Chaosprinz Band 1
sie fängt erfreut an, in ihrer Tasche zu kramen.
»Wo ist unser Geburtstagskind?« Wir schauen überrascht auf. In der Haustür steht Tom, hinter ihm Alex, Anja und ein ganzer Haufen Leute, die ich nicht kenne. Sie brüllen alle durcheinander und stürmen übertrieben freudig auf Martin zu. Der kann gar nicht mehr aufhören zu strahlen und blickt begeistert von einem zum anderen.
»Wow, toll, dass ihr gekommen seid, Leute!« Einen Augenblick lang habe ich fast die Befürchtung, er will sich wieder vor Alex verbeugen, doch er lässt es Gott sei Dank sein.
»Ich freu mich echt total. Also, ich hoffe, ihr habt eine gute Zeit… und, äh, bevor ich es vergesse, würdet ihr bitte noch alle eure Schuhe ausziehen, das wäre sehr nett…« Martin wird etwas rot. Ich muss mich wirklich sehr zusammenreißen, um bei Alex' verwirrtem Gesichtsausdruck nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Auch die anderen schauen sich kurzzeitig irritiert an. Tom ist der Erste, der sich rührt.
»Muss ja alles seine Ordnung haben, nicht?« Er bückt sich und öffnet seine Schuhe, dabei blickt er hoch und grinst mich frech an. »Seid ihr schon lange da?«, fragt er, nachdem er seine Turnschuhe achtlos in den kleinen Abstellraum geworfen hat.
»Ein bisschen.«
»Dass Alex aber auch immer zu früh kommen muss, aber wem sag ich das…« Er mustert mich feixend.
»Was soll man da machen, er ist noch jung, er wird's schon noch lernen«, gehe ich grinsend auf sein Spiel ein. Tom lacht.
»Amüsiert ihr euch gut?«
Ich drehe den Kopf, sehe zwei funkelnde, graue Augen. Sie sind ganz nah… er ist ganz nah… Alex steht dicht neben mir, seine Brust berührt meine rechte Schulter. Wütend blickt er seinen besten Freund an, was Tom nur noch mehr zum Lachen bringt.
»Ja, wir amüsieren uns ganz wunderbar… auf deine Kosten.«
»Hab ich mir schon fast gedacht.« Ich höre ihnen nur mit halbem Ohr zu und verliere irgendwann den Anschluss. Meine Fantasie macht sich gerade wieder selbstständig. Ich träume, ich wäre in diesem Moment auf dem 18. Geburtstag eines Typen namens Martin Klimmer – ein Wahnsinnsakt der Vorstellungskraft – und würde zusammen mit meinem Alex Arm in Arm durch die Menge schlendern. Wir lachen, quatschen mit irgendwelchen Leuten, trinken zusammen ein Bierchen, kuscheln ein bisschen auf der Couch und verziehen uns dann in eine dunkle Ecke, um herumzuknutschen… Ach, schöner Traum.
Ich lehne mich ein klein wenig an ihn, in dem Gedrängel fällt das gar nicht weiter auf. Er weicht nicht zurück, albert mit Tom herum. Ich verhalte mich so still und unauffällig wie nur möglich, will es einfach nur genießen…
»Martin, Achtung, hier kommt dein Geschenk.« Laut brüllend beginnt Alex' Clique um uns herum in die Hände zu klatschen und zu jubeln. Ein großer, breiter Kerl mit kurzen, braunen Haaren und einem Allerweltsgesicht trägt einen Kasten Bier herein und stellt ihn scheppernd vor Martins Füßen auf den Boden.
»Keine Sorge, Streber, das Zeug hier ist für uns… Dein Geschenk kommt in diesem Moment durch die Tür geschwebt, schau.« Er deutet mit seinem fetten, kurzen Zeigefinger auf die Haustür. Alle beginnen zu grölen.
Ich muss mich ein wenig strecken, um an den ganzen Leuten vorbeischauen zu können. Zwei Typen gehen direkt auf Martin zu und drücken ihm eine aufgeblasene Gummipuppe in den Arm. Das Gelächter nimmt kein Ende.
»Damit du endlich auch mal zum Zug kommst!«, brüllt der Dicke von eben. Martin wird rot, starrt etwas verwirrt das Gummiding in seinem Arm an und versucht es dann mit einem Verlegenheitslachen. Ihm ist die ganze Situation sichtlich unangenehm. Ich drücke Alex etwas grob zur Seite und schiebe mich an ihm vorbei.
»Was ist? Wo willst du hin?« Er greift nach meinem Oberarm und hält mich fest.
»Ich gehe zu Elena«, murmle ich kühl.
»Ach, komm schon, Martin ist ein verklemmter Spießer und das war witzig.«
»Wirklich? Nun, ich kenne da noch einen verklemmten Spießer…«, flüstere ich und schaue ihn einige Sekunden lang provozierend an, dann drehe ich mich schnell um und gehe zu Elena, die etwas verloren am Treppengeländer steht und voller Mitleid den armen Martin beobachtet.
»Hey!« Ich lächle sie an.
»Martin ist das alles sehr peinlich…« Sie schenkt ihm einen treuen Blick, den er natürlich überhaupt nicht bemerkt.
»Ist doch bloß ein alberner Scherz. Ich glaube nicht, dass sie das böse gemeint haben.« Ich lehne mich mit dem Rücken an das Geländer und
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