CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)
sie
näher und Hakim lachte ausgelassen. Er freute sich, dass es ihm gelungen war,
sie zu überraschen. »Das ist eine durch eine unterirdische Wasserader gespeiste
Oase«, erzählte Hakim, während er weiterging. Im Schatten der Aprikosenbäume
setzte er sich und zog Hannah neben sich ins sonnenwarme Gras.
»Gefällt es dir? Das
ist mein Lieblingsplatz. Ich komme oft hierher, um über die Zukunft
nachzudenken.«
Verzückt sah Hannah
sich um. »Es ist traumhaft hier.«
Hakim lehnte sich gegen
den Baumstamm, umarmte sie und zog ihren Körper sacht an sich. »Erzähl mir etwas
von dir. Was sind deine Pläne für die Zukunft?«, fragte er sie unvermittelt und
betrachtete sie dabei aufmerksam.
Verlegen lachte Hannah
auf. »Also. Ich möchte auf Lehramt studieren und anschließend mit Kindern
arbeiten.«
»Das ist eine
wunderschöne Arbeit.«
Täuschte sie sich oder
hatte sie tatsächlich ein interessiertes Aufflackern in seinen Augen gesehen?
Hannah war sich nicht sicher.
»Und du?« Verlegen
versuchte sie die Aufmerksamkeit von sich wegzulenken . » Was möchtest du machen,
wenn du mit dem College fertig bist«, fragte sie und versuchte dabei seine
überwältigende Nähe zu ignorieren.
»Ich werde Medizin
studieren. Danach möchte ich als Arzt im Neve Shalom – Wahat al Salam arbeiten.«
»Wo?«, fragte sie
erstaunt.
Hakim lehnte sich
entspannt zurück und sein blauschwarzes Haar wurde von den Strahlen der Sonne
reflektiert. Andächtig betrachtete Hannah seine edlen Gesichtszüge, bis sich ein
verschmitztes Grinsen um seine Mundwinkel zeigte. Errötend senkte sie den Blick,
wobei sie spürte, dass er sie noch ein wenig näher an sich zog.
» Neve Shalom – Wahat al
Salam heißt übersetzt “Oase des Friedens“ und ist ein arabisch-jüdisches
Friedensdorf. 1970 wurde dieses Dorf von dem jüdischstämmigen Mönch Bruno Hussar
gegründet. Er wollte damit seine Idee von einem gerechten und friedlichen
Miteinander verwirklichen, an die er uneingeschränkt glaubt. In dem Friedensdorf
leben israelisch-palästinensische und jüdische Familien in einer friedvollen
Dorfgemeinschaft zusammen – Muslime, Juden und Christen in gegenseitigem
Respekt. In der Dorfschule lernen die Kinder beide Sprachen: Arabisch und
Hebräisch. In der “Friedensschule“ werden auch Seminare für außerhalb lebende
palästinensische und jüdische Studenten, Lehrer und Sozialarbeiter angeboten. In
den Kursen lernen sie die unterschiedlichen Kulturen und Bräuche der anderen
kennen und lernen dadurch den fairen Umgang miteinander. Dort möchte ich
irgendwann als Arzt arbeiten.«
Verlegen lachte er
auf. Sanft löste er seine
verflochten Finger aus ihrer Hand und strich zärtlich eine Haarsträhne aus ihrem
Gesicht. Hannah hatte ihm andächtig zugehört, von dem Friedensdorf hatte sie
vorher noch nie etwas gehört.
»Es muss eine
wundervolle Aufgabe sein, dort zu arbeiten und mitzuhelfen, dass unsere beiden
Welten zusammenwachsen«, ergänzte sie ergriffen. Ein feines Lächeln umspielte
seinen Mund. »Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.« Bei seinen Worten beugte er
sich vor, wagte es und strich hauchzart über ihr Gesicht, berührte die
Sommersprossen auf ihrer Nase und fuhr mit dem Daumen sanft die Konturen ihrer
Lippen nach. Durch Hannahs Adern schossen brennende Flammen; sie hatte die
unbestimmte Ahnung, dass sie gleich ihr Notfallspray brauchen würde, so hart wie
ihr Herz gegen ihren Brustkorb schlug.
Und genau in diesem
Augenblick, unter der glühendheißen Wüstensonne, inmitten der grünen
Orangenbäume des Niemandslandes, spürte Hannah mit einer unumstößlichen
Gewissheit, dass sie sich in ihn verliebte.
»Ich mag es, wenn du
errötest«, neckte er sie liebevoll.
»Schukran«, erwiderte
sie schüchtern, wobei sie seinen überraschten Gesichtsausdruck bemerkte und sich
diebisch darüber freute.
»Seit wann sprichst du
arabisch«, fragte er verdattert. Kichernd kramte sie in ihrer Tasche und
förderte das blaue Wörterbuch zutage. »Außer den Höflichkeitsfloskeln wie Bitte
und Danke, kann ich noch nicht sehr viel. Aber wenn ich mit dem 200-Seiten-Buch
fertig bin, spreche ich die ersten tausend Wörter.«
»Interessant«,
erwiderte er grinsend. »Auf welcher Seite bist du?«
»Auf der elften.« Er
beugte sich blitzschnell vor; Hannah war sich hinterher nicht sicher ob es
überhaupt ein Kuss war, so sanft wie seine Lippen ihren Mund berührt hatten.
»Dann
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