Chaosprinz Band 2
schmerzenden Ohren.
»Das ist Rock'n Roll, Baby!« Ein Arm legt sich frech und ungefragt um meine Schultern. Tom.
»Der große und gütige Gastgeber!« Ich grinse Tom an.
»Du hast schön vergessen«, mahnt er mit ernster Miene. »Schön, heiß und anbetungswürdig.«
»Naja…« Ich mustere ihn zweifelnd.
»Ich weiß, ich weiß.« Er winkt ab. »Du magst es lieber blond und leicht verklemmt…«
Ich verdrehe schnaubend die Augen.
»Tom, da bist du ja, Alter!« Mit großen Schritten stürmen Dirk, Jan, Micha, Fredo und noch ein paar andere Jungs aus unserem Jahrgang herüber. Sie tragen ein Tablett mit sich, auf dem sich kleine Schnapsgläser stapeln. Das passende Getränk haben sie auch gleich mitgebracht.
»Wir konnten noch gar nicht mit dir anstoßen«, brüllt Dirk mit heiserer Stimme und klatscht Tom überschwänglich seine große, breite Hand auf den Rücken.
»Dann lasst uns das nachholen.« Tom greift nach der Flasche und verteilt die klare Flüssigkeit auf die kleinen Gläschen. Er drückt den Mädels und mir jeweils ein Glas in die Hände.
»Nix da«, meint er, als wir dankend ablehnen wollen. »Einmal müsst ihr schon mit mir anstoßen. Außerdem haben wir noch eine Menge vor und ich glaube, der Abend wird erst richtig lustig, wenn Tobi betrunken ist.«
Er will mich ärgern und zwinkert mir frech zu. Meine Antwort ist ein kleiner Tritt gegen sein Schienbein.
»Auf ex!«, grölt Dirk in die Runde.
Ohne rechte Motivation schütte ich den Schnaps in meinen Mund, schlucke und verziehe angeekelt das Gesicht. In meiner Kehle brennt es unangenehm und auf der Zunge bleibt ein widerlich pelziger Geschmack zurück. Die Jungs lachen über meine Grimasse.
»Dafür wirst du nachher ganz wunderbar singen«, meint Tom amüsiert. »Karaoke. Ich habe alles organisiert.«
»Tolle Idee!« Begeistert klatscht Lena in die Hände. »Gibt's auch was von ABBA ?«
»Unseren guten Martin wollen wir auf jeden Fall hören«, dröhnt Dirk und klopft Martin hart auf die Schultern.
Ich habe gar nicht bemerkt, dass der wieder da ist. In seinen Händen hält er fünf große Muffins. Bei Dirks Schlag fallen sie ihm beinahe runter. Eilig kommt ihm Elena zu Hilfe. Geschickt fängt sie einen der Kuchen auf und gibt ihn Martin zurück.
»Nein, ich kann nicht singen«, stammelt Martin unsicher.
»Keine Ausreden, Alter. Jeder muss mal. Karaoke ist Pflicht. Oder hast du Angst?«
Hat er. Martin ist die nackte Panik ins Gesicht geschrieben. Er weicht den Blicken der Jungs aus und konzentriert sich voll und ganz auf seine Muffins.
»Muss wirklich jeder mitmachen?«, fragt Lena bissig. »Wenn ich ehrlich bin, könnte ich nämlich gut auf dein Gegröle verzichten. Das ist doch nur peinlich.« Sie funkelt Dirk böse an.
Er weiß scheinbar nicht, wie er mit diesem plötzlichen Angriff umgehen soll. Doch bevor sich in seinem kleinen Hirn eine passende Antwort bilden kann, geht Tom dazwischen.
»Kein Streit, Leute. Das soll doch alles Spaß machen. Wer nicht singen will, der kann es ja bleiben lassen. Hauptsache, Tobi trällert uns ein hübsches Lied.« Feixend grinst er mich an. Ich verdrehe einfach nur die Augen.
Scheinbar hat Lena den Jungs die Laune ordentlich verdorben. Sie lassen Martin in Ruhe und sparen sich jegliche weiteren Neckereien. Als sie gegangen sind, atmet Martin erleichtert auf.
»Warum lässt du dir das immer gefallen?«, fragt ihn Lena gereizt.
Er zuckt mit den Schultern. »Ich weiß eben nie, was ich sagen soll…« Betrübt senkt er den Blick. Nicht einmal seine Muffins schaffen es, ihn aufzuheitern.
Tom ist ja prinzipiell gegen schlechte Laune und so sucht er eilig nach einem Thema, dass uns alle auf andere Gedanken bringen soll.
»Lucas Band ist klasse, oder? Die haben's echt drauf. Und der Sänger – sexy. Aber er ist hetero, leider – hab's schon probiert. Ich weiß noch nicht, was ich später bei der Karaoke singen werde. Vielleicht was Rockiges. Tobi singt bestimmt You're my heart, you're my soul von Modern Talking oder Hier kommt Alex von den Hosen …«
»Scherzkeks!«, murre ich und werfe ein Stückchen Muffin nach ihm.
»Das gute Essen!«, protestiert Tom lachend und Martin starrt mich entsetzt an.
»Kannst du vielleicht auch mal ernst und sensibel sein?«, fragt Lena Tom und schüttelt scheinbar tadelnd den Kopf.
»Aber sicher doch.« Tom nickt und verzieht das Gesicht zu einer bitterernsten Fratze.
Das Vibrieren meines Telefons unterbricht unser Gespräch.
»Sorry«, nuschle ich kurz
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