Chaosprinz Band 1
arrogant und eingebildet und wenn du mich fragst, ist er komplett beziehungsunfähig. Ich glaube, er war noch nie verliebt und wird es wahrscheinlich auch nie sein.«
Wie kann man nur so fies sein?
»Nur weil er noch nicht die richtige Person getroffen hat, bedeutet das doch noch lange nicht, dass er beziehungsunfähig ist. Vielleicht ist er einfach nur nicht so oberflächlich wie du.«
Maria starrt mich wütend an. »Was bildest du dir eigentlich ein? Du bist seit ein paar Stunden hier und glaubst schon, uns alle zu kennen und Teil unserer Familie zu sein. Aber ich will dir eines sagen, Schleimi: Du bist es nicht!«
Ich schlucke und muss mich beherrschen, um nicht komplett auszurasten und anschließend in Tränen auszubrechen.
»Und was meinen feinen Bruder angeht: Er fickt sich durch die halbe Schule, behandelt die Weiber wie Dreck und trotzdem machen sie immer wieder die Beine für ihn breit. Und anschließend heulen sie sich bei mir aus. Blöde Ziegen! Du solltest es eigentlich besser wissen, Jana. Du hast schon genug Schlampen aus seinem Zimmer wanken sehen…«
Jana nickt betroffen. Dann muss sie plötzlich kichern. »Weißt du noch, dieses polnische Au-pair-Mädchen…?« Jetzt lachen sie beide. »Ja, genau, die war so dämlich und hat tatsächlich geglaubt, Alex würde sie nach ihrem One-Night-Stand heiraten.«
Ich unterbreche ihr fieses Gelächter. »Alex hatte was mit eurem Au-pair-Mädchen?«
»Er hatte eigentlich was mit jedem unserer Au-Pairs. Oder warum, denkst du, haben Mom und Dad Elena ausgesucht? Sie haben sich das Bild auf ihrer Bewerbung angeschaut, gesehen, wie fett sie ist, und sie eingestellt. Das hässliche Gesicht ist die beste Verhütung.« Jetzt lachen sie laut und ungehemmt.
Ich glaube, mir wird schlecht. Ohne ein weiteres Wort schnappe ich mir mein Handtuch und gehe zurück zum Haus. Ich will mir gar nicht vorstellen, dass Maria recht hat und Joachim und Bettina die arme Elena wirklich aus diesem Grund eingestellt haben. Das wäre so unmenschlich und ekelhaft.
Ich muss an das weinende Mädchen von gestern Nacht denken. Jetzt verstehe ich, warum sie so traurig war. Armes Ding… In Gedanken versunken bin ich dem mit Steinplatten ausgelegten Weg durch den Garten ums Haus herum gefolgt und stehe nun in der großen Einfahrt. Dort parkt ein blauer BMW.
Bettina holt gerade ihre Sporttasche aus dem Kofferraum. Sie trägt ein Tennisoutfit – von dem kurzen, weißen Rock über die Frottee-Armstulpen und die weiße Schirmmütze stimmt alles. Auch Emma trägt einen kleinen weißen Rock, die blonden Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Timmy steht etwas blass neben ihr, der gebrochene Arm liegt in einer Schlinge um seinen Hals. Elena trägt gerade Emmas kleine Sporttasche und ihren Tennisschläger ins Haus. Sie sieht müde und erschöpft aus, wahrscheinlich hat sie die ganze Nacht durchgeweint…
Schnell gehe ich auf die kleine Gruppe zu. »Hallo. Wie war's beim Tennis?«
Bettina dreht sich um und sieht mich an. Wieder dieses seltsame Lächeln. »Tobias, schön dich zu sehen! Wie hast du geschlafen? Hat dir Martha etwas zum Frühstück gemacht? Apropos, weißt du zufällig, ob Martha und Karl schon von ihrem Einkauf zurück sind?«
»Äh, nein, also ja… Ja, ich habe gut geschlafen und Martha hat mir Frühstück gemacht und nein, Karl und Martha sind noch nicht zurück, sie haben gesagt…«
»Okay, gut!« Hat sie mir überhaupt zugehört? Hektisch schließt Bettina den Kofferraumdeckel und greift nach ihrer Tragetasche.
»Elena, gehst du bitte mit Emma und Timmy in den Garten, bis Martha zurück ist und sich um das Mittagessen gekümmert hat?«
Elena nickt eilig und nimmt die Zwillinge an den Händen. Die Kleinen schauen mindestens genauso unglücklich drein wie sie, folgen ihr aber wortlos. Bettina will gerade im Haus verschwinden, da kommen ihr Alex und das brünette Mädchen von gestern Nacht entgegen.
»Anja, hallo, das ist ja schön.« Sie scheint sich tatsächlich zu freuen, ihren Sohn in Begleitung dieses Mädchens zu sehen. Und offensichtlich kennt sie Anja, denn die beiden Frauen beginnen gleich ein Gespräch über irgendwelche gemeinsamen Bekannten.
Alex steht ziemlich teilnahmslos daneben und nimmt immer wieder einen Zug von der Zigarette, die er sich eben angezündet hat. Er sieht zu mir und zieht herausfordernd beide Augenbrauen nach oben. Ohne zu reagieren, drehe ich mich um und gehe zurück in den Garten. Ich brauche nicht lange zu suchen, alle
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