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Chaosprinz Band 1

Chaosprinz Band 1

Titel: Chaosprinz Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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nassen Pflastersteine glitzern. Die Luft ist feucht und kühl, sie riecht nach Sommerregen, nach Nacht, nach Stadt und Abgasen. Ich mag das.
    Ich halte den Blick auf meine Füße gerichtet, die mich schnell und ziellos durch die Straßen tragen. Wenn man kein Ziel hat, kann man sich auch nicht verlaufen, oder? Aber vielleicht hat man sich auch schon längst verlaufen, wenn man nicht mehr weiß, wo man überhaupt hin will…
    Den Teller mit dem Schellfisch habe ich vor einer halben Ewigkeit in einen Mülleimer geschmissen. Ich kann ihn ja schlecht die ganze Zeit mit mir rumtragen.
    In den Straßen ist noch einiges los. Menschen verlassen die Restaurants, um weiter in Clubs und Bars zu ziehen. Ich fühl mich gut. Ehrlich! Die Nachtluft und der Regen haben meine Wut weggewischt. Die Menschen und das Leben, das sie verströmen, haben es geschafft, meine wirren Gedanken zu verscheuchen.
    Ich weiß nicht, was heute Abend wirklich passiert ist, und schon gar nicht, warum. Ich habe auch keine Ahnung, wie ich die ganze Situation wieder hinbekommen soll. Außerdem bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob ich die Familie um Verzeihung bitten möchte. Im Grunde bin ich mir keiner Schuld bewusst. Das ist alles so verwirrend.
    »Pass doch auf, Kleiner! Hast du keine Augen im Kopf?«
    Erschrocken zucke ich zusammen und schaue auf. In Gedanken versunken bin ich mit einer Frau zusammengestoßen. Eine große Frau in einem engen, kurzen Minikleid mit Zebramuster. Ihr breiter Rücken und ihre fehlenden Brüste machen mich stutzig. Ich hebe den Blick und schaue direkt in ein stark geschminktes Gesicht. Die langen blonden Haare einer Perücke fallen ihr in die Augen – oder sollte ich besser sagen, fallen ihm in seine Augen.
    Ich starre den Mann überrascht an. Er verdreht genervt die Augen und schiebt mich dann grob zur Seite. Wahrscheinlich hält er mich für einen dummen kleinen Dorfjungen, der noch nie einen Transvestiten gesehen hat. Der Mann geht an mir vorbei und ich habe endlich die Gelegenheit, mich einmal richtig in der Straße umzusehen.
    Der Gehsteig ist voller Menschen. Laute Stimmen, Gelächter und Musik dringen aus den Gebäuden. Die großen und kleinen Regenbogenfahnen, die aus den Fenstern der Häuser hängen, und die vielen bunten Gestalten davor, verraten mir, wo ich mich gerade befinde: im Schwulenviertel.
    Nervös schlendere ich die Straße entlang. Zwei Frauen sitzen knutschend auf einer Bank und eine Gruppe älterer Kerle in engen Lederhosen steht um einen Aschenbecher herum und qualmt. Eine Gruppe von jungen Männern überquert gerade die Straße. Sie tragen moderne Jeans und schicke Hemden. Gutgelaunt unterhalten sie sich und ich bemühe mich, nicht den Anschluss zu verlieren. Keine Ahnung, wohin sie wollen, aber wenn es dort noch mehr von dieser Sorte gibt, dann will ich da auch hin.
    Lachend halten die Typen vor einem dunklen Gebäude. Der breite, glatzköpfige Türsteher tritt augenblicklich zur Seite und begrüßt die Männer per Handschlag. Die schwere, rote Stahltür fällt hinter ihnen ins Schloss. Für einen kurzen Moment kann ich dumpfe Discomusik hören.
    Unschlüssig starre ich die rote Tür an. Ein Schwulenclub. Ich bin noch nie in so einem Laden dringewesen. Das eine Mal mit Ma, Inge und Vivienne zählt nicht. Das war so 'ne kleine Kneipe, ein Raum, schrecklich verqualmt, mit vier Tischen, an denen ein paar ältere Herren saßen, die Lederkappen auf den Köpfen trugen. Und so genau will ich mich auch nicht dran erinnern, nach dem, wie sich Ma und die anderen da drin benommen haben...
    »Na, Gloana.« Der Türsteher stemmt die Hände in die Hüften. »Wos host'n? Willst' nei oda ned?«
    Ich kann meinen Puls fühlen. Mein Herz fängt schrecklich an zu rasen. Ich glaube, das ist einer dieser Momente, in denen man nicht nachdenken, sondern einfach handeln sollte… Hör auf deinen Bauch, Tobi…
    »Ja, ich will da rein.« Okay, Entscheidung getroffen! Mutig mache ich einen Schritt auf den breiten Kerl zu. Er mustert mich amüsiert.
    »Wia oid bist' denn?«
    »Achtzehn.«
    »Na, geh weida? Na, dann zeigst mir a mal dein' Perso!«
    Ich fische den Geldbeutel aus meiner Hosentasche und halte ihm meinen Personalausweis unter die große Nase.
    »Hm, na wennst meinst, aber du nix, was i ned a dean würd'.« Er grinst dreckig und öffnet die schwere, rote Tür für mich.
    Da ist sie wieder, die dumpfe Musik. Der Bass dröhnt tief und zieht mich ins Innere des Gebäudes. Hinter mir fällt die Tür laut ins

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