Chaosprinz Band 2
wieder. »Natürlich habe ich André gesagt, dass es niemand erfahren darf. Wäre doch voll peinlich! Die anderen würden uns nur noch die Inzestfamilie nennen.« Sie schüttelt sich.
»Das ist Schwachsinn und das weißt du«, ermahne ich sie streng.
»Wie auch immer, ich will, dass du die Sache mit Tom und André wieder geradebiegst oder ich… ich kann euer kleines Geheimnis doch nicht für mich behalten…« Sie zieht vielsagend die Augenbrauen nach oben.
»Willst du mich erpressen?«, frage ich genervt. »Toll, und was soll ich machen?«
»André ist in diesen Scheißkerl verliebt und darum musst du es schaffen, dass sich Tom ebenfalls verliebt«, meint Maria todernst.
Hat sie einen Knall? Sie sagt das so, als würde sie mich mal eben schnell zum nächsten Supermarkt schicken, um einen Liter Milch zu kaufen. Wie bringe ich jemanden dazu, sich zu verlieben? Wenn ich das wüsste, dann hätte ich diese Taktik schon längst bei Alex angewandt.
»Ich werde mit Tom sprechen«, murmle ich leise. Ich habe keine Ahnung, wie ich Tom davon überzeugen soll, sein Singledasein aufzugeben und es mal zur Abwechslung mit einer festen Beziehung zu probieren.
Maria scheint jedoch fürs Erste zufrieden zu sein. Sie dreht sich schwungvoll um und stolziert zurück zu ihren Freundinnen.
»Was war?«, fragt mich Lena neugierig.
Ich winke ab. »Lass uns wieder ins Klassenzimmer gehen. Ich halte es hier nicht aus.«
Im Flur treffen wir auf Ben. Ich spüre den aufgewühlten Blick, den er mir hinterher wirft. Ich ignoriere ihn. Genauso wie ich Kims SMS ignoriere. Er will sich mit mir treffen. Heute Abend. Seufzend lasse ich das Handy wieder in meiner Tasche verschwinden.
Über eine SMS freue ich mich jedoch sehr. Sie kommt von Marc. Er schreibt, dass wir uns am Nachmittag im Laden sehen werden. Das ist schön. Ich kann es kaum erwarten, ihn in den Arm zu nehmen. Wie sehr ich ihn vermisst habe… Der Gedanke an Marc ist es auch, der die letzten Schulstunden halbwegs ertragbar macht.
Im Kunstunterricht wird es nicht besser, im Gegenteil. Jasmin schreitet durch die Reihen und verteilt Listen, auf denen wir die Namen unserer Künstler eintragen sollen.
»Sie hatten nun genügend Zeit, sich um einen Laienkünstler zu bemühen. In zwei Wochen beginnen wir mit den Präsentationen. Wie Sie Ihre Künstler und deren Werke vorstellen, bleibt Ihnen überlassen. Die Künstler müssen dafür nicht unbedingt anwesend sein. Sie könnten Ihr Interview auch auf Video aufnehmen oder Sie fertigen eine Art Audiokommentar an. Dies sind natürlich nur Beispiele, ich will Ihrer Kreativität hier nicht im Wege stehen. So, nun bitte ich Sie, die Namen Ihrer Künstler in die Listen einzutragen, und dann besprechen wir die Reihenfolge der Präsentationen.«
Stocksteif sitze ich auf meinem Platz. Was soll ich tun? Ich kann doch nicht mit Markus im Schlepptau hier vor der Klasse erscheinen. Scheiße, warum habe ich dieses dämliche Schulprojekt total vergessen?
Martin kritzelt einen Namen neben seinen, schiebt die Liste dann zu Lena. Auch sie beugt sich über das Papier, schreibt den Vor- und Zunamen in ein schmales Kästchen und gibt den Zettel an mich weiter. Tobias Ullmann – und daneben eine leere Zeile… Ich weiß nicht … ich kann nicht…
Mit zitternden Knien stehe ich auf und wackle zum nächsten Tisch. Ich lege die Liste einfach Alex hin und drehe mich schnell wieder um.
»Hey…« Seine Stimme.
»Was?«, seufze ich leise.
»Wieso hast du nichts eingetragen?« Er mustert mich aus kühlen, grauen Augen. »Ich dachte, du hättest jemanden?«
»Ja…« Habe ich auch gehabt.
»Was ist passiert?«
Es hat sich herausgestellt, dass er dich gezeugt hat.
»Er ist abgesprungen«, nuschle ich unsicher.
»Wieso hast du das nicht gesagt?«
»Weil… Ich habe es vergessen.« Ich hasse es, ihn anzulügen.
Alex mustert mich immer noch. Dann beugt er sich nach vorne und schreibt einen Namen in die Liste. Aber nicht bei Alexander Ziegler sondern bei… Tobias Ullmann…
»Das… das musst du nicht machen«, hauche ich eilig.
»Ich finde schnell jemand neues«, meint er locker und gibt den Zettel weiter an Dirk.
Ich weiß wieder nicht, was ich sagen soll. Er steht auf und schiebt sich an mir vorbei.
»Danke«, flüstere ich einfach. Er grinst nur.
Alex geht zu Jasmins Schreibtisch und spricht in gedämpften Ton mit ihr. Sie macht ein überraschtes Gesicht, erwidert kurz etwas, nickt dann aber lächelnd. Er hat die Lehrer voll im Griff. Ich bin
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