Change for a Kill
Mord und führt ihn aus, wenn es dafür nicht den geringsten Anlass gibt, und sei es nur Langeweile. Ein Mörder, der sich seine Opfer aussuchen kann, geht nach einem nachvollziehbaren Muster vor und es gibt etwas, was ihn antreibt. Vielleicht wurde er von seiner Mutter misshandelt und bringt deshalb Frauen um, die ihr ähnlich sind. Vielleicht wurde er von einem Pferdewandler beim Poker geschlagen und hat ein Vermögen verloren, und will nun am liebsten die gesamte Rasse auslöschen. Vielleicht hat er bei einem Unfall ein Bein oder eine Hand verloren, hasst deshalb alle, die gesunde Gliedmaßen haben, bringt sie um und schneidet ihnen das entsprechende Körperteil ab.
Unser Mörder nimmt uns alle als wertlos wahr, unabhängig von Rasse, Alter oder Geschlecht. Wir sind Ameisen für ihn, die vor sich hinwimmeln, um unser Überleben kämpfen. Tritt man zwei oder drei von ihnen tot, wen kümmert’s. Er spielt mit den Körpern der Toten und sollte er tatsächlich derjenige sein, der die Rassenunruhen initiiert hat, dann spielt er auch mit uns Lebenden. Wer sich für derart mächtig und überlegen hält, hat einen Grund. Sich in mehr als bloß ein Tier verwandeln zu können sieht für mich nach einem nachvollziehbaren Grund aus … Außerdem, wenn schon Vogelwandler höchst anfällig für psychische Erkrankungen sind, weil sie die widerstrebenden Instinkte nicht überein bringen können, wie muss es jemandem gehen, der mehr als eine Wandlerseele in sich trägt?“
Dylan starrte aus dem Fenster, unfähig, eine Antwort zu geben. Mutlosigkeit fraß an ihm. Wie sollte man ein Phantom ohne Witterung jagen, das sich nach Belieben verwandeln konnte? Wie sollte man jemanden finden, der seine Opfer zufällig aussuchte und keine Spuren hinterließ?
Nach einigen Minuten wandte er den Kopf und blickte in Sams dunkelbraune Augen. Der Adler beobachtete ihn, und obwohl er ganz still dasaß und sein Gesicht ausdruckslos blieb, war seine Wut zu spüren.
„Wir werden ihn kriegen, Dylan“, sagte er, die Stimme eine einzige kalte Drohung, die gegen den Mörder gerichtet war. „Wir werden Edward, Sally, Jerome und Keyla nicht im Stich lassen. Wir werden die Opfer der sinnlosen Straßenschlachten nicht im Stich lassen. Wir werden Esther und Dave nicht im Stich lassen. Multipler Wandler oder nicht, dieser Kerl ist zur Hälfte ein Mensch, wie wir alle. Und Menschen machen Fehler. Er hält sich für Gott? Fein! Wir werden ihn aus seinem Olymp stürzen, wenn es sein muss.“
„Ja, das werden wir“, grollte Dylan und ließ sich von der Wut anstecken, die jegliche Mutlosigkeit hinwegschwemmte. Dieser Bastard war allein, während sie viele waren und die Talente verschiedenster Rassen vereinten. Früher oder später würden sie ihn einkreisen und zu Fall bringen, und dann gab es keine Wandlergestalt, in der ein Entkommen möglich sein würde.
„Ja, das werden wir“, wiederholte er grimmig, bevor er den Wagen startete, um zurück zum Hauptquartier zu fahren.
Sie hatten Brandon in die Mangel genommen, bis der Junge heulend zusammengebrochen war und gestanden hatte, dass er Invisible dealte und Keyla abhängig gewesen war. Er hatte keine fremden Wandler in den letzten Tagen bemerkt, egal von welcher Rasse und auch sonst war er keine Hilfe mehr, darum hatte Dylan ihn der Drogenfahndung übergeben. Brandon war ein bedeutungsloses Rädchen im System, keine Chance, über ihn an die Verantwortlichen zu gelangen. Ihn zu verhaften half wenig, die Junkies waren auf den Stoff angewiesen. Trotzdem wollten sie ihn nicht ungestraft davonkommen lassen, denn indirekt war er an Keylas Tod mitschuldig.
Es folgten eine Menge weiterer fruchtloser Verhöre und Gespräche, außerdem besichtigten Dylan und Samuel den Ort, an dem Edward tot aufgefunden wurde. Die Vogelperspektive brachte ihm keine neuen Erkenntnisse – es war ein öffentlicher Platz, nach allen Richtungen zugänglich. Der Mörder konnte mühelos kommen und gehen, ohne aufzufallen, selbst als Rassenfremder im Bärenviertel.
Nun waren sie auf dem Weg nach Hause, beziehungsweise zu Dylans Rudel. Es dämmerte, die Sonne war fast untergegangen. Samuel fühlte sich erschöpft wie überhaupt noch nie in seinem Leben, die Ereignisse seit seiner Ankunft waren so dicht auf ihn niedergeprasselt, dass er sie gar nicht alle nachhalten konnte. War das wirklich erst seine dritte Nacht hier? Es kam ihm wie mehrere Wochen vor!
Gerade passierten sie die Stelle, an der ihn das Rudel in der ersten Nacht
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