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CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

Titel: CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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und ein stolzes Lächeln huschte über sein sonst so ernstes Gesicht.
    »Weißt du, im Gegensatz
zu Leo, der anscheinend den Satz des Toreros Dominguin “Soy el Uno“,
verinnerlicht hat, finde ich den Spruch der drei Muskeltiere viel
interessanter.«
    »Einer für alle und
alle für einen?«, fragte sie.
    »Genau. Und jetzt komm.
Wir haben es fast geschafft.« Sie fielen in einem leichten Trab. Nach wenigen
Metern erreichten sie den blauen Sicherheitsraum ihrer Zone, der mit seinem
einsturzsicheren Beton für Schutz sorgen sollte. Sie schlängelten sich durch die
aufgeregte Schülermenge hindurch bis zu den anderen.
    Judith, Talya, David
und Leo saßen auf einer Matratze in der rechten Bunkerecke. Als Leo sie
erspähte, sprang er empört auf. »Wo zum Teufel wart ihr so lange?« Hannahs
hilfloser Blick streifte Joshua. Er wusste, dass sie Mitleid wie die Pest
hasste, und so kam ihm die Lüge leicht über die Lippen. »Ich musste noch die
letzte Aufgabe zu Ende schreiben. Hannah hat mir dabei geholfen.«
    »Was? Ihr seid ja
bekloppt«, stieß Leo gehässig hervor.
    Die anderen rückten
zusammen, um ihnen Platz zu machen. Erleichtert setzte sich Hannah auf die
Matratze auf dem Boden und lehnte sich mit angezogenen Knien an die Wand. Joshua
wollte sich neben sie setzen, aber Leo machte keine Anstalten, ihm Platz zu
machen. Schließlich quetschte er sich stumm zwischen Judith und Talya auf die
andere Seite. Bedrückt sah Hannah sich um.
    In dem überfüllten Raum
standen und saßen um die vierzig Schüler dicht aneinandergedrängt. In ihren
Gesichtern sah Hannah dieselbe Angst, die sich auch in ihrer Seele
widerspiegelte. Einige standen legetharisch an der blauen Wand, andere
versuchten mit aufgeregtem Geplapper die Panik zu überspielen. Ein paar mutige
Jungen drückten ihre Gesichter in die quer über die ganze Außenmauer
eingelassenen waagerechten Luftschlitze. Sie waren etwa 10 Zentimeter breit und
liefen von der Decke bis zum Fußboden und dienten als Luftzirkulation in ihrem
fensterlosen Gefängnis.
    Im Raum war es stickig
heiß.
    Es roch nach Schweiß,
süßlichem Parfüm und Angst. Und noch nach etwas anderem. Hannahs Kopf ruckte
hoch. Tatsächlich, es roch ganz eindeutig nach etwas Gebratenem. Die Kantine
würde doch in dieser Situation nicht seelenruhig mit den Vorbereitungen zum
Mittagessen beginnen, dachte sie perplex. Jetzt begann auch Leo die Nase zu
rümpfen. »Es riecht nach Gänsebraten«, stellte er leichthin fest.
    Im gleichen Moment
spürten sie alle die Vibration. Ein unheilschwangeres Zischen am Himmel
begleitete das Geschoss. Kurz vor dem Einschlag und mitten in die angstvolle
Stille hinein wirbelte eine schneeweiße Feder durch einen Luftschlitz in den
Raum. Unsanft stieß Leo Judith beiseite und hockte sich vor den mittleren
Luftschlitz, von dem aus man den Schulhof übersehen konnte.
    »Nein, eindeutig keine
Gans. Es ist nur ein Wüstenfalke. Wusste gar nicht, dass die genauso riechen.
Hoffentlich reicht der Braten für uns alle«, sagte er und drehte sich ungerührt
wieder um.
    »Wie kannst du nur so
zynisch sein«, fragte Hannah entgeistert. Hastig sprang sie auf, drängte Leo zur
Seite und später angstvoll hinunter, bis sie den Falken auf der Rasenfläche des
verwaisten Campus entdeckte. Die schneeweißen Federn seines rechten Flügels
waren braun angesengt und blutdurchtränkt; aber er lebte. Ihr erleichtertes
Aufstöhnen wurde durch Leos harte Stimme unterbrochen.
    »Ich bin nicht zynisch,
meine Süße, nur realistisch«, erwiderte er sarkastisch. »Vielleicht hast du es
noch nicht mitbekommen, aber Sderot ist die meistbombardierte Stadt Israels. Ich
werde dem nicht mehr untätig zusehen und darum werde ich mich nach dem Sommer
freiwillig zum Militärdienst melden. Dann werde ich es dem verfluchten
Palästinenserpack zeigen. Bis sie endlich einsehen, dass sie in unserem Heiligen
Land nichts zu suchen haben, und endlich verschwinden.«
    In der daraufhin
einsetzenden Stille des Sicherheitsbunkers waren vierzig Augenpaare entgeistert
auf ihn gerichtet; man konnte eine Stecknadel fallen hören. Joshua erwachte als
erster aus seiner Starre. »Starke Aussage, Mann. Ich fürchte nur, dass nur sehr
wenige in diesem Raum deine Meinung teilen. Aber die Gehirnwäsche deines Vaters
scheint ganz eindeutig zu wirken.«
    Das Nicken der meisten
Umstehenden bestätigte ihn. Keiner von ihnen wollte einen Krieg. Jeder von ihnen
war realistisch

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