Charade - Bittersueßes Spiel
sieht, wer ich wirklich bin. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
Schließlich drehe ich mich um. Wir sind nah an der Straße, ganz am Ende des Parkplatzes. Eine Straßenlaterne leuchtet über uns, aber die Nacht ist schwarz. Es ist, als hätte der ganze Alkohol meinen Blutkreislauf verlassen. Die Angst ebenfalls, als wäre ich nicht in der Lage, etwas zu empfinden. »Genauso wie du versuchst, keine Emotionen zu zeigen. So tust, als würdest du die Welt hassen und nichts fühlen.«
Es ist seltsam, ein Gespräch über Sein und Schein mit ihm zu führen. Mit diesem Kerl, den ich nicht kenne … und nicht wirklich leiden kann, und dennoch zeige ich mich ihm gegenüber nackt und schutzlos. Zeige ihm all diese versteckten Orte in mir, die ich nie zuvor jemandem gezeigt habe. »Wirst du es jemandem erzählen?« Ich versuche, ihm in die Augen zu sehen.
»Nein. Deine Sache, nicht meine.« Colt seufzt. »Mit mir auszukommen, ist nicht einfach. Das werden zwei beschissen lange Wochen für dich, Prinzessin.«
»Mit mir ist es ebenfalls nicht einfach, und ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht deine Prinzessin bin.«
»Ich brauche das Geld.«
»Ich brauche … das hier.« Ich muss mein Gesicht wahren. Zeigen, dass ich weitermachen kann.
Er schüttelt den Kopf und reibt sich mit der linken Hand den Arm. Den, der tätowiert ist. Dann tut er etwas Merkwürdiges. Colt lächelt. Ich bin sicher, es ist nicht echt und wahrscheinlich benutzt er es normalerweise, um Mädchen ins Bett zu kriegen – jedoch will es so gar nicht zu dieser Situation passen, und so kann ich nicht anders, als es näher zu betrachten.
»Na dann komm, Herzchen. Was für ein Freund wäre ich denn, wenn ich mein Mädchen nicht sicher zu seinem Zimmer begleiten würde?«
8. Kapitel
Colt
Ich fühle mich wie ein Mistkerl, was mir normalerweise keine Sorgen bereitet. Es gibt wichtigere Dinge, über die ich mir den Kopf zerbrechen muss, als darüber, jemandes zarte Gefühle zu verletzen. Aber als dieses Mädchen erzählt hat, wie sie mit dem Verhalten ihrer Mutter zurechtkommt – und ich reagiert habe, wie ich es immer tue –, habe ich mich wie ein Stück Scheiße gefühlt.
Ich fühle mich immer noch so.
Trotz allem kann ich nicht fassen, dass ich das hier wirklich durchziehe. Die Tatsache, dass mir keine andere Wahl bleibt, kotzt mich an. Meine Mom hat ihr Leben damit zugebracht, sich um andere zu kümmern, und jetzt muss sie sterben und sich immer noch Sorgen machen, wie sie die Miete bezahlen soll.
Und hier bin ich, verkaufe mich buchstäblich an ein Mädchen, indem ich diesen Deal mit ihr eingehe und so tue, als sei ich ihr Freund. Der Gedanke lässt mich leise lachen.
»Was ist?«, fragt sie.
»Mir ist nur gerade aufgefallen, wie verflucht merkwürdig dieses Spiel ist, das wir hier spielen.«
Sie ignoriert meine Worte. »Wer ist Deena? Ich kann das nicht machen, wenn du mit jemandem zusammen bist.«
»Bin ich nicht. Falls du es noch nicht bemerkt hast: Ich bin nicht der Typ für feste Beziehungen. Wir hatten immer wieder mal Sex. Wenn wir Lust haben, treffen wir uns, aber wir sind beide nicht auf der Suche nach etwas Ernstem. Es gibt keine Verpflichtungen zwischen uns.«
»Wird sie ein Problem sein?«
Ich schüttle den Kopf, obwohl sie nicht in meine Richtung sieht. »Nein, aber ich werde ihr trotzdem erzählen, was Sache ist …«
»Nein! Du kannst niemandem erzählen …«
»Dass ich mich an dich verkauft habe?«
»Gott, das hast du wirklich nicht. Es ist nicht echt. Schließlich wird zwischen uns nichts passieren«, sagt sie mit einem spöttischen Grinsen.
»Glaub mir, ich will dich auch nicht. Du bist mir zu viel Arbeit.«
»Das bin ich nicht.«
»Ich hab nicht vor, darüber mit dir zu diskutieren. Ich bin müde, genervt und habe genug davon, zu streiten. Bringen wir dich einfach nach drinnen, damit ich verschwinden kann.« Es liegen zwei verdammt lange Wochen vor mir.
»Schön. Meinetwegen.«
Als wir vor dem Gebäude ankommen, halte ich die Tür für sie auf. Sie sieht mich fragend an, schüttelt ihr scheinbares Erstaunen dann aber ab. »Was? Ich weiß, wie man ein Mädchen behandelt. Oder glaubst du wirklich, ich sei ein beschissener Neandertaler?«
»Nein. Neandertaler fluchen nicht so oft wie du.«
Ein Lachen kommt mir über die Lippen, was mich ziemlich überrascht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal gelacht habe, diese Tatsache bringt mich an eine Grenze, über die ich nicht näher
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