mag das Brathähnchen nicht, aber es war bequem. Ich wollte nicht zum Essen ausgehen.«
»Kluge Entscheidung in einer solchen Nacht. Die StraÃen werden immer heimtückischer.«
»Das hätten Sie mir auch telefonisch durchgeben können.«
Er ignorierte das, beugte sich zur Seite und sah an ihr vorbei zum Bildschirm, wo sich ein nacktes Paar gerade im Bett vergnügte. Die Kamera ging jetzt näher ran, zeigte, wie die Lippen des Mannes die Brust der Frau liebkosten.
»Kein Wunder, daà Sie so sauer sind über die Störung.«
Sie schlug mit der Handfläche auf den Schalter. Der Bildschirm wurde schwarz. »Ich hab nicht ferngesehen.«
Als sie sich zu ihm umwandte, hob er lächelnd den Blick. »Ãffnen Sie jedem Mann, der an die Tür klopft?«
»Ich hab meine Tür erst aufgemacht, als Sie anfingen zu fluchen.«
»Und mehr muà ein Mann nicht machen, nur obszön daherreden?«
»Sie sind der hochrangigste Polizeioffizier in diesem Bezirk. Wenn ich Ihnen nicht vertrauen kann, wem dann?« Insgeheim dachte sie, daà sie einem Gebrauchtwagenhändler im grünen Polyesteranzug mehr vertrauen würde als Reede Lambert. »Und war es wirklich nötig, das umzuschnallen für diesen Besuch?«
Er folgte ihrem Blick zu dem Halfter, das knapp unter seinem Gürtel hing, streckte seine Beine aus und verschränkte sie. Dann legte er seine Fingerspitzen aneinander und fixierte sie. »Man weià nie, wann man den braucht.«
»Ist er immer geladen?«
Er zögerte, und sein Blick wanderte langsam zu ihren Brüsten. »Immer.«
Sie sprachen längst nicht mehr über die Pistole in seinem Halfter, und die Richtung, die das Gespräch nahm, machte sie sichtlich nervös. Sie trat unruhig von einem nackten Fuà auf den anderen und leckte sich die Lippen, wobei ihr klarwurde, daà sie längst abgeschminkt war. Irgendwie fühlte sie sich dadurch noch verletzlicher, und sein regloser, grübelnder Blick tat ein übriges. »Was wollen Sie heute abend hier? Konnte das nicht warten bis morgen früh?«
»Ein Drang.«
»Ein Drang?« wiederholte sie mit heiserer Stimme.
Er stand langsam auf, ging auf sie zu und blieb nur Zentimeter von ihr entfernt stehen. Seine rauhe Hand glitt in die Ãffnung ihres Mantels und legte sich um ihren Nacken. »Ja, ein Drang«, flüsterte er. »Ein Drang, Sie zu erwürgen.«
Alex entfernte seine Hand mit einem wütenden Schnauben und wich zurück. Er wehrte sich nicht. »Richter Wallace hat mich heute abend angerufen und mir von dem Gerichtsbeschluà erzählt, um den Sie ihn gebeten haben.«
Ihr rasender Puls verlangsamte sich, und sie stieà einen leisen Fluch aus. »Ist denn in dieser Stadt nichts geheim?«
»Nicht sehr viel, nein.«
»Ich fürchte, ich könnte nicht mal niesen, ohne daà mir jeder innerhalb der Stadtgrenze ein Taschentuch anbietet.«
»Ja, Sie stehen im Rampenlicht. Was erwarten Sie denn, wenn Sie hier rumrennen und eine Leiche ausgraben wollen?«
»Bei Ihnen hört sich das an wie eine bizarre Laune.«
»Und, ist es das nicht?«
»Glauben Sie, ich würde die Ruhe meiner Mutter stören, wenn ich nicht annähme, daà es ein wichtiger Schritt zur Lösung des Mordes an ihr ist?« fragte sie wütend. »GroÃer Gott, können Sie
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