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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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Wiederholung von bedeutungsvollen Wörtern. So kehrt in der Fluchtsequenz auf engstem Raum siebenmal das Wort
mud
, ‹Schlamm›, wieder. Wer das Buch als solch eine kunstvolle Entfaltung symbolischer Themenkomplexe liest, wird ihm das Fehlen realistischer Glaubwürdigkeit kaum vorwerfen.

Nachlassende
Kreativität
September 1861 bis Ende 1865
    Auch nach dem Abschluss seines dreizehnten Romans füllte Dickens die postnatale Leere mit gesteigerter Aktivität. Ab 28. Oktober 1861 war eine weitere Tournee mit insgesamt 46 Lesungen in England und Schottland geplant. Da er inzwischen den Ehrgeiz entwickelt hatte, bei seinen öffentlichen Auftritten Texte nicht bloß vorzutragen, sondern sie in perfekt inszenierten Vorstellungen zu präsentieren, wurde die Vorbereitung dazu immer aufwändiger. Aus Romankapiteln und neuen Zwischentexten formte er durchgehende Handlungsabläufe, die sich dramatisch darstellen ließen. Danach probte er die Lesungen tagtäglich zwei bis drei Stunden lang, bis jede Geste und jeder Tonfall zur größtmöglichen Wirkung gebracht war.
    Mitten in diesen Vorbereitungen erreichte ihn die Nachricht, dass sein Agent Arthur Smith, der die Tourneen bis dahin kompetent organisiert hatte, unheilbar erkrankt war. Smith starb noch vor Beginn der Tour am 1. Oktober. Am Tag nach seiner Beerdigung kam eine zweite Todesnachricht. Dickens’ Schwager Henry Austin, den er sehr schätzte und dessen Rat als Architekt er oft eingeholt hatte, war überraschend gestorben. Beide Verluste schmerzten ihn sehr und den von Smith empfand er nach eigener Aussage so, als hätte man ihm den rechten Arm abgetrennt. Einen eher notdürftigen Ersatz fand er in Thomas Headland, mit dem er das Leseprogramm durchzog, wobei er im November zehn freie Tage einkalkulierte, um die unverzichtbare Weihnachtsnummer seiner Zeitschrift vorzubereiten. Weniger schmerzhaft als die Todesfälle, aber doch eine Verletzung seines rachsüchtigen Stolzes war im November die Nachricht, dass sein Sohn Charley die Tochter des Seniorpartners seines früheren Verlagshauses Bradbury & Evansheiraten wolle. Da er Evans nicht verzeihen konnte, seinerzeit für seine Frau Partei ergriffen zu haben, weigerte er sich, an der Hochzeitsfeier teilzunehmen.
    Weihnachten 1861 verbrachte Dickens wieder mit der Familie, doch gleich danach setzte er die unterbrochene Lesetour fort. Sie war wie erwartet ein Triumphzug durch das Land und damit auch finanziell ein großer Erfolg. Ebenso erfolgreich war die Weihnachtsnummer der Zeitschrift mit der Rahmenerzählung
Tom Tiddler’s Ground
, für die er wegen des Zeitdrucks nur zwei Beiträge hatte schreiben können. Nach der letzten Lesung in der Provinz plante er bereits elf wöchentliche Lesungen von März bis Juni in London, die wie gewohnt in der riesigen St. Martin’s Hall mit ihren über 2000 Plätzen stattfinden sollten, was entsprechenden Gewinn bringen würde. Die Begeisterung seiner Zuhörer schien in ihm den Hunger nach Applaus immer weiter anzustacheln. Als ihn im Juni eine Einladung nach Australien erreichte, wo er für ein Gesamthonorar von 10.000 Pfund lesen sollte, spielte er zunächst mit dem Gedanken, das verlockende Angebot anzunehmen; doch die lange Reise, die Trennung von Nelly und wohl auch seine inzwischen zunehmenden Gesundheitsprobleme bewogen ihn schließlich es abzulehnen.
    In der zweiten Jahreshälfte reiste er mehrmals nach Paris und dachte intensiver über einen neuen Roman nach. Den Titel dafür hatte er Forster bereits im vorangegangenen Jahr genannt, doch nun im Herbst 1862 tat er sich schwer damit anzufangen. Statt dessen machte er sich erst einmal an die fällige Weihnachtsnummer, für die er eine zündende Idee hatte. In
Somebody’s Luggage (Jemandes Gepäck)
sollte der Kellner und Zimmerdiener eines kleinen Hotels erzählen, wie in einem der Zimmer unter einem Bett ein Koffer entdeckt wird, der dort sechs Jahre gelegen hat. Der Kellner öffnet ihn und findet darin ein Bündel mit Manuskripten, die er einer Zeitschrift verkauft. Als die Druckfahnen bereits fertig sind, kehrt der Autor der Geschichten zurück und ist über die Publikation so erfreut, dass er dem Kellner zum Dank 20 Pfund in die Hand drückt. In der Rolle dieses zungenfertigen Dieners spielte Dickens wieder einmal seine unnachahmliche Sprachkomik aus. Niemand konnte Menschen aus dem Volke vom Schlage eines Sam Weller so authentisch und zugleich so witzig reden lassen wie er. Gleichzeitig bot sich hier die Möglichkeit, auf

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