Chamäleon-Zauber
Möglichstes getan, hätte
einen moralischen Sieg davongetragen – und nichts geändert. Dann wäre Bink der Dumme.
Er drehte sich zu Chamäleon um, um sich zu entschuldigen, und merkte, daß sie jetzt betörend schön war, ganz so wie Wynne, als er sie kennengelernt hatte. War das wirklich erst einen Monat her? Aber jetzt war sie keine Fremde mehr für ihn. »Du bist schon in Ordnung, so wie du bist, Chamäleon.«
»Aber ich kann dir nicht beim Planen helfen, ich kann überhaupt nichts tun. Du magst keine dummen Leute.«
»Ich mag schöne Mädchen«, erwiderte er. »Und ich mag auch kluge Mädchen. Aber wenn beides zusammenkommt, dann werde ich immer mißtrauisch. Ich würde mich ja für ein ganz gewöhnliches, durchschnittliches Mädchen entscheiden, aber die würde nach einer Weile ziemlich langweilig werden. Manchmal möchte ich mich eben mit jemandem unterhalten, der intelligent ist, manchmal möchte ich…« Er brach seinen Satz ab. Sie besaß im Augenblick den Verstand eines Kindes; es war einfach nicht gerecht, ihr jetzt solche Gedankenakrobatik zuzumuten.
»Was?« fragte sie und blickte ihn an. In ihrer letzten schönen Phase waren ihre Augen fast schwarz gewesen, nun waren sie dunkelgrün. Aber sie hatten jede beliebige Farbe haben können ohne daß sie deswegen weniger schön gewesen wäre.
Bink wußte, daß es um seine Chancen, diesen Tag zu überleben, schlecht bestellt war, und um Xanths Rettung stand es noch schlechter. Er hatte Angst, aber er war sich des Lebens auch noch viel bewußter als sonst. Und er hatte ein Gespür für Treue. Und für Schönheit. Warum sollte er vor seinem Bewußtsein verbergen, was sich in seinem Unterbewußtsein schon seit so langer Zeit entwickelt hatte?
»… Liebe machen«, beendete er seinen Satz.
»Das kann ich«, sagte sie, und ihre Augen glänzten, als sie begriff, was er meinte. Bink wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie weit ihr Verständnis gehen mochte.
Er küßte sie, und es war wunderbar. »Aber Bink«, sagte sie atemlos. »Ich werde nicht schön bleiben.« »Das ist es ja gerade«, sagte er. »Ich mag Abwechslung. Ich hätte
Schwierigkeiten, damit klarzukommen, immer mit einem dummen Mädchen zusammenzusein, aber du bist ja nicht die ganze Zeit dumm. Häßlichkeit ist auch nichts für dauernd, aber du bist ja auch nicht immer häßlich. Du bist… Vielfalt. Und das ist es, was ich in einer längeren Beziehung suche und was kein anderes Mädchen bieten kann.«
»Ich brauche einen Zauber…« sagte sie.
»Nein! Du brauchst überhaupt keinen Zauber, Chamäleon. Du bist schon in Ordnung, so wie du bist. Ich liebe dich.«
»Oh, Bink!« sagte sie.
Da vergaßen sie das Duell.
Doch die Wirklichkeit drängte sich ihnen nur zu bald wieder auf. »Da seid ihr ja!« sagte Iris und erschien vor ihrer provisorischen Laube. »Tztz! Was habt ihr denn da gemacht?«
Chamäleon richtete hastig ihr Kleid. »Etwas, was du nicht verstehen würdest«, sagte sie mit typisch weiblicher Intuition.
»Nein? Macht auch nichts. Sex ist unwichtig.« Die Zauberin formte die Hände vor ihrem Mund zu einem Trichter und rief: »Trent! Sie sind hier drüben!«
Bink stürzte auf sie zu – und rannte durch ihr Abbild hindurch. Er stürzte auf den Waldboden. »Dummer Junge«, meinte Iris. »Mich kannst du nicht anfassen.«
Nun hörten sie, wie der Böse Magier durch den Wald auf sie zukam. Bink suchte verzweifelt nach irgend etwas, was er als Waffe benutzen könnte, doch er erblickte nur dicke Baumstämme. Damit diese Baume nicht mit scharfen Steinen angeritzt wurden, hatten sie alle Steine magisch eliminiert. An anderen Orten hätten sich gewiß Waffen finden lassen, nicht aber in dieser Wildnis, in der alles auf Selbstschutz bedacht war, besonders hier am Rand, wo die Farmen andauernd neues Land brauchten und rodeten.
»Ich habe dich vernichtet!« rief Chamäleon. »Ich wußte doch, daß ich nicht…«
… hätte Liebe machen sollen? In gewisser Weise hatte sie recht. Sie hatten wertvolle Zeit damit vergeudet, sich zu lieben, anstatt zu kämpfen. Andererseits war dies vielleicht die letzte Möglichkeit dafür gewesen. »Das war die Sache wert«, sagte Bink. »Wir müssen eben davonlaufen.«
Sie setzten sich in Bewegung, doch da erschien das Bild der Zauberin vor ihnen. »Hierher, Trent!« schrie sie erneut. »Schneiden Sie ihnen den Weg ab, bevor sie entkommen!«
Bink begriff, daß sie nirgendwohin konnten, solange sie von Iris verfolgt wurden. Sie konnten sich
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