Charade - Bittersueßes Spiel
schnell erwachsen geworden. Mir war immer klar, dass du alles erreichen kannst, Colton.«
Eine Krankheit namens
Schuld
breitet sich in mir aus, denn ich kann den Sinn in alldem nicht erkennen. Mir war das College immer scheißegal. Ich weiß, wer ich bin und was aus mir werden kann. Kein dummer Abschluss wird daran etwas ändern. Aber sie? Sie hat das immer für mich gewollt.
Mom war ein Crackbaby und hat überlebt. Sie wurde von einer Pflegefamilie zur anderen geschoben und hat es durchgestanden. Sie wusste immer, wer ihre Mom war – ein Mädchen, das die Highschool geschmissen hat, von zu Hause weggelaufen und drogenabhängig geworden ist. Mom hat nie Drogen genommen, aber sie wurde jung mit mir schwanger, wie ihre Mom, und auch sie hat die Highschool geschmissen. Lässt sich das Muster erkennen?
Der beschissene Teil an dem Ganzen ist, dass mein Geld von genau der Sache kommt, die alle ihre Probleme verursacht hat.
Drogen.
Sie hat alles überstanden. Sich von nichts runterziehen lassen. Sich den Arsch abgearbeitet. Das Arschloch von meinem Vater jedes Mal wieder aufgenommen, wenn er in unser Leben zurückgestolpert ist, und wenn er uns wieder verlassen hat, war Mom für mich da. Alles, was sie je von mir wollte, war, die Highschool abzuschließen, um dann aufs College zu gehen.
Als könnte dieser Bullshit mein Schicksal ändern.
»Es ist keine große Sache, Mom.« Ich drücke ihre Hand, damit sie weiß, dass ich ihr nicht böse bin. Vorsichtig, um ihr nicht weh zu tun.
»Doch, ist es.«
Sie wurde krank, als ich im letzten Jahr der Highschool war, und es geschah alles ziemlich schnell. Ich habe ihr versprochen, alles zu tun, wenn sie nur wieder gesund werden würde. Wir haben Stipendien und finanzielle Hilfe beantragt, und ihr Zustand fing tatsächlich an, sich zu bessern. Wir dachten schon, sie hätte es geschafft. Ich jedoch steckte fest. Ich habe ihr ein Versprechen gegeben und wusste, dass ihr dieses Versprechen wichtiger war, als ihr Leben.
Drei Jahre später bin ich immer noch auf der Uni, und diesmal wird sie wirklich sterben. Mein Abschluss verkörpert alles, was ihr wichtig ist. Als wäre ein Stück Papier das alles wert.
»Wann kommt Maggie denn nach Hause?« Es ist definitiv Zeit für einen Themenwechsel.
Maggie ist eine ehemalige Krankenschwester, mit der Mom sich angefreundet hat. Sie wohnen zusammen, und Maggie kümmert sich um Mom. Das Hospiz sieht ab und an nach ihr, während Maggie immer da ist, und das ist eine große Hilfe. Unser ganzes Leben kämpfen wir mit den Leuten von der Versicherung, aber sobald man im Sterben liegt, sind die Dinge mit einem Mal anders. Es ist beschissen, dass es erst soweit kommen muss.
»In ungefähr einer Stunde. Ich bin aber ziemlich müde.« Sie gähnt. So etwas passiert oft. Sie scheint okay zu sein, und dann kann sie sich plötzlich kaum noch wachhalten.
»Ich bringe dich ins Bett.«
»Ich bin okay. Ich will nicht schlafen, wenn du mich besuchst.«
»Ist schon in Ordnung. Ich muss ohnehin zur Arbeit. Ich wollte nur kurz vorbeikommen und sehen, wie es dir geht.«
Ich muss zu meiner
angeblichen
Arbeit. In der Fast Food Industrie zu arbeiten, würde mir niemals so viel Geld oder Flexibilität einbringen. Beides brauche ich, um für sie da zu sein. Das Hospiz mag sich um die Tatsache kümmern, dass sie im Sterben liegt, aber das ist nicht alles, worüber ich mir Sorgen machen muss.
»Wenn du meinst.« Sie gähnt erneut. Ich stehe auf, um sie ins andere Zimmer zu rollen, doch sie stoppt mich. »Ich möchte laufen. Hilfst du mir dabei?«
Fest schließe ich meine Augen, und Schmerz schießt durch meinen Körper. Wie beschissen ist das? Sie ist achtunddreißig. Sie sollte keine Hilfe brauchen, nur um in ihr Schlafzimmer zu gelangen. »Natürlich.«
Sie lehnt sich an mich, während ich ihr aus dem Rollstuhl helfe. Ihre Arme sind ganz locker um mich gelegt, also halte ich sie etwas fester, um sicherzustellen, dass sie nicht hinfällt. Wir brauchen vier Minuten für einen Weg, der eigentlich nur dreißig Sekunden bedarf.
Wir erreichen das Schlafzimmer, in dem ihr Krankenhausbett steht, und ich helfe ihr, sich hinzusetzen. Als ich versuche, ihr den Morgenmantel auszuziehen, hält sie mich auf. »Ich trage ihn gern. Damit fühle ich mich dir näher.«
Ich beiße mir auf die Zunge. Scheiße, das ist hart. »Das sagen mir alle Mädchen.« Ich zwinkere ihr zu, bevor ich sicherstelle, dass sie sich ordentlich hinlegen kann. Nachdem ich die Decke über sie
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