Celinas Tochter
ihr niemand folgte. Sie kam sich zwar bei diesem Katz- und Mausspiel etwas lächerlich vor, aber war zu allem bereit, um diesen angeblichen Augenzeugen des Mordes an ihrer Mutter zu sprechen. Wenn sich bei diesem Treffen herausstellte, daà es nur ein Typ war, der sich seinen Spaà am Telefon machte, dann wäre das der Höhepunkt eines grauenvollen Tages.
Es war der längste Ritt in der Geschichte der Menschheit gewesen, den sie mit Reede zurück zur Trainingsbahn gemacht hatte, wo ihr Wagen parkte. »Einen schönen Tag noch«, hatte er ihr spöttisch zugerufen, nachdem sie aus dem Sattel gerutscht war.
»Fahren Sie zur Hölle«, war ihre wütende Antwort gewesen. Sie hörte, wie er beim Antraben vor sich hinkicherte.
»Arroganter Wichser«, flüsterte sie, als sie jetzt aus dem Wagen stieg und auf den Pick-up zuging. Sie konnte den Fahrer hinter dem Steuerrad sitzen sehen und fragte sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn er Reede als Mörder ihrer Mutter identifizierte. Eine sehr beunruhigende Aussicht.
Sie ging um die Haube des Pick-ups herum, ihre Schritte
knirschten laut im lockeren Kies. Die Derrick Lounge verschwendete kein Geld für AuÃenbeleuchtung, also war es hier an der Seite des Gebäudes sehr dunkel. Kein anderes Fahrzeug parkte in der Nähe.
Für einen Augenblick bekam Alex Angst, als sie die Hand nach der Tür ausstreckte. Sie verdrängte sie mit Gewalt, stieg in den Wagen und zog die Tür hinter sich zu.
Ihr Augenzeuge war ein häÃlicher kleiner Mann. Er hatte scharfe Backenknochen wie ein Indianer, und das Gesicht war von Pockennarben übersät. Er war ungepflegt und stank, als ob er nur selten duschen würde. Er war mager, verrunzelt und grauhaarig.
Und er war tot.
17
Als ihr klarwurde, warum er einfach dahockte und sie mit leeren, dümmlichen Augen und etwas überraschtem Gesicht anstarrte, versuchte Alex zu schreien, brachte aber keinen Ton heraus. Ihr Mund war wie aus Watte. Sie griff hinter sich, wollte die Tür öffnen, aber die wehrte sich hartnäckig.
Sie zerrte verzweifelt am Griff, dann warf sie sich mit der Schulter dagegen. Die Tür schwang so plötzlich auf, daà sie fast herausgefallen wäre. Sie hatte es so eilig, von dieser Leichengestalt wegzukommen, daà sich ihre Schuhspitze im Kies verfing und sie stolperte, sie fiel hart auf die Knie.
Sie schrie vor Schmerz und Angst, rappelte sich hoch und rannte los, in die Dunkelheit. Mit einem Mal blendeten sie ein Paar Scheinwerfer, und eine laute Hupe lieà sie zur Salzsäule erstarren.
Schützend hielt sie sich die Hand vor Augen und sah im gleiÃenden Licht die Silhouette eines Mannes auf sich zukommen. Bevor sie einen Mucks herausbringen konnte, sagte er: »Sie sind ganz schön unterwegs, was?«
»Reede!« rief sie, halb erleichtert, halb entsetzt.
»Was, zum Teufel, haben Sie hier zu suchen?«
Er klang nicht sehr mitfühlend, und das machte sie zornig. »Dieselbe Frage könnte ich Ihnen stellen. Dieser Mann«, sagte sie und zeigte mit zittrigem Finger auf den Pick-up, »ist tot.«
»Ja, ich weiÃ.«
»Sie wissen es?«
»Das ist, äh, das war Pasty Hickam. Ein Stallknecht, der früher für Angus gearbeitet hat.« Er spähte durch die von Insekten übersäte Windschutzscheibe und schüttelte den Kopf. »Eine schöne Bescherung.«
« Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«
Er drehte sich zu ihr. »Nein, ich könnte auch sagen, daà der einzige Grund, warum ich Sie nicht wegen Mordverdachts verhafte, der ist, daÃ, wer immer mir telefonisch den Tip gegeben hat, daà Pasty mit durchschnittener Kehle in seinem Pick-up sitzt, nicht das Weib bei ihm erwähnt hat.«
»Jemand hat Sie angerufen?«
»Genau. Irgendeine Ahnung wer?«
»Ich nehme an, wer das auch war, hat gewuÃt, daà ich hier mit ihm verabredet war«, schrie sie. Dann lieà ein anderer Gedanke sie erstarren. »Wie sind Sie so schnell hergekommen, Reede?«
»Sie glauben, ich hab ihn abgefangen und ihm das Messer in die Kehle gerammt?« Er klang wirklich fassungslos.
»Möglich wärâs.«
Ohne sie aus den Augen zu lassen, rief er nach einem seiner Deputies. Erst jetzt merkte Alex, daà er nicht allein war. Plötzlich hörte sie das Heulen einer nahenden Sirene und wurde sich der neugierigen Gäste bewuÃt, die aus der Bartür
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