Chaosprinz Band 2
ich ihm hinterher. Beleidigt habe ich die Arme vor der Brust verschränkt und schiebe nun gekonnt meine Unterlippe nach vorne. Im Schmollen bin ich Weltmeister. Habe ja auch sehr viel Übung.
»Mach nicht so ein Gesicht«, meint Alex stöhnend. »Du siehst aus wie ein Kleinkind, das ins Bett gehen soll und dazu keine Lust hat.«
»Ich hätte schon Lust, ins Bett zu gehen…«, murmle ich trotzig.
»Was?« Alex hat mich nicht verstanden.
»Nichts, nichts.« Und das ist auch gut so.
Er schüttelt nur genervt den Kopf. »Komm, wir schauen uns weiter um!«, meint er.
Blöder Kerl! Nie nimmt er Rücksicht auf mich, nie interessiert ihn, was ich denke, nie… Da bemerke ich, dass er mich erwartungsvoll ansieht. Und dann fällt mein Blick auf seinen ausgestreckten Arm und seine Hand… Was…? Unsicher schaue ich ihm in die Augen.
»Na los, komm schon, ich will hier nicht wie blöd im Weg rumstehen, Bambi«, meint Alex etwas ungeduldig. Aber er lächelt.
Ich nehme seine Hand. Zufrieden grinsend dreht sich Alex um und zieht mich mit sich. Wir spazieren Händchen haltend durch den Laden. Alex und ich. Wir beide. Mein Herz klopft so stark, dass ich den dröhnenden Widerhall der Schläge in meinem Kopf hören kann. Ich bin so glücklich.
Meine Brust schwillt richtig an vor lauter Glücksgefühlen und ich habe ein bisschen Angst, dass vielleicht etwas kaputt geht, wenn ich nicht gleich einen Teil dieser Energie herauslassen kann. Einige Leute werfen uns schräge Blicke hinterher, aber im Großen und Ganzen stört sich niemand an zwei Typen, die scheinbar ein Pärchen sind und Hand in Hand einkaufen gehen. Alles kein Drama.
»Wir können ja jetzt noch etwas shoppen, dann vielleicht eine Kleinigkeit essen und später fahren wir in einen Club außerhalb der Stadt«, schlägt Alex vor. »Okay?«
»Was ist das für ein Club?«
»Hm, ziemlich groß, mehrere Räume, verschiedene Musikrichtungen, insgesamt sehr coole Location und viele nette Leute.«
»Klingt gut«, meine ich ohne rechte Begeisterung. Auf so einen Tanzschuppen habe ich jetzt einfach keine Lust. Ich will mit Alex allein sein.
»Der Club ist wirklich super. Naja, manchen Leuten wird das Publikum vielleicht etwas zu einseitig sein…«
»Wie meinst du das?«, frage ich ahnungslos.
»Streng doch mal dein hübsches Köpfchen an, Bambi, oder fällt dir das so schwer?«, stichelt Alex. Er grinst mich breit an.
»Oh, ich verstehe!« Das ändert natürlich einiges. Er will mit mir in einen Schwulenclub – als Paar! Ich strahle ihn aufgeregt an. »Aber sag mal, woher kennst du denn diesen Laden?« Das interessiert mich sehr.
»Tom und ich waren mal dort«, erzählt er.
»Im Ernst?«
»Hm, er hat mich mitgeschleift…« Wenn ich mir Alex umringt von gutaussehenden und leicht bekleideten Männern vorstelle, dann… dann werde ich saumäßig eifersüchtig.
»Und? Hast du dich an diesem Abend gut amüsiert?«, will ich sofort wissen.
»Ja.« Er grinst.
»Erzähl!« Ich bin wirklich schon eifersüchtig.
»Es ist nichts wirklich Spannendes passiert«, meint Alex abwertend. »Im Endeffekt bin ich den gesamten Abend über Tom hinterhergerannt, um den Volltrottel davon abzuhalten, einen Fehler nach dem anderen zu begehen.«
»Dann hast du nicht getanzt?«
»Doch, ein bisschen.«
»Und geknutscht?« Ich mustere ihn prüfend.
Er schüttelt den Kopf. »Was denkst du denn von mir, Bambi?« Er grinst frech.
»Keine Ahnung, was ich denken soll. Ich bin verwirrt. In meinem Kopf schwirren gerade wahnsinnig viele Fragen herum. Ich frage mich zum Beispiel, warum du hier in irgendwelche Schwulenclubs gehen kannst und in München nicht. Ich frage mich, warum ich hier dein Freund sein darf, wenn ich in München deinen Bruder spielen soll, und ich frage mich, ob deine Offenheit an diesem Ort hier und nicht an mir liegt und ob wir daheim wieder bei Null anfangen müssen?«
Alex' Lächeln verblasst. »Ziemlich viele Fragen, Bambi«, meint er seufzend.
»Stimmt. Und auf alle möchte ich eine Antwort.« Ich sehe ihn ernst an.
»Ich kann dir nicht alle Antworten sofort geben, aber so viel ist sicher: Dass ich deine Hand halte und mit dir ausgehen will, hat nichts mit diesem Ort zu tun.«
Diese Aussage löst unsere Probleme nicht, das ist mir schon klar, aber irgendwie macht sie mich trotzdem sehr glücklich und ich atme erleichtert aus. Alex lächelt, dann beugt er sich kurz zu mir herunter und küsst mich auf den Mund.
Mit geröteten Wangen und einem dümmlichen Grinsen
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