Chaos über Diamantia
der Wagen mit dem Irsk darin immer noch da. Zoolanyt legte eilig die Kleider an, und dann machte er es sich mit einem zufriedenen Seufzer bequem.
»Jetzt fühle ich mich viel wohler«, sagte er. »Wohin nun?«
»Ich muß wegen etwas mit einem Psychiater sprechen«, sagte Bray, »und ich werde Sie im Wagen lassen müssen, während ich bei ihm bin.«
»Ist es recht«, fragte Zoolanyt, »wenn ich während Ihrer Abwesenheit die Klimaanlage ausschalte?«
Es war Bray recht.
18.
»Sir«, sagte der jugendlich wirkende Psychiater in diplomatischem Ton, als er Bray anredete, »ich bin bereit, auf dieses Blatt zu schreiben, daß Sie überarbeitet sind und eine Ruhepause im Basiskrankenhaus auf Sirius B 12 gebrauchen könnten.«
Er war ein langer, schlaksiger Mensch, dessen seltsam kleines, jugendliches Gesicht sich hinter dem dunklen Rahmen einer überdimensionierten Brille verschanzte.
Nun beugte er sich vorwärts und brachte einen Füllhalter in Schreibposition. »Sind Sie damit einverstanden?« fragte er.
Als sei es eine bloße Formsache, als hielte er es für selbstverständlich, daß ein Mann im aktiven Dienst sofort einwilligen würde. Oder – und Bray hielt dies für wahrscheinlicher – als habe er mit den Leuten im Hauptquartier der Erdföderation gesprochen, die in Zusammenarbeit mit jenem famosen Dr. Fondier versucht hatten, Morton erneut in Krankenarrest zu bringen, und Instruktionen erhalten, das zu tun, was er jetzt vorschlug. Wie in Bestätigung dieses Gedankengangs begann Dr. Gerhardt tatsächlich zu schreiben, ohne die Antwort abzuwarten.
An diesem Punkt sagte Bray: »Selbstverständlich nicht.«
Der Füllhalter verhielt in seiner Bewegung und hob sich vom Papier. Ein erstauntes Gesicht blickte auf. »Wie bitte?« Der Psychiater setzte sich aufrecht und begann steif: »Es ist meine Oberzeugung, daß …«
Bray war aufgestanden. Und nun langte er über den Schreibtisch, bekam das Papier in die Finger, und als der Psychiater danach griff, entriß er es ihm. Dann hielt er den anderen mit einem Arm auf Distanz, während der Mann die Arme schwenkte und Drohungen ausstieß, die Bray nicht hörte, weil er das Dokument las.
»Sieh an, sieh an«, sagte Bray. »Da steht schon alles, und allein auf der Basis dessen, was ich am Telefon sagte. Wenn Sie alle Ihre Diagnosen in diesem Stil per Telefon stellen, dann könnte ich mich zu der Empfehlung gezwungen sehen, daß man Sie zurückholen und auf einen weniger anspruchsvollen Beruf umschulen sollte.« Er brach ab. »Wollen Sie sich jetzt setzen und mich anhören?«
Ein listiger Ausdruck kam in die Augen des Psychiaters. Sein Blick zuckte zur Tür, dann zum Summerknopf, als taxiere er seine Chancen, Hilfe herbeizurufen.
Nichts in seinem Verhalten deutete an, daß Brays Recht auf Anhörung in sein Bewußtsein eingesickert wäre, doch setzte er sich mit einer überzogenen Schau von Entspanntsein und brachte sogar ein starres Lächeln zuwege, als er Bray das beschriebene Blatt mit dem ominösen Titel »Verfügung über Personal« zerreißen und die Fetzen auf den Schreibtisch werfen sah.
Bray setzte sich auch, aber aufrecht und sprungbereit auf der Stuhlkante, und beobachtete wachsam den Psychotiker im weißen Arztmantel – denn was war eine stereotype Entschlossenheit, anderen Zwang anzutun (egal auf wessen Ersuchen), wenn nicht Psychose? Irgendwie mußte er diese Barriere von vorgefaßten Meinungen und Urteilen durchbrechen, die sich im Verhalten des Psychiaters zeigte, in seinem Gesicht, in seinen Augen und den hochmütig geschürzten Lippen.
Er mußte, so schien es Bray, eine Botschaft in das Gehirn dieses Mannes bringen. Irgendwie mußte er ihm klarmachen, daß sein neutrales Fachwissen, wenn es sich von seiner Verrücktheit trennen ließ, dringend benötigt wurde.
Zuerst galt es, noch einen Versuch zu machen, die Unterstützung ohne die Drohung zu erhalten.
»Doktor«, sagte Bray, »verstehen Sie sich auf Hypnose?«
Das Gesicht vor ihm wurde noch um eine Schattierung hochmütiger. Der Mann sagte in einem bemitleidenden Ton: »Es tut mir leid. Hypnose kann ich in Ihrem Fall nicht empfehlen –«
Der unglückliche Bray hatte den Eindruck, daß Dr. Gerhardt noch immer nicht mit seiner Ausbildung und seinem Wissen zuhörte, sondern nur mit seinen Instruktionen. Ich werde kämpfen müssen, um hier wieder ‘rauszukommen, dachte Bray. Es würde ein Kampf zwischen wenig subtilen psychiatrischen Hilfsmitteln und der Geheimdienstausrüstung sein, mit
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