Chaosprinz Band 2
zerschlissenen, alten Polster. »Und dann auch noch Englisch bei Frau Paluschke.« Er schüttelt sich, als seien ihm kleine rote Ameisen in den Hemdkragen gefallen und würden ihm jetzt den Rücken runterkrabbeln. »Gibt es eine schrecklichere Person als diese Frau?«
Ich muss grinsen. »Na, na, Martin, sei nicht so fies. Du und die alte Paluschke, ihr seid euch doch so nah… Ja, ich glaube, sie steht auf dich.«
Martin wirft mir einen finsteren Blick zu. »Du bist ein Volltrottel«, faucht er beleidigt.
»Lass ihn in Ruhe, Tobi. Die Vorstellung ist nicht lustig, sondern gruselig.« Trotzdem kann sich Lena ein Grinsen nicht verkneifen. »Aber ich muss sagen, Frau Paluschke ist noch eine Schönheit, wenn man sie mit dieser alten Hexe vergleicht, die ich für den Kunstunterricht eingespannt habe. Meine Mutter hat vor zwei Jahren mal einen VHS-Kurs mitgemacht. Sie haben da mit Specksteinen gearbeitet, nackte Männerkörper aus Steinklötzen gehauen und so…«
»Nett.« Ich grinse.
»Wie dem auch sei, meine Mutter hat nun die Leiterin dieses Kurses gefragt, ob sie sich für mein Schulprojekt zur Verfügung stellt, und die hat natürlich zugesagt. Die Alte ist dermaßen durchgeknallt. Sie lebt ihre Kunst, wie sie selbst immer sagt, und ihre Muse nimmt sie aus den heilenden Kräutern der Natur. Wenn ihr mich fragt, raucht sie zu viel illegales Zeug.«
»Na, da hast du doch schon einen wunderbaren Einleitungssatz für deinen Vortrag.« Ich kichere. Lena verdreht die Augen. »Ich habe gestern auch jemanden gefunden.« Ich verstaue meine Tupperdose in der Tasche und lege die Füße auf den Couchtisch.
»Echt?«
»Ja, er ist Maler und eröffnet gerade eine Galerie ganz in der Nähe von Lucas Musikladen. Wir haben geredet und er hat mir eines seiner Bilder gezeigt. Wunderschön kann ich euch sagen. Naja, er war sich noch nicht sicher, ob er die Zeit haben wird, mir zu helfen, aber ich hoffe es sehr. Er war wirklich nett.« Ich denke an diesen bärtigen, großen Mann… sein Lachen… seine Stimme…
Die Tür geht auf. Lärmend kommen die anderen in den Raum gestürmt. Sie tragen weiße Plastiktüten in den Händen, aus denen es verdächtig nach chinesischem Essen riecht. Lautstark beschwert sich Dirk über irgendeinen Verkäufer, der ihm scheinbar zu wenig Wechselgeld gegeben hat, und die blonde Sylvia kreischt, weil ein Pappkarton umgekippt ist, die fettigen Nudeln herausgefallen sind und die ganze Pampe sich nun in der Tüte verteilt hat.
»So viel zu unserer ruhigen Mittagspause.« Ich verdrehe stöhnend die Augen. Sylvia kreischt immer noch und lässt sich auch nicht von Anja beruhigen, die ihr massenhaft Papiertücher reicht.
»Na, wen haben wir denn da? Bambi und seine Freunde.« Tom lässt sich lässig auf der Lehne meines Sessels nieder und strahlt fröhlich in die Runde. »Was macht ihr so?«
»Wir haben gerade eine wichtige Besprechung«, erkläre ich ernst. »Falls du es noch nicht wissen solltest, wir tun nur immer so langweilig und unschuldig, in Wahrheit sind wir Dämonenjäger und jede Nacht unterwegs, um das Böse zu bekämpfen. Leider dürfen wir unsere wahre Identität niemandem offenbaren und ich fürchte, wir müssen dich nun sofort töten.«
Tom lacht. »Bitte, bitte nicht. Ich bin doch noch so jung und so unglaublich sexy. Es wäre eine Schande!« Mit einer theatralischen Geste bedeckt er seine Augen und schluchzt herzzerreißend.
»Er hat recht, Tobi«, meint Lena trocken. »Er ist noch so jung.«
Tom grinst und zwinkert ihr zu. »Und woran arbeitet ihr gerade, ihr Dämonenjäger?«
»Hm, diese Sylvia da, die ist ein ganz fieser Dämon. Sie kreischt so laut, bis alle männlichen Wesen in ihrer Nähe verrückt werden und nur noch orientierungslos im Kreis herumtaumeln und dann erstickt sie sie mit ihren Brüsten…«, tuschle ich verschwörerisch.
»Grausam.« Tom schüttelt sich.
»Ich habe nicht behauptet, dass es schön ist.« Ich nicke ernst.
»Tom, dein Essen wird kalt. Ich trag's dir nicht hinterher.« Tom dreht sich zu Alex um, der mit den anderen an einem der runden Tische sitzt.
»Ich esse lieber hier«, meint Tom. »Tobi ist so unterhaltsam.« Er lacht und ich werde rot. Alex scheint zu überlegen, dann schlurft er murrend zu uns herüber, drückt Tom seine Tüte etwas unsanft in die Hände und setzt sich auf das Sofa neben meinem Sessel.
»Erzählst du wieder eine deiner Geschichten?«, fragt er, ohne mich dabei anzusehen.
»Nein«, sage ich etwas entrüstet.
»Er ist
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