Chaplins Katze, Clintons Kater
Bauch von den vielen gestohlenen Leckerbissen.
Peter musste sich verteidigen. »Nein«, sagte er. »Komm mit und sieh ihn dir an. Ich habe mich mal mit ihm gebalgt und deutlich gesehen, dass er ein Kater ist.«
Anne konnte ihre »Neugier nicht bezwingen«. Aber Moffi war nirgends zu finden und es war eine gefährliche Suchaktion im ganzen Haus nötig, ehe Anne die Katze unten im Packraum fand. Peter spielte mit Moffi auf einem Tisch. Anne schrieb voller Bewunderung:
Peter… packte Moffi sehr geschickt am Kopf, gleichzeitig die Pfoten festhaltend, drehte ihn um und die Lektion begann:
»Hier ist sein Geschlechtsteil, da sind lose Haare, und da ist der Hintern!«
Schon machte Moffi eine halbe Drehung und stand wieder auf seinen weißen Pfötchen.
Anne meinte, Peter sei wunderbar mit dieser Situation umgegangen:
… Peter sprach so unbefangen über das heikle Thema, dass ich schließlich auch nichts Besonderes mehr dabei fand. Wir spielten mit Moffi, amüsierten uns mit ihm, erzählten noch allerlei und schlenderten dann durch das große Lager langsam nach oben.
Auf dem Weg ins Versteck erzählte Anne Peter, dass sie, wenn sie etwas wissen möchte, es meistens »zufällig in einem Buch«
findet. Peter nicht, er fragte immer seinen Vater, denn der
»weiß doch viel und hat große Erfahrung«.
Anne hatte wie immer ihre Zweifel, aber nach dieser interessanten Konversation über Katzen schwieg sie. Und so grübelte sie wie immer weiter: dass sie mit einem anderen Mädchen nicht »so einfach davon gesprochen« hätte; dass ihre Mutter ihr geraten hatte, »solche Gespräche mit Jungens zu vermeiden«, und noch vieles mehr. »Mir war doch den ganzen Tag ein bisschen komisch.«
Wie viele andere Mädchen hatte Anne Probleme mit ihrer Mutter, liebte aber ihren Vater bedingungslos. Er war der einzige Überlebende der achtköpfigen Notgemeinschaft, die in bedrängender Enge unter strengster Bewachung miteinander im Versteck gelebt hatten. Er gab die erste Fassung des Tagebuches heraus, die damals, vor einem halben Jahrhundert,
»der Diskretion zuliebe« um etwa dreißig Seiten gekürzt war.
Eine umfassende Kritik der neueren »endgültigen« Ausgabe bestätigt, dass Annes Tagebuch, samt ihren Katzen, »weiterhin erstaunlich und ungeheuer schmerzvoll ist… ein Text, der vor Angst und Spannung beinahe krank ist, und doch auf wunderbare Weise klar durchdacht«.
PAUL GALLICO (1897-1976), amerikanischer Bestsellerautor und kerniger Sportsmann, der mit mindestens zehn Katzen zusammenlebte. Ihre Namen waren Chilla, Chin, Limpy, Lulu II. Morris, Pitipoo, Tante Hedwig, Tough Charlie, Tough Tom und Wuzzy. Der überaus kreative Gallico hauste nacheinander auch mit noch mehr Katzen zusammen, denn Chilla et al.
hatten ihm beigebracht, wie wichtig Katzen sein können. Dabei schuf er eine Katzengestalt, die als Heldin eines berühmten Buches große Karriere machte.
Nach seinem Studium an der Columbia University war Gallico schon bald der bestbezahlte Sportjournalist seiner Zeit.
Er war so sportbegeistert und so versessen auf authentische Berichte, dass er in zwölf Sportarten (etwa eine pro Katze) als Athlet Hervorragendes leistete. Sein Perfektionismus ließ ihn unter anderem gegen Jack Dempsey in den Ring steigen und mit Johnny Weissmüller um die Wette schwimmen. Kaum der typische leicht verweichlichte Katzenfreund.
Seine Familie war eigentlich am anderen Ende des kulturellen Spektrums angesiedelt – weit entfernt von Tennis und Fußball. Gallicos Vater war in Triest geboren und Pianist, seine Mutter Geigerin. Ein kurzes Streiflicht auf die Ahnenreihe des Sportjournalisten Gallico: Sein Vater Paolo Gallico schloss
1886 die Ausbildung am Wiener
Konservatorium mit Auszeichnung ab, studierte bei Bruckner, unternahm ausgedehnte Konzertreisen durch Europa und Amerika, ließ sich dann 1892 in New York als Lehrer und Komponist nieder. Er schrieb unter anderem eine Oper, eine Operette und ein Oratorium mit dem Titel ›Die Apokalypse‹.
Sein Sohn hörte von Kindesbeinen an viel Musik und wurde ein Sportjournalist mit einer Mission: In seinem 1938
veröffentlichten ›Farewell to Sport‹ [Abschied vom Sport]
prangerte er die Profis im angeblichen Amateursport an, immerhin vor über sechzig Jahren! Nach diesem furiosen Abschied vom Sportjournalismus wandte sich Gallico ganz den Romanen zu. Sein erster Erfolg war ›The Snow Goose‹
[Die Schneegans] (1941), der von den Abenteuern einer Gans erzählt, die immer zu ihrem
Weitere Kostenlose Bücher