Chalions Fluch
mit einem müden Ächzer darauf nieder. »Nur für einen Augenblick, alter Freund. Ich wollte nicht einfach davonreiten, ohne mich von dir zu verabschieden. Man hat mir, dy Yarrin und unseren Truppen befohlen, Cardegoss heute noch vor Mittag zu verlassen – unter Androhung des Ausschlusses vom Ritterorden der Tochter!« Sein Lächeln war so schmal wie eine straff gespannte Trosse.
» Was ? Was ist denn geschehen?« Cazaril legte seine Schreibfeder hin und schob das Buch beiseite, in dem er die Aufzeichnungen zu Iselles immer umfangreicherem Haushalt führte.
Palli fuhr sich mit den Fingern durch sein dunkles Haar und schüttelte den Kopf, als könnte er es immer noch nicht glauben. »Ich weiß nicht, ob ich darüber reden kann, ohne einen Wutausbruch zu bekommen. Letzte Nacht habe ich nur mit Mühe der Versuchung widerstanden, mein Schwert zu ziehen und es diesem grinsenden Hurensohn auf der Stelle durch die schleimigen Eingeweide zu stoßen. Caz, sie haben dy Yarrins Fall abgewiesen! Sämtliche Beweismittel wurden beschlagnahmt, alle Zeugen entlassen – man hat sie nicht einmal aufgerufen oder angehört! Dieser verlogene, diebische Wurm von einem Schatzmeister wurde aus dem Keller geholt …«
»Wer hat das getan?«
»Unser heiliger Großmeister, Dondo dy Jironal, und seine … seine Kreaturen im Rat des Ordens der Tochter, seine folgsamen Hündchen … Die Göttin soll mich blenden, wenn ich je zuvor eine solche Ansammlung kriecherischer Kanaillen gesehen habe. Eine Schande für die Farben der Herrin!« Bebend ballte Palli die Fäuste. »Es war uns allen bewusst, dass das Ordenshaus in Cardegoss schon seit einiger Zeit in Unordnung war. Wahrscheinlich hätten wir den König bitten müssen, den alten Großmeister abzuberufen, als er zu krank wurde und nicht mehr in der Lage war, alles unter Kontrolle zu halten. Aber niemand brachte es übers Herz, ihn so sehr vor den Kopf zu stoßen … wir alle gingen davon aus, ein neuer, jüngerer, entschlossenerer Mann würde alles in Ordnung bringen und einen Neuanfang machen. Aber das … das ist noch schlimmer – als Vernachlässigung. Das ist offener Amtsmissbrauch! Caz, sie haben den Schatzmeister freigesprochen und dy Yarrin fortgeschickt. Sie haben kaum einen Blick auf die Briefe und Bücher geworfen, bei der Göttin! Die Papiere füllten zwei große Truhen! Ich … ich schwöre dir, die Entscheidung stand schon fest, bevor diese Versammlung einberufen wurde.«
Cazaril hatte Palli nicht mehr so vor Wut stottern hören seit dem Tag, da der beherzte Kurier des Königs die Reihen der Roknari durchquert und der verhungernden, übel zugerichteten Garnison der Festung die Neuigkeit überbracht hatte, dass Gotorget verkauft worden war. Er lehnte sich zurück und zupfte an seinem Bart.
»Ich habe den Verdacht – nein, im Grunde meines Herzens bin ich davon überzeugt –, dass Lord Dondo für sein Urteil bestochen wurde. Wenn der Schatzmeister neuerdings nicht einfach in seinem Auftrag arbeitet. Zwei Truhen voller Beweismittel dienen jetzt nur noch dazu, das Feuer vor dem Altar der Herrin zu nähren! Caz, unser neuer Großmeister benutzt den Orden wie seine eigene Milchkuh. Gestern hat ein Akolyth mir erzählt – auf der Treppe, und der Mann zitterte, als er es mir zuflüsterte! –, dass Lord Dondo sechs Einheiten des Ordens der Tochter nach Süd-Ibra verliehen hat, an den Thronfolger von Ibra – wie gewöhnliche, bezahlte Söldner. Das ist nicht ihre Aufgabe, das zählt nicht zum Dienst an der Göttin! Das ist schlimmer als der Diebstahl von Geld! Hier wird Blut gestohlen!«
Ein Rascheln und ein scharfer Atemzug lenkten die Blicke der beiden Männer auf den Zugang zu den Räumlichkeiten der Damen. Dort stand Lady Betriz, eine Hand an den Türrahmen gestützt. Prinzessin Iselle spähte über ihre Schulter. Beide Damen blickten Palli mit großen Augen an.
Dieser öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er schluckte, sprang auf und verneigte sich vor den Frauen. »Hoheit … Lady Betriz. Sehr zu meinem Bedauern muss ich Euch nun verlassen. Ich kehre noch heute Morgen nach Palliar zurück.«
»Wir werden Eure Gesellschaft vermissen, Graf«, erwiderte die Prinzessin leise.
Palli wirbelte zu Cazaril herum. »Caz …« Mit einem knappen, entschuldigenden Nicken fügte er hinzu: »Es tut mir Leid, dass ich meine Zweifel an deinen Ausführungen zu den Jironals hatte. Letztendlich warst du doch nicht verrückt. Du hattest in jeder Hinsicht Recht.«
Cazaril blinzelte
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