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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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neuen Wachstum drängte, irgendeiner grotesken Form der Vollendung entgegenstrebte und nur darauf wartete, dass die Hand der Herrin nachgab. Vielleicht hatten die Götter aus Istas Fehler gelernt, und aus dy Lutez’ wankendem Mut? Womöglich wollten sie dafür sorgen, dass ihr Maultier diesmal nicht auf halbem Weg flüchten würde wie dy Lutez …?
    Es sei denn, in den Tod. Diese Tür stand immer offen. Was erwartete ihn auf der anderen Seite? Die Hölle des Bastards? Geisterhafte Auflösung? Frieden?
    Bah!
    Auf der anderen Seite des Tempelplatzes, im Haus der Tochter, erwartete ihn ein schönes, weiches Bett!
    Dass seine Gedanken sich auf derart fiebrigen Bahnen bewegten, war ein sicheres Zeichen dafür, dass er sich hineinlegen sollte. Das war ohnehin kein Gebet; es war nur ein Hadern mit den Göttern.
    Beten, vermutete er, während er sich emporstemmte und der Tür zuwandte, hieß, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Auch so kam man voran.
     

 
23
     
     
    I
    m letzten Augenblick, nachdem man sich in allen grundsätzlichen Dingen geeinigt und Verträge in mehreren Ausfertigungen in zierlicher Kanzleischrift aufgesetzt hatte, die von sämtlichen Parteien und deren Zeugen unterzeichnet worden waren, brachten Fragen der Umsetzung beinahe alles wieder zum Einsturz. Der Fuchs scheute davor zurück, seinen Sohn mit so geringen Garantien für die persönliche Sicherheit nach Chalion zu schicken – nicht ohne Grund, wie Cazaril einräumen musste. Doch in seinem kriegsmüden Königreich fehlten dem König sowohl die Männer wie auch das Geld, um eine größere Armee zu Bergons Schutz auszuheben. Zudem hatte Cazaril Bedenken, wie es in Chalion aufgenommen würde, wenn eine bewaffnete Streitmacht die Grenzen überschritt, sei es mit einem derart berechtigten Anliegen.
    Die Diskussion wurde hitziger. Der Fuchs war beschämt von der Erinnerung, dass er Cazaril Bergons Leben schuldete, und begann, den Anträgen seines Besuchers auf eine Weise aus dem Weg zu gehen, die diesen an Orico erinnerten.
    Cazaril erhielt Iselles erstes verschlüsseltes Schreiben, weitergeleitet von Boten des Ordens der Tochter, wie er es auf dem Hinweg veranlasst hatte. Der Brief war bereits vier Tage nach seinem Aufbruch aus Cardegoss geschrieben worden. Er war kurz und bestätigte nur, dass die Bestattungszeremonien für Teidez ohne Zwischenfall vonstatten gegangen waren, und das Iselle noch am selben Nachmittag die Hauptstadt mit dem Leichenzug nach Valenda verlassen würde, wo ihr Bruder beerdigt werden sollte. In offenkundiger Erleichterung schrieb sie: Unsere Gebete wurden erhört – die heiligen Tiere zeigten, dass der Herbstsohn ihn letztendlich doch aufgenommen hat. Ich bete darum, dass er in der angenehmen Gesellschaft des Gottes seinen Frieden findet. Sie fügte hinzu: Mein älterer Bruder lebt und hat auf einer Seite sein Augenlicht wiedergewonnen. Doch er ist immer noch sehr aufgedunsen. Er bleibt zu Hause und im Bett. Unser Feind hat zwei seiner Nichten als Zofen in meinen Haushalt geschleust, berichtete sie zu Cazarils größerer Besorgnis. Ich werde nicht sehr häufig schreiben können. Möge die Herrin Eure Gesandtschaft beschleunigen.
    Vergebens suchte er nach einem Postskriptum von Betriz, und beinahe übersah er es, bis er das Papier herumdrehte. Winzige Zahlen in ihrer unverwechselbaren Handschrift lagen halb unter dem erbrochenen Wachssiegel verborgen. Mit dem Daumennagel kratzte Cazaril an den Überresten. Eine kurze Anmerkung kam zum Vorschein, die ihn zu einer Seite am Ende des Buches führte, zu einem von Ordols schwärmerischsten Gebeten: Ein eindringliches Flehen für die Sicherheit einer geliebten Person, die weit von zu Hause fort auf Reisen war. Wie viele Jahre – Jahrzehnte – war es her, seit jemand in der Ferne so für ihn gebetet hatte? Cazaril war sich nicht einmal sicher, ob dieser Vermerk für seine Augen bestimmt gewesen war oder nur für die der Götter. Trotzdem berührte er mit der kurzen, geheimen Botschaft verstohlen die fünf heiligen Stellen und ließ das Blatt einen Augenblick auf seinen Lippen ruhen. Dann verließ er sein Gemach und machte sich auf die Suche nach Prinz Bergon.
    Die Vorderseite des Briefes teilte er dem Prinzen mit, der fasziniert den Inhalt wie auch das Verschlüsselungssystem studierte. Cazaril verfasst eine kurze Notiz, in der er vom Erfolg seiner Mission berichtete, und Bergon chiffrierte mühevoll, die Zunge zwischen die Zähne geklemmt, einen eigenhändigen Brief an seine

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