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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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unschön, ähnlich wie das Kribbeln eines eingeschlafenen Zehs. Obwohl ein Teil der aufgenommenen Kenntnisse sich mittlerweile in seinem Gedächtnis einsortiert hatte, gab es noch eine erhebliche Informationsmenge, die Daten suchte, mit denen sie sich verknüpfen konnte. »Hat Kardek nicht den Namen Klotschen genannt?«
    Nixy vollführte eine ungeduldige Geste, ohne den Blick von der Brücke zu wenden. »Angeblich soll jetzt eine Kolonne goldener Karossen über die Brücke fahren. Danach können wir gehen und etwas anderes anfangen… Ach, es ist zwecklos, mich nach Einzelheiten zu fragen. Multi-Opa ist schon immer ein Geheimniskrämer gewesen, was seine Geschäfte anbelangt, und ich bin so weit unten am Familien-Totempfahl… Rimski, du fragst mich soviel über mich und meine Familie, hast mir aber noch nichts über dich erzählt, außer daß du ‘n Stück Gefrierfleisch bist.« Mit einem Grinsen schaute sie zur Seite und Quaddel an. »Aber ein Stück in recht guter Form, muß ich zugeben.«
    Im ersten Augenblick fühlte Quaddel sich versucht, seine private Lebensgeschichte, die ihm – entgegen seiner Hoffnung – bis hinaus übers Grab (oder jedenfalls über die KryoSuspensionsklinik hinaus) gefolgt war, zu enthüllen. Möglicherweise hätte er es innerhalb der nächsten halben Minute, ungeachtet der beinahe unabsehbaren Konsequenzen, tatsächlich getan. Wie es sich jedoch ergab, erscholl plötzlich, während er noch an geeigneten Formulierungen grübelte, Geschrei aus den Reihen der Gaffer, die das Flußufer säumten. Unwillkürlich drehten er und Nixy sich um, genau wie sämtliche Umstehenden, und sahen…
    Was sahen sie? Auf den ersten Blick wirkte alles völlig normal. Dort kamen die goldenen Karossen, sechs an der Zahl. Die beiden vorderen Karossen passierten gerade die Brückenmitte, das dritte Gefährt näherte sich ihr, die restlichen Wagen folgten, alle gezogen von weit besseren Pferde-Simulacren, als man sie in Holyrood gesehen hatte, und…
    Ein Keuchen entfuhr Nixy, ihre Finger umkrallten Quaddels Handgelenk.
    »Rimski, die Brücke! Sie öffnet sich! Sie wird aufgeklappt! Da haben wir das Desaster, mit dem ich schon die ganze Zeit rechne! Ja, ja, es ist soweit!«
    Im gleichen Moment entfaltete sich an der oberen Längsverbindung der Brücke ein Spruchband. In riesigen Buchstaben forderte es:
    WIR VERURTEILEN DEN KAUF VON NAJQ 30.122-3!
    »Was bedeutet das?« wollte Quaddel erfahren.
    »Das ist meine Anschrift«, wimmerte Nixy. »Das heißt, Multi-Opas Anschrift. Es ist die Code-Bezeichnung des Sonnensystems, das er gekauft hat. Carnacki hatte also recht. Es sind diese Anti-Demonstranten, die gegen mich sind, sie haben an allem Schuld, auch an dem da…!«
    Sie streckte den Arm aus und wies auf die Brücke. Unterdessen begriffen auch die übrigen Zuschauer, was geschah. Quaddel behielt Nixy im Arm, um ihr Trost zu bieten, so gut es momentan möglich war, doch wenn die Protestler so etwas schafften, konnte man dann ausschließen, daß es ihnen gelang, sie unter den Touristen aufzuspüren, zu identifizieren und zu attackieren? Mob, daran zweifelte er nicht im geringsten, war und blieb auch heute Mob. Gelegentlich hatte er selbst erlebt, zu was ein gut geführter Mob sich anstiften ließ…
    Aber daran will ich auf gar keinen Fall denken.
     
    Die Hälften der Klappbrücke hoben sich mit majestätischer Langsamkeit. Zuerst merkten die Insassen der Karossen nichts, weil sie sich zu nachhaltig in ihre Rollen hineingesteigert hatten, sie winkten den Zuschauern zu, verneigten sich würdevoll in diese und jene Richtung, achteten darauf, sich für die visuellen Aufnahmen im vorteilhaftesten Profil zu zeigen (oder, falls ihre körperlichen Umrisse keine ausgeprägte Formdifferenzierung hatte, wie es sich bei mehreren Aliens verhielt, die auswärtige Könige darstellten, ihre bevorzugten Oberhautgewebe hervorzukehren), und klagten nebenbei darüber, wie ihre Reisebüros sie betrügerisch dazu verleitet hätten, ihre guten Krediten für diese Pleite von zweitklassiger Dumpfbacken-Attraktion zu verplempern.
    Dann fiel ihnen ganz plötzlich auf, daß ihre Pferde einen an sich auf der Route gar nicht eingeplanten, immer steileren Hügel hinaufzugelangen sich abmühten oder ein vollauf unplanmäßiges, wachsend abschüssigeres Gefälle hinabrutschten und -schlitterten.
    Die Mitte der Brücke teilte sich zunehmend weiter, die Hälften hoben sich zu noch extremerer Schräge. Hufe und Räder verloren den Halt. Auf der

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