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Chaosprinz Band 2

Chaosprinz Band 2

Titel: Chaosprinz Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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gesamtes Leben liegt ungeordnet und zerwühlt auf dem Boden herum. Und dieser glotzende Vogel macht es auch nicht wirklich besser.
    Mit einem schnellen Schritt gehe ich zum Fenster und lasse die Jalousie nach unten rauschen. So, das hast du nun davon, blöde Arschlochtaube.
    »Was machst du denn da?« Marc steht im Türrahmen und beobachtet mich misstrauisch dabei, wie ich triumphierend den geschlossenen Rollladen angrinse.
    »Ich habe nur die Jalousien runtergelassen«, antworte ich leise.
    »Solltest du nicht brav auf diesem Küchenstuhl sitzen bleiben und auf mich warten?«, fragt Marc drohend.
    »Schon«, gebe ich kleinlaut zu. »Aber ich konnte nicht. Ikea hat mich die ganze Zeit über so penetrant angestarrt…«
    Marc verdreht die Augen und deutet auf den Stuhl. Ich befolge den stummen Befehl schleunigst.
    Marc kocht Tee. Ich sage ihm, dass ich Kaffee möchte. Er antwortet, es wäre ihm egal. Mit Koffein im Blut würde ich noch viel verwirrter und schneller reden, als es ohnehin schon im normalen Zustand der Fall ist. Den normalen Zustand setzt er mit den Zeige- und Mittelfingern in Gänsefüßchen.
    Ich verschränke die Arme vor der Brust und schmolle. Weiß schon gar nicht mehr, warum ich sofort nach Pas Abgang hierher gestürmt bin. Wenn ich mir von Marc Mitleid und ein paar Streicheleinheiten erhofft habe, dann bin ich wirklich sehr naiv gewesen.
    Ich habe Ma gesagt, dass ich noch ein bisschen im Laden arbeiten muss. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mir diese Ausrede abgenommen hat. Sie kennt mich besser als jeder andere Mensch und weiß, wie schwer mich dieser Streit getroffen hat. Aber was sollte ich tun? Ich konnte sie einfach nicht in meiner Nähe ertragen.
    Mein Blick hat sich geändert. Mein Blick auf Pa. Ich habe das Gefühl, als hätte man mir eine Sonnenbrille von der Nase gerissen. Jahrelang wurde meine Sicht getrübt, die Farben verfälscht und alles irgendwie abgedunkelt. Nun werde ich fast geblendet von dieser neuen Helligkeit.
    An Mas grünen, funkelnden Augen habe ich erkannt, dass sie mir die Brille am liebsten wieder auf die Nase gedrückt hätte. Ihre weichen, warmen Hände haben immer wieder über meinen Rücken gestrichen und meinen Nacken liebkost. Fast klammernd hat sie sich an mich gepresst. Nicht loslassen, bloß nicht loslassen!
    Fünfzehn Jahre lang sind wir eine Koalition gewesen, eine Allianz, eine gemeinsame Macht und nun… nun müssen wir einsehen, dass der Feind weniger Feind ist als angenommen… Ma wird niemals um ihre Rolle in meinem Leben bangen müssen, egal was passiert. Ich liebe sie.
    Doch ich bin nicht in der Lage gewesen, ihr dies klarzumachen, als wir dort gemeinsam Arm in Arm gestanden haben. Ich wünschte mich weg. Und so habe ich Ma angeflunkert und bin, nachdem sie den Laden verlassen hatte, sofort zu Marc geflohen.
    »Okay, erzähl! Was ist passiert?« Marc stellt zwei große, bauchige Teetassen auf den Tisch.
    Er hält drei verschiedene Teepackungen in die Höhe und zieht fragend beide Augenbrauen nach oben. Ich deute auf eine Kräutermischung.
    »Ich hatte einen Streit – ein Gespräch – mit meinem Vater…«
    »Kommt ihr immer noch nicht miteinander klar?«
    Ich nicke, schüttle dann den Kopf und zucke mit den Schultern.
    Marc mustert mich misstrauisch. »Du bist ja ganz schön durch den Wind.«
    Ein riesiger, harter Knoten schnürt mir die Kehle zu und so kann ich nichts weiter tun, als zustimmend die Lider zu senken.
    »Was ist passiert?«
    Ich atme tief ein, versuche, die stählernen Seile zu ignorieren, die sich brutal um meine Brust geschlungen haben und erbarmungslos zuziehen.
    »Kennst du das Gefühl, wenn man plötzlich einsehen muss, dass man viele Jahre lang falsch lag? Dass es dort noch etwas anderes gab, etwas das man die ganze Zeit über ignoriert hat?« Meine Stimme zittert. Marc antwortet nicht gleich.
    »Ja, natürlich kenne ich dieses Gefühl«, meint er schließlich leise.
    »Es ist scheiße!«, flüstere ich.
    »Hm…« Er zupft ein bisschen an den Teebeuteln herum, lässt sie immer tief in das bernsteinfarbene Wasser gleiten, nur um sie eine Sekunde später wieder herauszuziehen.
    »Der Moment der Erkenntnis ist wohl tatsächlich immer sehr schmerzhaft – man fühlt sich dumm und schämt sich, weil man so verblendet war –, aber dann kommt doch recht bald der Punkt, an dem man akzeptiert und einsieht, dass man im Grunde ja nichts verloren, sondern etwas gewonnen hat.« Seine dunklen Augen fixieren meine. »Du hast doch gewonnen,

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