Change
Andererseits gab es einen Teil in mir, der ein bisschen traurig wäre, wenn Mike nie wieder so freundlich zu mir sein würde. Eine leise Stimme in mir flüsterte mir zu, dass er kein Fremder mehr für mich war. Eher so eine Art Freund - aber man konnte nicht innerhalb eines Tages Freundschaft schließen. Aber vielleicht könnte sich eine Freundschaft entwickeln.
Diese Chance erschien mir plötzlich ungeheuerlich wichtig, die Chance auf eine Freundschaft mit Mike, denn seltsamerweise mochte ich ihn. Obwohl er mir immer noch Rätsel aufgab und ich ihn nicht einschätzen konnte, war er mir sympathisch. Die Zeit, in der ich fast schon Hass ihm gegenüber empfunden hatte, war lange her. Jetzt schämte ich mich dafür.
Denn Mike war ein wundervoller Mensch. Kein Vergleich zu mir, ich war nicht auf seiner Augenhöhe, sondern viel geringer, kleiner, unbeachteter, kleinherziger. Ob ich seine Freundschaft überhaupt verdiente? Mal sehen, was nun werden würde.
Auf dem riesigen Parkplatz des Hospitals stand schon eine Menge an Autos, doch Mike hatte einen guten Platz gefunden, gleich in der Nähe zur Ausfahrt. Langsam schlendernd kam ich zu ihm und stieg zu ihm in den Wagen. Der Schwarzhaarige sah mich prüfend an, in seinem Blick lag etwas Undefinierbares.
Ohne ein Wort startete Mike den silbernen Chevy und lenkte ihn dann im Schleichtempo vom Parkplatz.
„Und? Was ist mit deinem Arm? Bist du okay?“, fragte er mich, während er sich in den Verkehr einfädelte.
„Es ist alles in Ordnung, du hast die Verletzungen gut versorgt. Danke“ meinte ich leise zu ihm. Ich hoffte, er würde meine Dankbarkeit bemerken. Ich war nicht gut in so etwas. Generell war ich nicht gut darin, nett zu sein. Ich konnte das einfach nicht.
„Na, was hätte ich denn sonst tun sollen? Dich dort liegen lassen? Wohl kaum.“, grinste Mike.
Eigentlich hatte er das wirklich tun können, und ich bezweifelte nicht, dass jeder andere mich tatsächlich dort hätte liegen lassen und vorbeigegangen wäre. So gesehen war die Welt ein wirklich grausamer Ort, ohne jegliches Mitgefühl für andere. Aber auch ich hätte einem Verletzten, der in irgendeiner Gasse läge, nicht geholfen sondern wäre weitergegangen, als hätte ich nichts gesehen. Ich besaß nicht Mikes Zivilcourage.
Die warme Stimme des Schwarzhaarigen riss mich aus den Gedanken.
„Wo soll ich dich hinbringen? Zu dir nach Hause?“
„Ja. Was anderes bleibt mir ja nicht übrig.“, murmelte ich niedergeschlagen. Eine Weile war es still bis auf meine kurzen, wegweisenden Kommentare, an die sich Mike hielt und dann vor meinem Haus das Auto stoppte.
Sein Blick wanderte zu mir.
„Du willst nicht nach Hause, nicht wahr?“ Auf seine ehrliche Frage nickte ich nur und hoffte, er würde nicht nachfragen. Tat er zum Glück auch nicht, stattdessen schien er einige Zeit zu überlegen, in der ich starr neben ihm saß. Schließlich wurde ich durch seine warme Stimme wieder in die Realität geholt.
„Was hältst du davon, wenn wir etwas zusammen unternehmen? Ein bisschen rumhängen, in der Stadt rumlaufen?“
Mikes Angebot ließ mich schlucken. Warum, verdammt noch mal, bot er mir so etwas an? Warum wollte er unbedingt Zeit mit mir verbringen?
„Warum … warum tust du das?“, fragte ich ihn fassungslos.
„Was denn?“, wollte er wissen und tat dabei unschuldig. Fast nahm ich es ihm ab.
„Naja, warum bist du so nett zu mir? Ich meine - wir sind ja keine Freunde oder so.“
Sein Blick verdüsterte sich, dann meinte er mit leiser Stimme: „Aber wir könnten es werden. Gibst du mir noch eine Chance? Diesmal werde ich nicht so einen Mist bauen, versprochen.“
Bei seinem Worten wurde etwas tief in mir bewegt. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit schwangen darin mit, sodass mir gar nichts anderes übrig blieb, als zu nicken. Dann tat ich etwas, das ich seit Ewigkeiten nicht mehr getan hatte - ich lächelte ihn an.
„Wenn du das denkst… dann ist das okay. Und ich fände es wirklich wunderbar, wenn wir Zeit miteinander verbringen würden.“
Als Mike meine Antwort hörte, wanderte auch ein Lächeln in seine Züge und ließ ihn strahlen.
„Wow, zum ersten Mal sehe ich dich richtig lächeln. Das solltest du öfter machen, du siehst wirklich … schön aus.“, kam es von ihm.
Ich schluckte, als ich seine Worte vernahm, die eine wunde Stelle in mir streichelten. Eine Stelle, an der sich mein verletztes, blutendes Herz befand.
Es fühlte sich schön an, von Mike Komplimente zu bekommen - doch
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