Change
er sollte lieber damit aufhören, denn ich konnte ihm das nicht zurückgeben - obwohl, diesmal vielleicht doch. Denn es gab etwas, das ich ihm schon die ganze Zeit hatte sagen wollen und jetzt bot es sich sehr gut an.
Immer noch lächelnd erwiderte ich: „Aber nicht annähernd so schön wie dein Lächeln.“
Eine kurze Pause peinlichen Schweigens entstand zwischen uns, dann räusperte ich mich und öffnete die Autotür.
„Ich werde dann mal gehen.“
Ruckartig wandte ich mich von ihm ab, fühlte mich wieder überfordert mit der Situation. Vor allem aber wollte ich Mike nicht mein breites Grinsen zeigen, das fast schon an den Wangen schmerzte. Und während Mike mir zunickte, lief ich ins Haus, erleichtert und seltsam beschwingt.
Ich war richtiggehend perplex, als ich den Schwarzhaarigen am nächsten Tag wieder sah, als er vor meiner Tür stand und vorschlug, zusammen durch die Straßen zu ziehen. Ich willigte ein - was ich sonst nie getan hätte. Vielleicht lag es an dem Traum - vielleicht auch nur an Mikes einnehmenden Wesen - ich spürte, wie mein Vertrauen in ihn wuchs.
Nun hatte ich doch einen Freund gefunden, dem es nicht nur darauf ankam, das ich gute Songs schrieb und sie dann sang, so wie meinen Kumpels von ‚Darker than Dust‘.
Mike wollte meine Freundschaft aus einem anderen Grund - doch ich spürte, dass da noch mehr hinter steckte als er mir offenbarte.
15. Kapitel
Januar 1994 - Aiden
Die Zeit schien schneller zu vergehen, wenn man jeden Tag in voller Erwartung auf einen bestimmten Moment wartete, sich nach der Aufmerksamkeit einer bestimmten Person sehnte, nur in ihrer Nähe sich wohl fühlte. Die Tage gingen ineinander über, bestanden bald nur noch aus Mikes Lächeln, seiner warmen Stimme, die mir immer mehr meiner gut gehüteten Geheimnisse entlockte, ohne die wirklich tief greifenden anzurühren, seinen schönen Augen, die mich immer anblickten, seinen geschickten, warmen Händen, die gleichermaßen gut über Klaviertasten oder Gitarrensaiten fliegen als auch meine Hand ergreifen konnten.
Nicht, dass ich Letzteres sofort zugelassen hätte. Doch es war schwer, sich Mike zu entziehen. Er war zu aufmerksam, hörte aus meinen wenigen Worten die krampfhaft verborgene Wahrheit heraus, rekonstruierte Zusammenhänge, zählte Details zusammen. Ich spürte, wie ich mich dem warmherzigen Jungen öffnete, Dinge geschehen ließ, die ich bei jedem anderen abgeblockt hätte. Wir alberten sogar schon rum, vergnügt wie alte Freunde.
Es war ein besonderes Gefühl, zu wissen, dass Mike wegen mir lächelte, dass er gerne in meiner Nähe war, dass er mich mochte.
Ich hatte mich verändert, das konnte ich nicht leugnen. Innerhalb dieser vier Monate, die vergangen waren, seit Mike ein Konzert von mir und meiner Band ‚Darker then Dust’ besucht und mich anschließend geküsst hatte - was ich immer noch versuchte zu vergessen. Vier Monate, in denen ich mir immer und immer wieder eine Frage gestellt hatte. Vier Monate, in denen mir eine Sache immer deutlicher bewusst geworden war. Vier endlose Monate, in denen ich mich damit quälte, ob meine Gefühle richtig waren. Die ganze Zeit über war ich mir unsicher, was ich glauben sollte.
Kaum zu glauben, dass es schon dreieinhalb Monate her war, seit Mike mir in dieser einen schrecklichen, grausamen Situation, in die ich geraten war, geholfen hatte. Die Zeit verging wirklich wie im Flug. Seitdem waren wir befreundet - falls man es so nennen konnte. Denn irgendwie kam mir unsere Freundschaft etwas einseitig vor.
In der Schule taten wir so, als würden wir uns nicht kennen - auf meine Bitte hatte Mike eingewilligt, dies zu tun. Ich wusste um meinen zerstörerischen Ruf und wollte nicht, dass Mike ebenfalls zum Mobbing-Opfer werden würde. Denn das war ich nicht wert. Mike hatte sich anfangs zwar dagegen gesträubt, es letzten Endes aber angenommen. Mir klangen immer noch seine letzten Worte zu dieser langen Diskussion in den Ohren: „Wenn du es so willst, Aiden, dann werde ich es akzeptieren.“
Mike war seltsam. Zumindest meiner Meinung nach. Aber ich mochte ihn, sehr sogar. Leider stimmte mich seine Gegenwart noch immer aufgeregt und fahrig. So nervös, dass ich befürchtete, aufgrund meiner nicht in Griff zu bekommende Nervosität manchmal etwas harsch und verschlossen zu ihm zu sein. Ich erzählte sowieso nicht so gerne über mich. Lieber hörte ich zu, was Mike sagte. Seine beruhigende Stimme, in der so viel Wärme mitschwang,
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